Noch ein letztes Mal


Eigentlich ist bei uns jetzt vor Weihnachten die Luft raus und uns ist ehrlich gesagt so gar nicht nach einem Bastel-Wochenende auf Fehmarn. Allerdings ist bei uns die Luft nicht raus, weil bald der nette alte Mann mit dem weißen Bart und dem roten Mantel vor der Tür steht, sondern weil in diesem Dezember einfach zu viel passiert ist. Solche Zeiten gibt es und solche Zeiten radieren dann auch mal wieder jeden eventuell doch aufkeimenden Zweifel an unseren Zukunftsplänen vollkommen aus. Es gibt Dinge, die man nicht aufschieben darf. Aber vielleicht ist es ja sogar umgekehrt. Es gibt nur ganz wenige Dinge, die überhaupt zum Aufschieben taugen. Träume, Momente und Werte gehören definitiv nicht dazu. Die Gründe hierfür sind unterschiedlich, aber der Grund gegen einen Aufschub ist immer derselbe. Dazu fällt mir wieder der Aphorismus von Frau Eschenbach ein: „Wenn die Zeit kommt, in der man könnte, ist die Zeit vorbei, in der man kann.“ Ich glaube, ich hatte das schon mal in einem anderen Blog geschrieben, aber egal, irgendwie trifft dieser Aphorismus ja aus jeder Perspektive.
Auch wenn bei uns zur Zeit die Luft raus ist, es geht uns gut. Man bekommt nur manchmal nochmals extra deutlich gezeigt, dass es zum Hier und Heute keine Alternative gibt, auch wenn einem die Bequemlichkeit oft etwas anderes einflüstert.

So fahren wir am Freitag recht spät und etwas lustlos in Richtung Fehmarn. Das Hotel ist ja ohnehin für 2 Tage gebucht, also fahren wir. Aber an diesem Wellness-Bastel-Wochenende wird ganz bestimmt nicht das Basteln, sondern die Wellness und die Auszeit für uns überwiegen. Doch ein kleiner Bastelanteil muss auch sein, denn mit viel gutem Willen kommen wir noch auf 4 Wellness-Bastel-Wochenenden bis zu unserem Krantermin Ende März. Und eine Bastellzeitverlängerung im Wasser wird es 2018 nicht geben, denn dann geht’s los.

Bei AWN in Lübeck bekommen wir nichts von dem, was wir dort eigentlich kaufen wollten. Hmmm… Im Online-Shop hätte ich alles in den Warenkorb klicken können, aber ich Pappnase wollte ja die Versandgebühr sparen. Das nächste Mal bestelle ich einfach wieder alles, sch… auf Versandgebühr. Aber vielleicht ist unser Bedarf inzwischen auch schon so speziell, dass ein erfolgreicher Kauf in einem Ladenshop eher einem Lottogewinn gleicht. Dazu kommen noch die Preisunterschiede, die ja im Internet auch nur einen Klick auseinander liegen. – 12V LED-Einbauleuchte in V4A: Elektrofachhandel für Privatkauf 28,43 €; großer Segelzubehörversender, Strahler aber in V2A,139,90 €, heruntergesetzt von 179,90 €. Wohlgemerkt ein (!) Strahler, nicht der 6er-Pack ?. – Außerdem bestellen wir zunehmend „europaweit“, das spart nochmal viele schöne Euros und ist mit PayPal und all den internationalen Paket-Speditionen auch überhaupt kein Problem mehr. Das alles bedeutet zwar etwas mehr Internet-Recherche, spart am Ende aber viel Zeit, denn so fahren wir in Lübeck heute wieder genervt zurück auf die Autobahn, ohne dass wir nun das haben, was wir am Wochenende brauchen.

„Der Kielschaden ist nun fast beseitigt. Und diese neue Logge soll genau dorthin, wo die alte saß.“

„Der Kielschaden ist nun fast beseitigt. Und diese neue Logge soll genau dorthin, wo die alte saß.“

Angekommen auf Fehmarn, fahren wir direkt zur PINCOYA und breiten uns erst einmal wieder mit all unserem Bastelkram rund um und auf der PINCOYA aus. Da kein anderer Eigner auf die blöde Idee kommt, am 3ten Adventwochenende bei 3° C auch eine Bastelsession einzulegen, haben wir die ganze Halle das ganze Wochenende für uns allein.

Den Kielschaden hatten wir ja schon gespachtelt und nun muss nur noch geschliffen werden. Danach kann dann schon die erste der 3 Grundierungsschichten drauf. Die Spachtelei, Schleiferei und dann auch die je 3 Grundierungs- und Antifoulingschichten brauchen so ihre Zeit. Alles muss immer wieder härten und trocknen, bis der nächste Arbeitsgang folgen kann. Das ist vor dem Einbau der neuen Logge genauso. Um den alten Durchbruch herum müssen wir auch spachteln, neu grundieren und Antifouling aufbringen. Aber davor kommt erst noch der Ausbau. Ausbau hört sich einfach an, denn das alte Ding muss ja eben nur raus. Aber das alte Ding will nicht raus. Und das will es ums Verrecken nicht.

„Die Kronenmutter der alten Loggenaufnahme will ums Verrecken nicht losgehen, also bauen wir aus Teilen der Schraubstockplatte einen Adapter.“

„Die Kronenmutter der alten Loggenaufnahme will ums Verrecken nicht losgehen, also bauen wir aus Teilen der Schraubstockplatte einen Adapter.“

Auch nachdem wir uns einen Spezialrumpfkronenmutterverschraubungsdrehadapterschlüssel ? gebastelt haben und tatsachlich die Mutter des Rumpfdurchlasses in der vermaledeiten Ecke unter der Bugkoje lösen können, bewegt sich das Teil keinen auch noch so kleinen Millimeter. Nackte Gewalt könnte helfen, denn schließlich wehrt man sich bei mir nicht ungestraft so heftig gegen einen wohlgemeinten Ausbau. Doch nackte, bloße, zornige Gewalt, wie sie gerade in mir aufkeimt, wollen wir dann doch lieber nicht anwenden, denn schließlich liegt der Durchbruch unterhalb der Wasserlinie und da ist es unter Umständen vielleicht doch besser, wenn man statt der nackten, rohen Gewalt doch lieber etwas nachdenkt und es insgesamt etwas zärtlicher angehen lässt.

„Die Mutter ist ab, aber dadurch tut sich zunächst auch nicht viel mehr ?.“

„Die Mutter ist ab, aber dadurch tut sich zunächst auch nicht viel mehr ?.“

Bei dem Einbau vor 23 Jahren hat man die Aufnahme der Logge sehr solide eingedichtet und als bei Wrede die Osmose beseitigt wurde, musste man am Stutzen außen anlaminieren. Erst nach 4,5 Stunden können wir den Widerstand des alten Loggenstutzens brechen. Von außen schleife ich den Kragen fast ganz herunter und breche dann den letzten Rest Millimeter für Millimeter weg. Astrid macht es derweil dem alten Kleber mit dem Heißluftfön von innen so richtig schön mollig warm, sodass er am Ende wenigstens wieder etwas geschmeidig wird. So können wir das blöde Teil dann Millimeter für Millimeter losruckeln und aus dem Rumpf herausbröseln. Diese elende Würgerei kostet uns fast den ganzen Samstag. Und ich dachte, fängst du mal mit der Logge an, die musst du ja nur rausschrauben und die neue einsetzen und fertig. Aber fertig sind wir am Samstag noch lange nicht, denn nun müssen wir im Bereich der Logge erst einmal wieder alles schön verspachteln und aufbauen. Soviel zum Thema »Machen wir mal eben schnell«.

„Endlich raus, nun muss alle wieder schön verspachtelt werden.“

„Endlich raus, nun muss alle wieder schön verspachtelt werden.“

Zur Belohnung gehen wir auf einen Glühwein und eine Bratwurst auf den Burger Weihnachtsmarkt. Mit unseren eingesauten Engelbert-Strauß-Arbeitsklamotten und den Strickmützen fallen wir zwischen den wenigen Touristen und den skandinavischen Alkoholversorgungswallfahrern als offensichtlich nordisch-einheimische Unikate gar nicht auf. Der Weihnachtsmarkt in Burg ist kuschelig und wirklich schön. Die Stimmung ist bodenständig und Pfand auf die Fehmaraner-Glühweintassen brauchen wir in unserem Aufzug schon mal gar nicht zu zahlen, dazu sehen wir wohl viel zu authentisch aus. Vor der Bühne auf der dienstags und donnerstags die Kirchendamen von St. Marien um 18:00 mittelalterliche Weihnachtslieder singen, während der Küster Unterschriften gegen die Fehmarnbeltquerung sammelt, macht nun eine Altherren-Hardrock-Band den Soundcheck für ihre Weihnachtsliedinterpretationen. Schon der Soundcheck ist ein Happening mit Publikumsintegration, dass Großes erahnen läßt. Die Truppe ist hier wohl nicht unbekannt und scheint hier auch nicht zum ersten Mal aufzutreten. Die offizielle Bühne brauchen die weihnachtlichen Althardrocker nicht, auf ihrem einsatzerprobten PKW-Anhänger ist alles vorbereitet. Ein ansehnliches Soundequipment mit Lightshow ist schnell einsatzbereit, nachdem erstmal die Heck- und Backbordplane des Anhängers hochgeklappt und verspannt ist. Die weihnachtlichen Hardrocker sind ausnahmslos in einem seniorenheimverdächtigen Alter und die unzähligen Auftritte auf ebenso unzähligen Volksfesten haben ihre Körper geformt. Zum Soundcheck stimmt ihr Frontmann schon einmal a capella „Ihr Kinderlein kommet“ an. Unwillkürlich läuft uns ein Schauer über den Rücken. Was für eine Stimme! Wozu braucht der eigentlich ein Micro? Hammer! Er ist eine echte Altherren-Hardrock-Rampensau und weil es zum Stagediving und Crowdsurfing noch etwas früh ist, vielleicht aber auch etwas unpassend, mischt er sich singend unter die Menge, die gerade die Gulasch-Kanone belagert, in der Erbsensuppe munter vor sich hin blubbert. Es sind noch 45 Minuten bis zu ihrem Auftritt. Die Altrocker wärmen sich mit Pilsbier, wir mit Glühwein. Obwohl die Geschichte hier sicherlich absolut legendär zu werden droht, ziehen wir uns dann doch etwas fröstelnd zurück, um zeitig in die Sauna zu kommen. Nach 8 Stunden kalter Halle und einer Stunde Weihnachtsmarkt verlangen unsere Knochen nach etwas Wärme. So lassen wir die weihnachtlichen Althardrocker in der wachsenden Weihnachtsmarktmeute zurück, sehen aber schon, dass heute der ein oder andere Fehmaraner sein norddeutsch-besinnliches Temperament hinter sich lassen wird, um zu vorweihnachtlichen Klängen weit aus sich herauszukommen.

„Die alten Anzeigen müssen raus, die neuen sind aber um einiges größer.“

„Die alten Anzeigen müssen raus, die neuen sind aber um einiges größer.“

Sonntag machen wir uns an den Einbau der neuen Instrumente. Das geht einfacher, hat aber auch so seine Tücken und Folgen. Die neuen B&G-Anzeigen sind größer und tiefer, so werde ich auch eine neue Innenverkleidung basteln müssen. Es ist zum Mäusemelken, nichts geht oder passt einfach mal so und dadurch kommt man immer wieder vom Hundertsten ins Tausendste.

„Irgendwie fummelt es Astrid so hin, dass es optisch gerade wirkt.“

„Irgendwie fummelt es Astrid so hin, dass es optisch gerade wirkt.“

„Und zwischen den Anstrichen und Verspachtelungen ist Zeit, um die Schraube zu polieren.“

„Und zwischen den Anstrichen und Verspachtelungen ist Zeit, um die Schraube zu polieren.“

Und dann geht’s zurück….

„Die verwackelte Rückfahrt. Nicht wegen des Glühweins, Astrid fährt nur immer so wie die wilde Hilde ??.“

„Die verwackelte Rückfahrt. Nicht wegen des Glühweins, Astrid fährt nur immer so wie die wilde Hilde ??.“

PINCOYA @ Winterschlaf
54° 22′ 20,4″ N, 11° 00′ 15,7″ E