Und nun weiter nach Nordosten …

Heute heißt es vom Rhein Abschied nehmen. So richtig traurig sind wir nicht. Bei Duisburg biegen wir in den Rhein-Herne-Kanal ab. Und dort wartet sie auch schon auf uns, unsere allererste Schleuse in unserem Seglerleben. Es ist die erste von fünf Schleusen, die uns heute in kurzer Folge Stück für Stück nach oben befördern wird.

Die Spannung ist groß: Wie wird es laufen? Werden die Leinen lang genug sein, sind die Poller erreichbar, sind es Schwimmpoller oder müssen wir umhängen? Wird es eng in den Schleusen? Lauter Fragen, auf die wir im Laufe des Tages genügend Antworten bekommen werden. In jeder Schleuse läuft es irgendwie anders, aber das Prozedere ist ähnlich. Über Funk anmelden, warten bis die Aufforderung zur Einfahrt kommt, dann einfahren und möglichst schnell die Poller erwischen. Als Sportboot fährt man immer als Letzter nach der Berufsschiffahrt ein und die Schleusenwärter fackeln nicht lange, bevor es dann los geht.

In der Schleuse Duisburg (1) gibt es keine Schwimmpoller. Wir sind froh, dass jeder von uns einen Poller erwischt, den man beim Hochschleusen leicht wechseln kann. Hinter einem Binnenschiffer kommen wir gut klar. Prima! Nr. 1 hat schon einmal geklappt. In die Schleuse Oberhausen fahren wir mit demselben Binnerschiffer ein. Alles läuft problemlos, auch Oberhausen (2) wird “abgehakt”. Wir kriegen Oberwasser und fahren hinter einem holländischen Frachter siegessicher in die Schleuse Nr. 3 – Gelsenkirchen – ein. Viel zu dicht und viel zu früh! Trottelig und sorglos fahren wir einfach direkt hinter dem Holländer her. Und dann passiert’s: Der Holländer ist noch nicht ganz fest und dreht noch einmal kräftig seine Schraube. Das Schraubenwasser wirbelt direkt vor unserem Bug auf. Aber wir haben keine Fahrt mehr im Schiff und wir sind machtlos und werden gedreht. Auch die Flucht nach hinten geht schief. Wir haben keine Chance in diesem Schraubenwasser die PINCOYA irgendwie gerade zu halten. Das Heck schleudert gegen die Schleusenwand. In unseren Ohren kracht es gewaltiger, als es eigentlich ist. Es reicht aber für eine ordentliche Gelcoat-Macke und unsere Nerven liegen in Sekunden blank. Nichts wie raus hier! Flucht nach hinten, raus raus raus, nur raus aus der Schleuse. Dem Schleusenwärter teilen wir danach per Funk mit, dass wir diesen Schleusengang nicht mitmachen werden. Puh! Das war ja wohl gar nix! Ich übergebe erst einmal das Steuer und lasse Martin fahren. Der zweite Versuch klappt dann, wir bekommen ganz für uns allein eine Schleusenkammer zugewiesen, der Schleusenwärter hat wohl Mitleid mit uns und erspart uns so weitere Abenteuer.

Die nächsten beiden Schleusen, Wanne-Eickel (4) und Herne-Ost (5), meistern wir wieder ohne größere Probleme. Wir halten Abstand und fahren erst ein, wenn der Vorausfahrende in der Schleuse fest ist. In Wanne-Eickel müssen wir tatsächlich Taue knüpfen, weil die Schwimmpoller zu weit auseinander liegen. Aber ansonsten klappt alles. Die letzte Schleuse für den Tag hat auch den größten Hub: 12,8 m werden wir nach oben befördert. Sehr imposant, in der Schleuse ganz allein und ganz unten zu sitzen, in den Himmel zu schauen und zu wissen, dass das Wasser auf einer Seite viele viele Meter über uns an der Wand wartet und drückt. Im Laufe des Schleusengangs wird es dann langsam heller und der anfangs schmale Streifen Himmel weitet sich, bis wir oben sind und sich der Rundblick wieder öffnet.

Wir stoppen an diesem Tag bei Castrop-Rauxel (4), nachdem wir das erste Mal getankt haben. Die Tankaktion ist ein ziemliches Theater und langwierig, denn unsere Tankentlüftung funktioniert nicht. Der Tankwart trägt es mit Fassung, aber wir sind nicht so glücklich. Das werden wir beizeiten richten müssen, unsere Arbeitsliste wächst.