Niedersachsenrundfahrt


Wenn man einen Sparfuchs als Schiffsjungen hat, dann kommt man als Capitana manchmal ganz unversehens in Ecken seines heimatlichen Bundeslandes, von denen man – wenn überhaupt- höchstens mal gerüchteweise gehört hat. Man durchquert das Hiddingwardermoor und findet mitten im Neuenhuntorfermoor das Köterende. Kein Mensch weit und breit, doch der einzige Hund dort, wahrscheinlich ein entfernter Neffe des Hundes von Baskerville mit unzähliger Verwandtschaft im Dartmoor, sieht doch noch recht lebendig aus. Schnell irren wir weiter entlang der unzähligen Entwässerungsgräben, und mit den ersten Nebelschwaden keimen auch irgendwie die ersten Gedankenknospen an den Schimmelreiter auf, der nur knapp den nach ihm grabschenden Weißen Frauen entkommen konnte. Oder war das eine andere Geschichte? Egal, die unendlichen Weiten der Moorlandschaft des Oldenburger Landes, in der grasende Wildgänse die höchste Erhebung sind, beflügeln fast zwangsläufig unsere Gedanken.

Dabei begann unsere freitägliche Odyssee, die sich ja fast zu einer ausgewachsenen Niedersachsenrundfahrt entwickelte, mit dem schnöden Einsparpotential von 32 €, das der Sparfuchsschiffsjunge allerdings noch durch einen weiteren Einspartrick auf fast 39 € steigern konnte. Zumindest fast, denn leider ließ sich das ganze Einsparpotential in seiner vollständigen Schönheit am Ende doch nicht ganz realisieren. Es führte aber zu eben dieser legendären Niedersachsenrundfahrt, die uns durch die ewigen Weiten des Oldenburger Landes führte, die zuvor noch nie von der Capitana, und – das muss ich zugeben – auch nicht von dem Schiffsjungen geschaut wurden. Und unser Henry fuhr Stunde um Stunde auf Straßen, die eines Landrovers mehr als würdig sind und die aus einem Mini Geräusche hervorquälen, die man gar nicht hören möchte. Aber Henry hielt sich tapfer, denn schließlich ist unser Mini ja auch ein klein wenig artverwandt mit seinem großen, britschen Rover-Bruder, wenn auch nicht ganz so geländegängig. Wo sich ein zweites Mal der Kreis zum Hund von Baskerville fast schließen möchte.

Aber egal, den Startschuss zu unserer Niedersachsen-Rallye gab der Fäkalienschlauch von SVB mit seinen 20 €, die wir für einen klitzekleinen Meter müffelfreier Entlüftung hinlegen sollten. Da wir aber gut 2 Meter Geruchsneutralität brauchen, war die Motivation, eine Alternative zu finden, noch etwas größer. Und wie so oft lag die Alternative für nur 4 € den müffelfreien Meter im Internet schon gleich zwei Klicks nebenan. 8 statt 40 macht 32 € Sparspaß, plus 7 € gesparte Versandkosten bei Selbstabholung machten 39. Cooler geht Sparen kaum noch. Und mit dem Spartrick 2, also der Selbstabholung, kam dann auch das Oldenburger Land ganz unversehens ins Spiel, denn Hude liegt ja schließlich fast direkt auf dem Weg von Hannover nach Bremerhaven.

17:00 war Zielzeit in Hude. Am Freitagmorgen sah das Ganze auch noch wirklich gut aus. Aber gegen Mittag wurden aus den 1:40 über die A7, A27, A1 und A28 langsam 2:40, die auch noch zu allem Übel eine deutliche Tendenz zur 3:00 entwickelten. Mist, auf den Autobahnen hatten wir vor 14 Tagen schon festgestellt, dass dort wohl irgendwie ein neues Reparaturprogramm losgetreten worden war. Unzählige Baustellen hatten das Licht der Welt erblickt und dies nun gepaart mit einem sonnigen Wochenende, ließ unsere Fahrzeit explodieren. Doch ein Schiffsjunge ist kein guter Schiffsjunge, wenn er nicht auch gleich eine geniale Alternative zur Hand hat. Die B6!

Die B6 führt nicht nur geradewegs von Hannover in Richtung Hude, der Schiffjunge war auch schon lange nicht mehr auf der B6 gefahren, was diese Alternative im Handumdrehen noch etwas mehr schillern ließ, als sie ohnehin schon schillerte. Spiel, Spaß und Spannung und das alles mit einer großen Priese Hoffnung und einem Einsparpotential, das sich in seiner ganz Schönheit schon lange von allem Irdischen gelöst hatte.
Und mit der B6 brach unsere Ankunftszeit in Hude förmlich erdrutschartig in sich zusammen und schrumpfte spontan von 17:33 auf 16:56. 4 unendlich lange Minuten, um 2 müffelfreie Meter Fäkalienschlauch siegreich wie eine Trophäe aus den Hallen des Schlauchprofis zu unserem Henry zu tragen. Und zudem die Aussicht auf 2 13er Schlauchtüllen mit halbzölligen AG, aber das ist eine andere Geschichte, die den Gesamterfolg aber durchaus hätte noch etwas mehr glänzen lassen, als er ohnehin schon glänzte.

Und es sah gut aus! Es sah sogar sehr lange sehr gut aus. Die Nienburger Spargelfelder flogen beidseitig der B6 nur so an uns vorbei, doch kurz vor Bremen, gerade dort, wo wir die A1 kreuzen mussten und eigentlich hämisch den bösen Finger den Staustehern auf der A1 aus dem Fenster entgegenrecken wollten, begann es zu stocken.
Zielzeit 17:05. Solch eine kleine Depression läßt sich noch wieder gut machen. Dann aber 17:10. Runter von der Autobahn. Hude fast schon in Sichtweite. Vor uns Blaulicht. Unfall! Mist! Die ohnehin tüddelige Fahrerin vor uns erreicht spielend die vollständige Verwirrung und bleibt sicherheitshalber wie paralysiert von dem freundlich blinkenden Blaulicht erst einmal mitten auf der Strasse stehen. Darum können wir uns nun wirklich nicht mehr kümmern. Als die freundlichen Dorfpolizisten kurz zur Seite gucken … das Manöver des letzten Augenblicks! Wir schlängeln uns durch Scherben, Stoßstangenreste und etwas Gegenfahrbahn vorbei …. geschafft, wir sind durch und die Tiefenverwirrte ist nun hinter uns. 17:02, noch 10 Minuten to go. Mist. Abbiegung versemmelt! Nochmal Mist. Das kann doch nicht die Straße zu einem Gewerbegebiet sein! Ist es aber. Vielleicht keine Straße, aber wenigstens eine Gasse. Also rein. 17:13. Wo ist der Schlauchprofi? Zack, vorbei. Waren da nicht eben Schläuche auf dem Hof? Schläuche ist gut…Rohre. Riesige Rollen, riesige Rohre, riesiges Gelände. Egal, wer Rohre hat, hat auch Schläuche. Der Tischler auf der anderen Seite kann es nicht sein. Also rauf und rein. Die Tür ist noch offen, dort steht »Abholung« drüber. Ein Zeichen! Keiner da, wir klingeln. Nix. Wir klingeln nochmal. Auf dem Tresen liegen Schläuche und durch ein Fenster kann man in eine Halle gucken. Hunderte von Rollen und Regale mit Schläuchen und anderem Leitungszubehör. Hier sind wir richtig, richtiger können wir gar nicht sein. Zwei Meter von all diesen Schläuchen gehören uns, aber welche? 17:15, die Putzfrau kommt und sagt uns, dass gerade alle weg sind, aber… Hofffung keimt auf … vielleicht ist da drüben noch einer. Sie kommt mit einem Kollegen zurück und es findet sich auch noch ein Dritter. Aber alle drei können um 17:17 nichts mehr für uns tun. Sie versuchen noch den Chef zu erreichen, um noch ein Chefwunder zu vollbringen, aber erfolglos, der Chef nimmt nicht ab.

So brechen wir mit hängenden Ohren wieder auf und biegen aus der Gewerbegasse nach links ab und kommen genau dort an, wo dieser Blog begann.


in Bremerhaven im Jaich
53° 32′ 52,6″ N, 08° 34′ 11,6″ E