… bis Santander


Bilbao -> Santander Distanz: 47,9 sm Gesamtdistanz: 1.828,1 sm

„von Bilbao -> nach Santander“

„von Bilbao -> nach Santander“


Bilbao -> Santoña

Dass die Sonne in Bilbao zurzeit erst zwanzig vor neun aufgeht, ist für uns immer noch etwas gewöhnungsbedürftig. Wir sind da wohl noch etwas »Hannover-konditioniert«, obwohl wir inzwischen in derselben Zeitzone gut 12 Längengrade weiter nach Westen gerückt sind. Außerdem scheint die Fahrtensegelei in unseren Köpfen grundsätzlich immer noch sehr mit den langen nordischen Sommernächten verknüpft zu sein, die wir bisher ja fast nur zum Segeln hatten.
Wenn wir früher die PINCOYA Anfang November nach Fehmarn ins Winterlager gebracht haben, waren die Tage dort zwar genauso lang wie nun hier, aber die Winterdunkelheit fiel für die letzen kurzen Segeltörns und für die Überführung ins Winterlager überhaupt nicht ins Gewicht.
Doch hier ist für uns gefühlt immer noch Hochsaison, obwohl das wohl kaum ein Local genauso sieht. Objektiv betrachtet herrscht für uns hier allerdings immer noch bestes Ostseesegelsaisonwetter, und wenn die Sonne tagsüber rauskommt, ist es im Handumdrehen richtig schön warm. Und genau das will in unseren Köpfen einfach nicht so recht zu den kurzen Tagen passen.

„Mit den ersten Sonnenstrahlen laufen wir aus Bilbao aus.“

„Mit den ersten Sonnenstrahlen laufen wir aus Bilbao aus.“

Obwohl die 20 sm nach Santoña ganz prima zu diesen kurzen Segeltagen passen, klingelt unser Wecker schon um 7:00. Erstens ist eine Woche Bilbao nun auch genug, gestern ist dann sogar auch noch der letzte Regen abgezogen, und zweitens wollen wir dem ablaufenden Hochwasser wenigstens die Chance geben, uns noch etwas mitzunehmen.

Die Hafenaus- und -einfahrt von und nach Bilbao ist lang. Gut 4 sm sind es von den äußeren Molenköpfen bis zum Yachthafen. Und tatsächlich geht unsere Rechnung auf, das ablaufende Wasser nimmt uns mit und unterstützt den leichten Südost dabei, uns aus dem Hafen zu bringen.

„Mal 25, mal 3 Knoten… schwierig. An der Hafenmole von Bilbao ist das Baskenland zu Ende.“

„Mal 25, mal 3 Knoten… schwierig. An der Hafenmole von Bilbao ist das Baskenland zu Ende.“

Aber kaum sind wir draußen, geht dieses Fallwindspielchen schon wieder los. Wir haben die Reede noch nicht hinter uns gelassen, da sehen wir schon wieder dieses schwarze Wasser mit den weißen Krisselwellen darauf. Diesmal kommt der Mist allerdings schräg achterlich rein und haut uns nicht gleich vollkommen auf die Seite. Schnell ziehen wir die Schleppangel wieder rein. Bei 6 Knoten Fahrt geht das nur noch mit Handschuhen und man hat immer das Gefühl, dass die ganze Geschichte jeden Moment abreißen will.

Es sind noch 14 sm bis Santoña und wir fahren mit eingereffter Genua um die 7 Knoten. Wir freuen uns auf eine kurze Rauschefahrt und einen langen Tag im Cockpit in der Sonne. Aber nach 20 Minuten ist der Wind schlagartig wieder weg ist. Erst Böen bis 25 Knoten, nun 4 Knoten! Wie soll da was gehen? Dieses Spiel treiben die Fallwinde noch zweimal mit uns. Volle Pulle und dann nichts mehr!

„Ruhige See vor der tollen Küste von Kantabrien“

„Ruhige See vor der tollen Küste von Kantabrien“

Neun Seemeilen vor Santoña bleibt es dann bei dem »Nichts mehr«. Eine Stunde lang dümpeln wir geduldig abwartend noch vor uns hin, doch langsam gewinnt der ostsetzende Strom die Oberhand. Und dann geht auch dort überhaupt nichts mehr, wo eben schon nichts mehr ging.

„Einfahrt in die Lagune von Santoña.“

„Einfahrt in die Lagune von Santoña.“

So brummen wir den Rest der Strecke bis in die Bucht von Santoña unter Motor. Die Bucht von Santona gleicht eher einer Lagune als einer normalen Bucht. Eine Sandbank schließt sie fast vollkommen ab, so dass man dahinter absolut ruhig vor Anker liegen kann. Bei wunderbaren Sonnenschein genießen wir den spanischen Herbst und machen sogar noch ein kleines Schwimmerchen. Immerhin hat die Biskaya immer noch gut 19°, da ist ein Schwimmerchen für ostseegestählte Körper kein Problem.

„Unser neuer Gast an Bord. Eigentlich ist er schon seit Bremerhaven bei uns, aber nun verleiht ihm die Fendermütze viel Charakter ?“

„Unser neuer Gast an Bord. Eigentlich ist er schon seit Bremerhaven bei uns, aber nun verleiht ihm die Fendermütze viel Charakter ?“

„Vor Santoña.“

„Vor Santoña.“

„Mondnächte...“

„Mondnächte…“


Santoña

Der nächste Morgen ist maikühl und windstill. Wir haben noch 4 Wochen für die letzten 220 sm, das sollte selbst bei viel Wetterpech reichen (hoffen wir ?). Und keiner drängelt uns, also beschließen wir einfach, hier zu bleiben. Die Bucht von Santoña ist ein Traum. Der Kanadier, der gestern mit seinem Katamaran hinter uns war, ist weiter nach Santander gefahren. Der wird nie erfahren, was er hier versäumt hat.

„Die Hälfte der Bucht vor Santoña fällt trocken, ...“

„Die Hälfte der Bucht vor Santoña fällt trocken, …“

Morgens ist um uns herum ist alles trockengefallen. Gestern war es zum Niedrigwasser schon dunkel und wir haben nur den Wasserstand unter unserem Kiel gecheckt. Heute sehen wir, dass bei Niedrigwasser doch eine ganze Menge Land um uns herum herausguckt. Schnell machen wir das Gummiboot klar und fahren zu den Sandbänken. Dort laufen etliche Leute mit Eimern und Grabegabeln herum. Ich hoffe, dass wir vielleicht auch Muscheln sammeln gehen können, um uns ein leckeres Abendessen zu machen. Ich muss unbedingt mal in einen der Eimer der Sammler gucken, was die hier so ausgraben. Sand- oder Herzmuscheln können es eigentlich nicht sein, dazu graben sie zu sporadisch und suchen zu lange. Zuerst laufen wir etwas auf den Sandbänken herum, aber auf dem Rückweg zu unserem Gummiboot legen wir uns mit Hilfe von Google-Translator einige kleine spanische Sätze zurecht, eingeleitet von ¡Perdona, hablo solo un poco espanol! Und dann etwas unbeholfen…”Was sammeln Sie da, darf ich mal in den Eimer gucken?” Der alte Spanier ist total nett und versteht uns sofort. Aber, es ist ihm doch etwas peinlich. Er erklärt uns, dass er spezielle Muscheln zum Fischen sammelt. Die Fische mögen die besonders gerne. Und dann zeigt er uns eine und wir verstehen, warum es ihm etwas peinlich ist. Er sieht Astrid an und macht ein internationales »Hmmm…« und zuckt etwas hilflos mit den Schultern, was sagen soll, dass er wirklich nichts dafür kann. Und nun ja, aus den aufgebrochenen Muscheln guckt etwas Längliches heraus, was man sonst eigentlich nur bei erregten Herren oder bei Beate Use aus Plastik sieht. Keine Ahnung, wie diese Muscheln nun heißen, aber Schniedi-Muschel wäre wohl ein recht treffender Name. Und eines ist sicher, auch wenn die Fische diese Dinger lieben, heute gibt es bei uns wohl doch eher was aus unserer Vorratskammer.

„… beidseitig. Wir fahren auch auf die gegenüberliegende Seite.“

„… beidseitig. Wir fahren auch auf die gegenüberliegende Seite.“


„Oben links unsere Ankerboje, das auflaufende Wasser lässt sie fast untergehen. Und Santoñas Promenade“

„Oben links unsere Ankerboje, das auflaufende Wasser lässt sie fast untergehen. Und Santoñas Promenade“

Nachmittags fahren wir rüber nach Santoña, um noch etwas City-Sightseeing zu machen. Santoña entpuppt sich als fast rührender Konterpart zu Laredo, dem Ferienort mit belgischer Bettenburgkulisse auf der gegenüberliegenden Seite der Bucht. Wir schlendern die Promenade einmal rauf und runter. Es ist viel los, keine Touristen, aber Einheimische, die die sommerlichen Temperaturen ebenso genießen wie wir.

„Hafenausblicke...“

„Hafenausblicke…“

„Ansichten von Santoña“

„Ansichten von Santoña“

„Alle genießen das Sommerwetter, wir auch!“

„Alle genießen das Sommerwetter, wir auch!“

Aber es ist nicht dieses Santoña, das uns in Erinnerung bleiben wird, es ist dieser alte Spanier, wahrscheinlich ein in die hohe Jahre gekommener Torero, der uns »seine« Stierkampfarena zeigt. Auf dem Hinweg haben wir schon messerscharf geschlossen, dass die Arena von Santoña wohl unsere erste Stierkampfarena ist, die wir nun hier in Spanien sehen. Auf dem Rückweg ist das rote Tor geöffnet, über dem 1907 steht. Nun sind offene Tore ja dazu gedacht, reinzugehen, obwohl wir hoffen, dass dies an einem Samstagnachmittag nicht der Auftakt zu einem Stierkampf ist. Man kann ja nie wissen, denn so ganz vertraut sind wir mit den spanischen Samstagnachmittagsgepflogenheiten noch nicht. In Deutschland ist Samstag Fussballtag, vielleicht steht hier am Samstag regelmäßig ein Stierkampf auf dem Programm. Vorsichtig gucken wir um die Ecke in die Arena. Aber die ist menschen- und stierleer.

„Die Arena!“

„Die Arena!“

Schnell machen wir einige Photos, alles sieht frisch gestrichen aus. Oben um die Arena ziehen sich wie eine Banderole die spanischen Farben. Der Sand der Arena ist frisch geharkt. Alles sieht total propper aus, so als ob alles nur auf den ersten, den nächsten Kampf wartet. Als wir wieder rausgehen wollen, fängt uns der alte Torero ab und zieht mich wieder in seine Arena. Natürlich spricht er kein Wort Englisch und natürlich fällt auch uns kein einziger vernünftiger spanischer Satz mehr ein. Er zeigt auf meine Kamera, ich solle ganz nach oben gehen. Und Astrid auch. Zum Platz von »el Presidencia« und von dort Photos machen. Ganz herum. Er dreht sich, um mir zu zeigen, was er meint. Klick klick. Es ist »seine Arena« und er ist stolz darauf. Das merkt man und wir sollen sie sehen und Photos machen, aber von oben und nicht von hier, nicht von hier unten.
Als wir wieder runterkommen, guckt er in den Vereinsräumen am Eingang eine spanische Fernsehshow. Der Fernseher brüllt, er ist schwerhörig. Wir sehen die Bilder an den Wänden aus vergangenen Stierkampfzeiten. Vielleicht ist es heute noch ebenso. Wir haben ein sehr gespaltenes Verhältnis zu Stierkämpfen, aber hier und besonders für unseren freundlichen alten Torero ist das ein Stück Tradition und ein Stück Leben. Gerührt gehen wir zurück zu unserem Gummiboot. Wir haben an einem Tag zwei so herzliche Menschen getroffen, was will man mehr von einem einfachen Reisetag in Spanien?

„Ausblicke von der Arena auf die Bucht.“

„Ausblicke von der Arena auf die Bucht.“

„Abendstimmung vor Santoña.“

„Abendstimmung vor Santoña.“


Santoña -> Santander

„Aufbruchstimmung vor Santoña. Unten rechts: Suchbild mit Leuchtturm.“

„Aufbruchstimmung vor Santoña. Unten rechts: Suchbild mit Leuchtturm.“

In der Hoffnung, dass der Wind doch etwas kräftiger ist als vorhergesagt, brechen wir auf. Doch es ist einfach so, wie es ist. Mal reicht es für 30 Minuten zum Segeln, dann wieder nicht. Wir hoffen und dümpeln uns so voran, aber am Ende können wir noch nicht einmal ein Fünftel der Seemeilen unter Segeln loggen. Schade.

„Kantabrien, über Santander die Schneeberge.“

„Kantabrien, über Santander die Schneeberge.“

Dafür fangen wir eine richtig dicke Makrele und unsere erste Dorade!!! Nach dem Hornhecht von vorgestern haben nun schon 19 selbstgefangene Fische unseren Speiseplan ergänzt. Und die Dorade weckt in Astrid noch einmal richtig das Jagdfieber, aber dann passiert’s! Plötzlich schwimmt die Leine des großen Paravans oben und der Paravan samt Haken ist weg. Als wir die Leine einholen, sehen wir, dass der Karabiner einfach aufgebrochen ist. Der war fast nagelneu und hatte noch gar keinen Rost angesetzt und nun ist er einfach weggebrochen. Wir stellen uns einen mindestens ein Meter langen Fisch vor (!!!), der einfach zu dick und zu schwer für unser niedliches Angelgeschirr war. Es könnte auch Treibgut gewesen sein, denn hier schwimmt an den Strömungskanten eine ganze Menge Mist herum. Ganze Baumstämme, dicke Äste und sogar Europaletten. Aber die Vorstellung mit dem Riesenfisch ist wesentlich attraktiver und zurrt nun auch unser Ziel Santander noch einmal etwas fester, als es ohnehin durch den Schwachwind schon festgezurrt gewesen war. Dort gibt es nämlich 3 (!) Angelsuperstores, das sollte reichen, um Ersatz zu besorgen.

„Einfahrt nach Santander“

„Einfahrt nach Santander“

„Der heutige Fang, die Dorade muss erst einmal entschuppt werden.“

„Der heutige Fang, die Dorade muss erst einmal entschuppt werden.“


Santander

In Santander ankern wir gleich vorn, fast vor der Stadt. Es ist Sonntag, die Sonne scheint und dementsprechend viel ist vor und in der Bucht von Santander los. Es ist angenehm sommerlich warm. Sicherlich ist es hier im Sommer richtig heiß, aber uns genügt dieses »herbstliche« Kurze-Hosen-und-T-Shirt-Wetter völlig.

„Santander-Ansichten von unserem Ankerplatz I“

„Santander-Ansichten von unserem Ankerplatz I“

„Santander-Ansichten von unserem Ankerplatz II“

„Santander-Ansichten von unserem Ankerplatz II“

Am Montagvormittag verlegen wir uns in den Yachthafen von Santander. Die kurzen Tage reichen nicht mehr aus, um unsere Batterien über die Solarzellen wirklich zu füllen. Wenn man die frühen und späten Tagesstunden abzieht, bleiben vielleicht noch 5 – 6 Tagesstunden, in denen die Sonne unsere Batterien über die Solarzellen effektiv laden könnte. Das ist nicht eben viel. Außerdem brauchen wir Wasser und MÜSSEN in einen dieser Angelläden.
Die Gesamtsituation unseres Weiterkommens ist schwierig! Die nächsten Tage sind eher schwachwindig und leider auch nicht immer aus der passenden Richtung. Danach kommt von jetzt auf gleich jede Menge Hackekacke aus Westen und das auf unabsehbare Zeit. Mal sehen, was wir aus dieser Nummer machen können. So zahlen wir in der Marina erst einmal nur für eine Nacht, denn so etwas wie einen Plan haben wir noch nicht.

„Santander… auf unserer Fahrt zum Yachthafen.“

„Santander… auf unserer Fahrt zum Yachthafen.“

„Industrie- und Stadtansichten von Santander.“

„Industrie- und Stadtansichten von Santander.“

Doch gleich mittags kommt erst einmal das Wichtigste, wir entern zwei der drei Angelläden von Santander. Das Angebot erschlägt uns bei unserer Unwissenheit. Da gibt es RICHTIGE Haken für RICHTIGE Fische. Keine Ahnung, wie man so einen Fisch an Bord bekommen soll, zudem, wenn der gar nicht an Bord kommen will und sich wehrt. Da ist wahrscheinlich ein echtes Man-over-Bord-Manöver viel einfacher, denn meistens will der Überbordgegangene dann ja doch ganz gerne wieder zurück an Bord kommen.
Außerdem gibt es fast keine Paravane. Ganz anders als in Frankreich, wo man sich zwischen 25 verschiedenen Modellen entscheiden musste. Die Spanier scheinen da andere Methoden zu haben. Am Ende bekommen wir aber doch zwei neue Schleppangeldinger. Das sind zwar ganz andere Modelle als in Frankreich, aber mal sehen. Und weil wir uns nicht entscheiden können, nehmen wir einfach beide. Dazu ergänzen wir unser Hakenequipment noch um durchaus schmackhafte Gummifischhaken, Glitzerdinger und einen Wobbler. Da uns die Expertise fehlt, können wir die Auskünfte und Empfehlungen des hilfsbereiten, aber urtypisch spanischen Angelshopbesitzers nicht so recht in unsere mangelnde Angelpraxis einbetten. Hier schlägt nun nicht nur unsere Sprachbarriere erbarmungslos zu, sondern auch unsere Angelunwissenheit. So bleibt uns am Ende nur das Auswahlkriterium »Sieht für so einen Fisch bestimmt echt lecker aus!«.

„Der Yachthafen von Santander und immer noch Sommer!“

„Der Yachthafen von Santander und immer noch Sommer!“

In jedem Fall wird nun unser nächster Segelschlag spannend, egal wie wir uns entscheiden weiterzukommen.


Stationen:

25.10. Bilbao (A) -> Santoña (A) 22,6 sm: 43° 26′ 07,4″ N, 003° 27′ 45,1″ W

27.10. Santoña (A) -> Santander (A) 21,7 sm: 43° 27′ 49,6″ N, 003° 46′ 38,2″ W

28.10. Santander (A) -> Santander 3,6 sm: 43° 25′ 42,7″ N, 003° 48′ 24,4″ W