Etwas Zeit auf der Île de Yeu


Nach unserem recht harten, aber auch schönen Ritt zur Île de Yeu verordnet uns das Wetter nun erst einmal wieder eine kleine Pause. Unser nächstes Ziel soll die Weltkulturhauptstadt des Segelns, Les Sables d’Olonne, sein! Nicht nur Insidern strahlen bei den Stichworten Vendée Globe oder Golden Globe die Augen. Aber für unseren glorreichen Einzug nach Les Sables d’Olonne hätten wir dann schon gerne das passende Wetter und nicht irgend so einen Murkswind aus Süd. Und genau dort liegt der Hase im Pfeffer bzw. die Seekuh auf Eis, denn dieses passende Wetter ist gerade aus. Also brauchen wir wieder etwas Geduld und Zeit zum Warten.
Doch ganz abgesehen von unseren Wetterwünschen müssen wir sowieso auch erst einmal unsere Genua wieder an den Start bringen. Und dann ist da auch noch dieser Punkt, der schon auf der Île de Groix und der Belle-Île etwas unglücklich ausgefallen ist. Das Insel-Sightseeing! Dieses Mal muss es klappen und kein Schwell und kein Dinghy-Salto wird uns davon abhalten. Selbst bei Regen würden wir unerschrocken zum Insel-Sightseeing aufbrechen, so wild entschlossen sind wir nun nach den beiden ersten Schlappen.

„Port Joinville, der Hafen der Île de Yeu“

„Port Joinville, der Hafen der Île de Yeu“

Und die Île de Yeu ist freundlich! Gleich am Samstag empfängt sie uns mit einigen kleinen Portionen Sonnenwetter. Aber es sind nicht nur diese kleinen Portionen Sonne, je weiter wir nun in den Süden kommen, desto mehr spüren wir tatsächlich auch eine gewisse »Grundwärme«. Selbst wenn es morgens schon etwas herbstkühl ist, sobald die Sonne die Gelegenheit bekommt, sich zu zeigen, wird es schnell angenehm warm. Und genau das ist schon grundlegend anders als im Norden, denn dann herrscht T-Shirt-Wetter und alles lädt zu einer kleinen Verschnaufpause in der Sonne ein. Sehr angenehm!!!

„Fahnenparade...“

„Fahnenparade…“

Diese kleinen Veränderungen lassen uns in der Tat inzwischen immer häufiger über eine »Ausweitung unserer südlichen Zeit« nachdenken. Zu frisch frösteln unsere Erinnerungen der letzten Monate noch nach, um nicht schon ausgesprochen glücklich über so ein herbstliches T-Shirt-Wetter zu sein. Aber bislang sind das nur einige wage Ideen, aber noch keine konkreten Pläne. Doch eins ist gewiss, dieser Sommer hat für uns das Segelrevier nördlich des Ärmelkanals nicht attraktiver gemacht.

„Eigentlich wollte er segeln, nun muss er abschleppen.“

„Eigentlich wollte er segeln, nun muss er abschleppen.“

So lassen wir es am Samstag ruhig angehen, auch weil uns der Ritt zur Île de Yeu doch etwas angestrengt hat. Und das Wetter tut sein Bestes, um uns zu dabei zu unterstützen. Abends reparieren wir noch die Genua. Der Wind weht nur noch lau vor sich hin, so können wir die Genua auch im Hafen immer wieder aus- und einrollen, bis die richtige Länge des Gurtes und der passende Übergang am Wirbel zum Tampen gefunden ist. In weiser Voraussicht haben wir uns ja im Juli noch 50 m Ersatzgurt bestellt und dann von unserer Heimattour mitgebracht. Natürlich nicht dieses preisliche Halsabschneider-Ersatzteil von Facnor, von dem wir annehmen, dass es sich noch nicht einmal um Dyneema handelt.

„Unkaputtbare Dyneema-Gurte segnen doch ihr Zeitliches...“

„Unkaputtbare Dyneema-Gurte segnen doch ihr Zeitliches…“

Natürlich sind wir keine Materialprüfanstalt, aber wer irgendwann schon einmal Dyneema gespleißt hat und versucht hat, die kleinen Dyneema-Fasern mit z.B. der guten Nagelschere der Frau abzuschneiden, weiß, dass das bei echtem Dyneema nur sehr mäßig und wenn überhaupt nur mit viel Schnippelei gelingt. Nun ja, bei den Faser des unkaputtbaren Fucknor-Originalgurtes ist das ganz anders, den Fasern an der Bruchstelle kann man mit einer Nagelschere im Handumdrehen eine original BoJo-Brexit-Wuschelfrisur verpassen. Da kommen dann doch schon Zweifel auf. Der Dyneema-Gurt, den wir nun auf Rolle gekauft haben, ist zwar einen Millimeter schmaler, aber er hat dieselbe Bruchlast, wie von Fucknor angegeben. Und die 50 m haben nur 125 € gekostet. Rechnet man das Facnor-Angebot auf 50 m hoch, hätte uns der Spaß 1166,6 € gekostet!!! Ein echter Schnapper, gelle!

Als es dunkel wird, ist alles fertig und wir sind gespannt, ob sich das nun alles im echten Einsatz bewährt und vor allem, wie lange es diesmal hält. Während wir noch an der Genua herumbasteln, kommt ein französischer Segler zu uns, sieht uns zu und fragt nach unseren Erfahrungen mit dem Facnor-Flatdeck-Furler. Nachdem wir nicht viel Gutes berichten können und unser Leid geklagt haben, erzählt er uns, dass er genauso so einen Furler gleich beim Kauf seines Schiffes abgebaut und verkauft hat, weil die Dinger absoluter Mist und vollkommen ungeeignet für Cruising-Yachten sind. Immer, wenn man die Genua auch häufiger mal gerefft fahren muss, gibt es Probleme mit diesem System. Rollt man die Genua nur komplett aus und dann wieder ein, ohne das eine Dauerlast auf dem Gurt ist, soll es ganz leidlich funktionieren. Nun ja, was sollen wir sagen? Stimmt! Immerhin haben wir ja nun von den 50 Metern des neuen Gurts erst etwa 11 Meter gebraucht. So haben wir mit Verschnitt noch locker 3 weitere Ersatzstücke. Mal sehen, wie sich das nun entwickelt.

„Die Burgkulisse von Le Vieux Château mal in schwarzweiß“

„Die Burgkulisse von Le Vieux Château mal in schwarzweiß“

Da der Sonntag »wegen Wetter« komplett ausfällt, klappen wir erst am Montag die Fahrräder aus und gehen auf Insel-Sightseeing. Viel zu wenig haben wir die Fahrräder bisher benutzt, obwohl sich der Aufwand sie rauszuholen und aufzubauen wirklich in Grenzen hält. Gut 25 km strampeln wir über die Insel, wobei es zunehmen freundlicher wird. Da die Saison nun definitiv vorbei ist, treffen wir nur ganz vereinzelt auf andere Inseltouristen. In der Hochsaison muss das hier vollkommen anders zugehen, denn die Île de Yeu wird von Ferienhäuschen beherrscht, die nun aber alle verrammelt und unbewohnt sind. Vielleicht ist es doch gar nicht so schlecht, diesen Teil der Biskaya erst nach den französischen Ferien zu bereisen.

„Die Burgkulisse von Le Vieux Château mal in bunt, ...“

„Die Burgkulisse von Le Vieux Château mal in bunt, …“

„… aber immer faszinierend zum Photographieren.“

„… aber immer faszinierend zum Photographieren.“

Zuerst fahren wir quer über die Insel zum »Le Vieux Château«. Als wir dort ankommen, ist es noch wolkenverhangen und diesige Schwaden steigen aus der Brandung die felsige Steilküste hoch und um die Burg herum. Unwillkürlich denken wir beide an die Nebel von Avalon, gespenstisch liegt die Burgruine auf den Felsen und lässt mystische Gedanken sprießen.

„Wellenspiele“

„Wellenspiele“

„Die Serienaufnahmen zeigen die Dynamik...“

„Die Serienaufnahmen zeigen die Dynamik…“

„… auch hier.“

„… auch hier.“

Die felsige Südwestküste der Île de Yeu ist faszinierend. Immer wieder tun sich Blickwinkel auf, die einem noch spektakulärer erscheinen als die vorher. Vollkommen allein kraxeln wir über die Felsen der Steilküste und genießen die zunehmenden Sonnenlücken. Was haben wir nur für ein Glück heute, als wir nach dem Frühstück aufbrachen, sah es noch gar nicht nach solch hübschen Sonnenabschnitten aus.

„Die Küste ist ein Traum und dass wir hier fast allein sind, ist das I-Tüpfelchen.“

„Die Küste ist ein Traum und dass wir hier fast allein sind, ist das I-Tüpfelchen.“

„Ohne unsere Fahrräder hätten wir diese Inselecken nie erreicht.“

„Ohne unsere Fahrräder hätten wir diese Inselecken nie erreicht.“

„Auch diese Serienaufnahme zeigt Dynamik, diesmal des Schiffsjungen, der nicht nur seine Nase überall reinstecken muss, sondern auch manchmal einen Kopf raus.“

„Auch diese Serienaufnahme zeigt Dynamik, diesmal des Schiffsjungen, der nicht nur seine Nase überall reinstecken muss, sondern auch manchmal einen Kopf raus.“

„Überspülungen...“

„Überspülungen…“

Weiter geht’s dann bis zum Port de La Meule. Die Betonung liegt hier auf »Port«, denn alles, was wir vom letzten Felsvorsprung aus von diesem »Port« sehen können, sieht nach allem aus, aber nicht nach einem Hafen. Aber zwischen den Felsen tut sich tatsächlich ein kleiner Hafen auf. Natürlich nichts für uns und nur bei ruhigem Wetter anfahrbar. Es ist schon erstaunlich, in welche Eckchen sich kleine Fischer hier verdrücken.

„Port de La Meule. Hier finden alte Fischerkähne eine Nachnutzung“

„Port de La Meule. Hier finden alte Fischerkähne eine Nachnutzung“

Zurück geht’s dann über die Inselhauptstadt St. Sauveur. Ein sehr beschauliches und hübsches Städtchen. Allerdings müssen wir unsere Hoffnung auf ein Bistro, einen Kaffee oder sonst irgendetwas schnell begraben, denn die Beschaulichkeit ist an einen französischen Montag noch beschaulicher als sonst. Über kleinste Straßen, die unvermittelt zu Waldwegen und dann zu schmalen Pfaden werden, erreichen wir irgendwann wieder die Nordostküste der Insel. Hier dominieren alte Pinienhaine und Sandstrände das Bild und nur ab und zu mischen sich einige Felsen dazwischen. Bei westlichen und südwestlichen Wetterlagen ein wunderbares Ankerrevier. Und in der Luft hängt dieser warme Pinienduft, den ich noch aus meinen Urlauben südlich von Bordeaux in Erinnerung habe. Nächste Woche sind wir vielleicht schon dort und strampeln durch diese Wälder und zur Dune du Pilat. Hoffentlich klappt das und das Wetter spielt mit.

„Die Kirche der Hauptstadt St. Sauveur“

„Die Kirche der Hauptstadt St. Sauveur“

„Und in St. Sauveur sieht es nun wirklich sehr südlich aus.“

„Und in St. Sauveur sieht es nun wirklich sehr südlich aus.“

„Der Nordstrand...“

„Der Nordstrand…“

„Ein entfernter Blick auf den Hafen Port Joinville.“

„Ein entfernter Blick auf den Hafen Port Joinville.“

Der Dienstag steht dann dem Sonntag in nichts nach und fällt ebenfalls »wegen Wetter« aus. Aber diese Ausfälle haben ja auch ihr Gutes, denn endlich kann ich mich mal um die Panoramen kümmern und wenigstens den ganzen Schwung aus der Normandie fertigstellen. Und Astrid pflegt unsere WebPage, die nun nach einem automatischen UpDate doch etwas mehr Zuwendung braucht als erhofft, lädt dann geduldig das Riesenpaket der Panoramen hoch und erweitert unsere 360er-Seite.
Morgen am Mittwoch ist dann unser nächster Reisetag, der Wind soll in der Nacht auf Nordwest drehen, ein idealer Reisewind nach Les Sables d’Olonne wartet auf uns.

„Ein Molenblick in Port Joinville.“

„Ein Molenblick in Port Joinville.“

auf der Île de Yeu
46° 43′ 38,8″ N, 002° 20′ 45,8″ W