Mal entspannt und mal nicht so


Die ersten Tage hinter Culatra lassen wir einfach so vergehen. Es ist fast so wie im letzten Herbst, nur etwas sommerlicher 🙂. Am Dienstag lässt Sönke Roever den Anker der Hippopotamus neben uns fallen. Erst denken wir, dass es nur die Hippopotamus ist, aber er segelt die Nilpferddame immer noch selbst und so plauschen wir unter Nachbarn mal kurz.

„Wieder (fast) allein.“

„Wieder (fast) allein.“

„Die Strände von Culatra“

„Die Strände von Culatra“

Unsere Tage vergehen mit langen Spaziergängen und einigen kleinen Baderunden. Irgendwie sitzen dem Schiffsjungen aber die anstehenden Tauchgänge im Nacken. Die noch fehlende Tauchroutine macht das Ganze nicht entspannter. Am Donnerstag soll es dann soweit sein. Die Tide stimmt, denn vormittags ist Stillniedrigwasser. Stillwasser brauchen wir schon, denn ansonsten strömt es hinter Culatra schon ganz ordentlich. Beim Ankern ist das kein Problem, da dreht sich das Schiff nur alle 6 Stunden mal um und man hat einen neuen Ausblick. Beim Schwimmen geht es auch noch, mit dem Gegenstrom kann man lange neben dem Schiff schwimmen, ohne auch nur einen Meter voranzukommen. Eine gute Trainingseinheit. Beim Tauchen und speziell zum Wechseln der Opferanoden ist das mit der Strömung allerdings ziemlich kontraproduktiv, zu gut erinnern wir uns noch, wie willenlos wir schon damals im Hallenbad herumgetrieben sind.

„Strandgut...“

„Strandgut…“

Aber den Donnerstag wählen wir dann doch als Tauchtag ab, weil er insgesamt eher naturtrüb ist und es auch unter Wasser nicht so kristallklar schimmert wie erhofft.
Also bleibt der Donnerstag ein normaler Donnerstag zum Blog schreiben und Photos sortieren.

„Manche setzen auch einen Ankermond! 😂“

„Manche setzen auch einen Ankermond! 😂“

„Zu schön, um sich daran zu gewöhnen.“

„Zu schön, um sich daran zu gewöhnen.“


Am Freitag ist es dann aber soweit, doch so einfach soll es dann auch nicht sein. Es dauert ja schon allein etwas, bis wir den kleinen Kompressor und den Generator hervorgekramt haben. Und auch die restlichen Tauchutensilien liegen ja eben nicht wirklich griffbereit in einer Ecke. Alles ist irgendwo verstaut und muss erst einmal ans Tageslicht des Cockpits befördert werden. In solchen Momenten wünschen wir uns dann wieder ein größeres Schiff, auf dem das Verstauen keine Puzzlearbeit ist und das Erinnern, wo man etwas versteckt hat, nicht erst nach der dritten erfolglosen Suche gelingt.
“Schatzi, wo hast du denn…?”
“Nee, hab ich nicht. Du hast doch. Hast du schon mal…? Vielleicht vorn links.”
Aber nun ja, irgendwann ist alles zutage gefördert und dann … springt der Kompressor am Generator nur einmal kurz an, bleibt danach aber stumm, obwohl der Schiffsjunge den Vorratstank des Kompressors wie ein Wilder leer atmet.

Dem Schiffsjungen kocht das Blut, nur gut, dass er sich noch nicht in den Neo gezwängt hat. Was ist los? Wenn etwas nicht so funktioniert, wie es funktionieren soll, dann macht das den Schiffsjungen im Handumdrehen echt ärgerlich… – ok durchatmen und nicht hyperventilieren, eine gute Übung für den anstehenden Tauchgang, sofern der überhaupt noch ansteht.

Den Generator hatten wir in erster Linie ja eigentlich für den Kompressor gekauft und nur in zweiter Linie für unseren Energiehaushalt. Und nun? Einmal kurz »brrrrittt« und dann nichts mehr! 😡 Ich messe am Kompressor, dort liegt aber keine Spannung an. Kabelbruch? Wie soll das sein? Beim zweiten Gebrauch unwahrscheinlich! Und natürlich ist das Kabel ok. Ah, der Druckschalter? Klopf, klopf! Wie soll man das nun wieder herausfinden? Klopf, klopf!
Der Generator läuft. Hmm?!? Dann wieder »brrrrittt« der Kompressor und … zack aus und … nicht wieder an! Ein Blick auf den Batteriemonitor der PINCOYA sagt uns, dass auch unsere Batterien nicht mehr geladen werden. Das war vorhin noch anders 🤔!
Uns schwant etwas! Der Generator läuft, während die Capitana – ganz Frau 🤨 – erst einmal die Gebrauchsanweisung des Generators liest und sagt: “Der hat ‘nen Überlastungsschutz, rotes Lämpchen!”
Überlastung?!? Ach Quatsch, wo soll die denn herkommen?
Als die Capitana das sagt, habe ich den Generator allerdings schon wieder ausgestellt. Nichts nervt mehr als das Gebrumm eines Generators, der nichts anderes generiert als Frust! Und wenn der Generator aus ist, dann leuchtet da auch gar kein Lämpchen mehr. Also wieder an, aber das rote Lämpchen leuchtet nicht, nur das grüne. Allerdings sind beide Lämpchen kaum zu erkennen, denn die Lämpchen sind genau in der Sonne.

„Endlich tauchklar...!“

„Endlich tauchklar…!“

Am Ende finden wir heraus, dass der Generator durchaus den Anlaufstrom des Kompressors bedienen kann, aber eben nur allein, ohne dass etwas anderes noch zusätzlich dranhängt. Immer, wenn der Kompressor anläuft, flackert einmal kurz das rote Lämpchen. Der Generator macht unter Dauerlast 1,8 kW, verträgt aber eine kurzfristige Spitzenlast von 2,2 kW, und der Kompressor hat »nur« einen 0,5 kW Motor. Für einen elektrischen Laien sieht das ja eigentlich hinreichend aus, deswegen haben wir parallel zu dem Kompressor auch gleich mal unsere Batterien aufgeladen und wollten auch noch zusätzlich etwas Warmwasser machen. Aber da haben wir unsere Rechnung wohl ohne den Anlaufstrom des Kompressors gemacht, denn Batterien laden, Warmwasser machen und den Kompressor starten, lässt unseren Generator aussteigen. Zack rotes Lämpchen, das dann auch sehr schön rot leuchtet, aber eben im gleißenden Sonnenlicht 🙄 kaum zu erkennen ist.
Erstaunlich, erstaunlich, aber die gute Nachricht des Tages ist, dass der Generator allein mit dem Kompressor gut klarkommt. Und als das klar ist und der Schiffsjunge mal einige Minuten im Cockpit echte Taucherluft aus dem Kompressor geatmet hat und der Kompressor ein ums andere Mal bereitwillig angesprungen und der Generator nicht einmal mehr ausgestiegen ist, da zwängt sich der Schiffsjunge dann auch in den Neo, der faltenfrei seinen Körper umspielt.

Zuerst müssen die Seepocken dran glauben! Aber die Mistdinger wehren sich!!! Völlig unbedarft halte ich mich an einem der pockenübersäten Propellerblätter fest. Ihre messerscharfen Kanten schneiden sich problemlos in meine Finger und schon fließt Blut, was man allerdings erst merkt, wenn man wieder rausgekrabbelt ist. Nur gut, dass es hier keine Haie gibt und die Orcas sich nicht in die flache Lagune trauen. Beim nächsten Tauchgang bin ich schlauer, umarme den Sailldrive und räche mich bei den Seepocken mit dem Spachtel. Es dauert etwas, bis ich alle Pocken von dem Propeller gekratzt habe. Und mit der Zeit werde ich auch ruhiger und atme einfach gleichmäßiger. Apnoe wäre das für mich vollkommen unmöglich. Wir haben wieder Segler getroffen, die das ohne alles machen und einfach so tauchen. Ich weiß nicht, wie so etwas gehen kann, ich komme mit angehaltener Luft nur bis zum Saildrive, kann kurz anschlagen und muss dann schon wieder schnellstens hoch. Mehr geht überhaupt nicht!

Dann kommt der Wechsel der Opferanoden. Leider läuft das Wasser schon wieder merklich auf, was dazu führt, dass ich immer den Saildrive irgendwie in den Arm nehmen muss. Auch die Tauchgewichte reichen leider nicht, immer noch habe ich zu viel Auftrieb und bollere mit jedem vorbeifahrenden Boot, dass auch nur etwas Wellenschlag macht, mit dem Kopf unter den Rumpf. Inzwischen denke ich allen Ernstes über einen dieser leichten Kitesurferhelme nach. Das sieht zwar zum Tauchen ebenso blöd aus wie unsere Sonnenhüte, aber warum soll es den Fischen besser ergehen als den Möwen 😂. Optimal ist das alles noch nicht.
Die Theorie, die Opferanoden und die Schrauben in einem Eimerchen oder Netz mit runterzunehmen, verwerfen wir. So wechseln wir die dreiteilige Opferanode in drei Tauchgängen. In den linken Ärmel des Neos kommt die Opferanode und in den rechten die Schraube. Der Inbus baumelt an einer Strippe am Bleigurt. Das geht so auch ganz gut und lässt sich unter Wasser so auch ganz gut handhaben. Am Ende verliere ich nur eine Schraube und der Wechsel der Opferanode geht alles in allem besser und reibungsloser als der Kampf mit den blöden Seepocken.

Und dann … Entspannung, es hat geklappt! Alles hat wie erhofft funktioniert und mit der Zeit bin ich auch ruhiger geworden. Das ist erst einmal die Hauptsache. Wir sind nun für alle »Unterwasserfälle« weitgehend autark. Das war uns sehr wichtig. Denn so, wie schon die Franzosen und nun auch die Portugiesen und Spanier mit ihren Netzen und Lobster-Pots umgehen, ist ein Tampen in der Schraube nicht gerade unwahrscheinlich. Und die Routine ist auch auf einem guten Weg und wird sicher schon bald noch etwas größer werden. Es ist wie meistens einfach nur mal ein Rangehen.


„Der Hafen von Culatra-City“

„Der Hafen von Culatra-City“

„Ein Eis zur Belohnung 🙂“

„Ein Eis zur Belohnung 🙂“

An dem dann folgenden Wochenende erleben wir, wie es hier wohl in der Hochsaison immer zugeht. Die Bucht ist voll und testosteron-gesättigte Jetski-Fahrer versuchen, stringtanga-bekleidete Schönheiten mit wenig akrobatischen, aber um so lauteren Fahrmanövern zu beeindrucken. Das nervt schon etwas, aber Sonntag entkommen wir dem Ganzen sehr einfach mit einem Spaziergang auf die Seeseite. Hier sind wir wieder mutterseelenallein, denn das Wochenend-Partyleben brüllt nur in der Lagune.

„Seestern und Seegurke.“

„Seestern und Seegurke.“

„Erste Dronen-Versuche.“

„Erste Dronen-Versuche.“

Und es ist warm. So warm, das selbst die Capitana drei Abkühlungsschwimmerchen macht. Als ich sie bei einem dieser Schwimmerchen begleite, checke ich den Bugspriet und stelle fest, dass die Bolzen des Stampfstabes etwas merkwürdig aussehen. Eine Kontrolle mit dem Gummiboot bestätigt, dass sie sich »unter Last« schlicht und ergreifend verformt haben. Das ist durchaus unschön, denn unsere Genua ist am äußeren Ende des Bugspriets angeschlagen. Wir können uns nicht vorstellen, dass die Spannung auf dem Vorstag zu diesen Verformungen geführt hat und wir erinnern uns nur an einen wirklich versemmelten Anleger. Doch der ist lange her. Aber egal, die Bolzen sind verbogen und das macht eben kein gutes Gefühl. In Ayamonte, unserem nächsten Ziel, gibt es einen Laden mit Bootszubehör. Und der Schiffsjunge kann es nicht glauben, wir haben Berge von Niro-Zeug an Bord, aber wirklich keinen einzigen passenden Ersatzbolzen.

„Strandgut! Die gelbe Tonne ist ja ok, aber der Rollator??!!??“

„Strandgut! Die gelbe Tonne ist ja ok, aber der Rollator??!!??“

„Schwimmerchen auf der Seeseite“

„Schwimmerchen auf der Seeseite“

Insgesamt ist die Lage schon recht tricky, denn eigentlich fällt dem Schiffsjungen immer irgendetwas ein, wie es doch noch, wenn auch provisorisch, gerichtet werden kann. Diesmal braucht es aber mehr als einen Tag, um auf die richtige Idee zu kommen. Schließlich wollen wir ja nach Ayamonte segeln und nicht motoren, was natürlich immer gehen würde.

„Die provisorische Entlastung des Stampfstabes“

„Die provisorische Entlastung des Stampfstabes“

So basteln wir gleich am Montag eine Entlastung mit einer unserer Taljen für die Backstagen. Bis Ayamonte wird es unter Segeln so gehen, auch wenn es wie angekündigt etwas auffrischen soll. Und in Ayamonte werden wir dann den Stampfstab so richten, dass von dort keine Gefahr mehr ausgehen kann.

immer noch hinter Culatra vor Anker
37° 00′ 16,7″ N, 007° 49′ 07,0″ W