von Cádiz nach El Rompido


Cádiz Marina -> Chipiona [A] -> El Rompido [A] Distanz: 59,4 sm Gesamtdistanz: 273,4 sm

„von der Marina Cádiz -> via Chipiona -> nach El Rompido“

„von der Marina Cádiz -> via Chipiona -> nach El Rompido“

Zusammen mit den Wetter- und Windvorhersagen überlegen wir schon eine ganze Weile, ob wir wirklich noch südlich von Cádiz in die Lagune von Sancti Petri fahren sollen. Eigentlich ist es nur ein Katzensprung und eigentlich sind die 3 Tage auch alles, aber nicht ausschlaggebend für den Rückweg, den wir nun schon wieder vor uns haben. In allen Revierführern wird immer von starken Ostwinden geschrieben, die würden uns im wahrsten Sinne über Nacht zurückbringen, aber die starken Ostwinde scheinen wohl gerade aus zu sein. Eine ausgeprägte Westwindlage steht vor der Tür und die lässt uns unsere Entscheidung dann doch gegen Sancti Petri fällen.

Für zwei Tage soll es noch mäßige Südwestwinde geben, die uns jeweils mit einem deutlichen Tagesgang am Nachmittag ein gutes Zurückkommen versprechen. Nicht direkt bis Portimão, aber bis irgendwo zwischen Ayamonte und Huelva. Danach wird’s eher kniffelig, aber dann haben wir das größte Stück ja auch schon geschafft. Es ist ehrlich gesagt schon irgendwie saublöde, genauso wie damals in unseren Urlauben, als wir noch nicht auf Langfahrt waren, dreht sich ab der Hälfte der Zeit schon wieder alles um die Frage: »Wie kommen wir pünktlich zurück?«.

So teilen wir unsere erste Etappe zurück in zwei Teile. Mit dem ersten Teil soll’s bis Chipiona gehen und der zweite sollte uns dann gut bis El Rompído oder vielleicht zur Isla Cristina bringen. In einem Stück würde das natürlich auch gehen, aber nachts gibt’s hier aktuell keinen Wind und ein nächtliches Motoren wollen wir wegen unserer Nerven und wegen der Netze lieber vermeiden.

Danach soll es Westwind geben, den werden wir dann kreuzend in kürzeren Etappen nehmen. Auch das braucht seine Zeit und wir brauchen auch unsere Zeit, denn trotz allem, wollen wir nicht in die Situation kommen, hetzen zu müssen.


Cádiz -> Chipiona [A]

„Los geht's in Cádiz“

„Los geht's in Cádiz“

Bis Chipiona sind es nur wenige Seemeilen. So können wir uns Zeit lassen, auch weil der Wind erst ab Mittag mit segelbaren Windstärken für Freude sorgen wird. Vor Rota sorgt dann aber schon mal gleich eine dicke Makrele für Freude, ansonsten segeln wir ruhig und gleichmäßig mit einem leichten Wind so vor uns hin. Kurz nach Niedrigwasser erreichen wir Chipiona. Am Cabo gucken noch die Untiefen und Felsen bösartig aus dem Schwell. Auch das ist mit der Grund, warum wir uns zum Ankern vor Chipiona verleiten lassen, denn die Untiefen sorgen zusammen mit der Hafenmole schon für eine gute Schwellabdeckung.

„Das Cabo von Chipiona“

„Das Cabo von Chipiona“

Das ändert sich dann aber leider mit dem Abendhochwasser. Nicht nur die Fischer laufen fleißig ein und aus und sorgen so für einiges an Wellen, auch der Schwell aus dem Golf von Cádiz schafft es nun ganz prima um die Ecke der Hafenmole und lässt uns recht ordentlich rollen. Der Schiffsjunge ist skeptisch, ob er das mag, die Capitana ist da deutlich leidensfähiger.

„Abenddämmerung vor Chipiona“

„Abenddämmerung vor Chipiona“


Chipiona [A]
Leider ist die PINCOYA ziemlich »rollanfällig«. Das liegt an ihrer Rumpfform und an ihrem doch recht kurzen Kiel. Das Rollen nervt und wenn sie sich dann ein ums andere Mal immer wieder richtig aufschaukelt, dann ist das alles, aber nicht angenehm. In diesen Momenten wünschen wir uns wieder einen Katamaran, aber einen der alten Sorte und nicht einen dieser neuen Hausboote von Lagoon oder Fountain Pajot. So etwas geht für uns gar nicht und das würde auch unserer Art zu Segeln gar nicht mehr entsprechen.

Mit dem Restwind des Abends und der leichten Strömung gelingt es uns recht gut, den Bug der PINCOYA in den anlaufenden Schwell zu drehen. So wird es erträglich, wenn auch nicht ruhig. Und weil in der Nacht wieder ein Niedrigwasser kommen wird, beschließen wir, vor Anker zu bleiben. Die Rechnung geht auch bis zum Morgen ganz gut auf, dann schläft der Wind allerdings vollkommen ein und mit dem auflaufenden Hochwasser schafft es der Schwell nun auch wieder wunderbar bis zu uns. Und so rollen, rollen und rollen wir auch wieder von einer Seite auf die andere. Zum Morgengrauen wird es so arg, dass wir uns quer in die Bugkoje legen und versuchen zu schlafen. Nun ja, »schlafen« ist etwas übertrieben, die letzten Stunden liegen wir mehr oder weniger wach und warten auf die erste Morgenbrise, um aufzubrechen.
Und das alles, nachdem die Capitana sowieso schon wenig geschlafen hat. Auf ein Uhr hatten wir uns den Wecker gestellt, um zu überprüfen, ob unsere Niedrigwasserkalkulation auch wirklich stimmt. Aber den Wecker braucht die Capitana gar nicht, denn irgendwie ist sie doch zu unruhig, um einzuschlafen. Nachdem sie ein ums andere Mal aus der Koje gekrabbelt ist, um irgendetwas zu machen und dabei einen beiläufigen Blick auf den Tiefenmesser zu werfen, bleibt sie am Ende einfach davor sitzen und hypnotisiert ihn.
Denn vor Chipiona ist es flach und wenn man möglichst weit in die Abdeckung der Molen will, dann wird’s noch flacher. Wie immer haben wir beide unabhängig von einander gerechnet, um zu wissen, auf welcher Tiefe wir um 16:00 bei noch auflaufendem Hochwasser den Anker fallen lassen müssen, um mit dem kommenden Niedrigwasser in der Nacht keine Überraschung zu erleben.

Da sich die unterschiedlichen Tidenkalender ja durchaus in Höhe und Zeitpunkt der Gezeiten unterscheiden, nehmen wir einen Mittelwert. Und da für Navionics das Auslesen der Mitteleuropäische Sommerzeit aus dem iPad noch immer zu schwierig ist, müssen wir in dieser App flugs mal selbst eine Stunde hinzurechnen. Es ist schon erstaunlich, mit welchen Schwierigkeiten Anwendungen im 21ten Jahrhundert noch so zu kämpfen haben, aber der Support von Navionics ist am Ball und so gibt es bestimmt auch bald ein UpDate. Doch das wird es sicherlich erst geben, wenn die Sommerzeit in der EU dann ganz abgeschafft ist, was der arme Programmierer aber erst 2 Jahre später auf einer Teambildungsmaßnahme zusammen mit dem Support durch ein »Wie-können-wir-besser-werden-Kärtchen« erfährt.

So lassen wir heute unseren Anker auf 3,40 m fallen und sind der Meinung, dass uns so auch bei Niedrigwasser noch etwa 2,5 m erhalten bleiben sollten. Und obwohl wir beide auf dasselbe Ergebnis gekommen sind, ist die Capitana des Nächtens dann doch etwas unruhig. Aber am Ende bleiben uns tatsächlich noch die errechneten 2,50 m, was bei 1,65 m Tiefgang auch noch etwas Puffer für Wellen und Schwell lässt. Ob dieses Ergebnis aber am Ende doch eher auf die professionelle Echolot-Hypnose der Capitana zurückzuführen ist oder wir tatsächlich richtig gerechnet haben, spielt im Nachhinein keine Rolle mehr.

Chipiona [A] -> El Rompido [A]
Mit der ersten Morgenbrise machen wir uns vor Chipiona vom Acker. Es ist einer der ganz seltenen Morgen, an dem wir unseren ersten Kaffee NICHT im Bett oder der Koje nehmen. Wenn dieses schon immer zelebrierte Ritual ausfällt, ist das ein eindeutiges Zeichen dafür, dass etwas wirklich nicht stimmt.

„Tschüß Chipiona“

„Tschüß Chipiona“

Wir nutzen die ersten 7 Knoten Wind, setzen noch vor Anker das Groß und segeln los. Es ist keine Rauschefahrt, aber damit, dass wir schon so früh unterwegs sind und der Schiffsjunge auch noch gleich die Schleppangel auswirft, hat der kleine Thunfisch nun auch nicht gerechnet. So haben wir nach 20 Minuten schon unseren nächsten Thun, der ausgenommen auch seine 760g hat. Im Laufe unseres vollkommen unspektakulären Segeltages kommt dann noch eine dicke Makrele hinzu. Dieses Jahr haben wir wirklich ein großes Angelglück, das unsere Verproviantierung echt ergänzt und uns viele üppige Fischmahlzeiten beschert.

Allerdings erinnern uns unsere letzten Segeltage doch auch sehr an ein Segeln auf der Ostsee. Es ist zwar nicht richtig kalt, bei etwas über 20° sitzen wir immer noch in kurzer Hose im Cockpit, aber es ist bewölkt und grau. Und graue Wolken verwandeln auch den eigentlich türkis schimmernden Golf von Cádiz in eine graue Ostsee. Im Wetterbericht wird berichtet, dass es einen Sommeraustausch zwischen Andalusien und Deutschland gibt. Deutschland stöhnt unter einer spanischen Hitze, während wir abends wie sonst auf Rügen die Sweatshirts rauskramen.

„Ostseesegeln...“

„Ostseesegeln…“

Auf Höhe von Huelva nehmen wir das Vorsegel weg. Der Wind hat über den Tag zwar nur etwas zugelegt, aber trotzdem sind wir viel zu schnell. Die Einfahrt nach El Rompido können wir aktuell nur gut 2 Stunden vor und nach Hochwasser machen. Auf der WebPage von Puerto Andalusia kann man die aktuellsten Tiefenmessungen der schwierigen Hafeneinfahrten in Andalusien finden. Ein richtig toller Service, denn selbst die Navionics-Karten, die schon wesentlich aktueller sind als die iSailor-Karten, sind nicht auf dem neusten Stand. Laut »Puerto Andalusia« bleiben bei Springiedrigwasser in der Einfahrt nur gut 50 cm stehen und zur Nippzeit ist es nicht viel mehr. Außerdem schlägt das Fahrwasser inzwischen auch einen großen Haken nach Osten.

„Und rein geht's!“

„Und rein geht's!“

Doch obwohl wir das Vorsegel schon früh weggenommen haben, sind wir schon um 18:20 an der Ansteuerung. Aber erst um 20:20 ist Hochwasser. Noch etwas später wäre uns schon recht gewesen. Etwa 20 Minuten vor uns ist schon ein Franzose mit einer etwa gleich großen Segelyacht eingelaufen. Wir hatten zwar das Gefühl, dass er etwas stockend einfährt, aber er ist durchgekommen. Zwei Stunden vor Hochwasser sollten schon gut 2,40 m von den heute zu erwartenden 2,90 m aufgelaufen sein. Wir sollten also nun schon so um die 3,00 m haben. Also fahren auch wir vorsichtig rein. Da der Schwell aus Südwest fast genau auf der Einfahrt steht und sich hier staut, ist es recht wellig. Aber es passt auch mit den Wellen. Über der Barre gleich zwischen den ersten 3 Tonnen zeigt unser Echolot einige Male nur noch 2,80 m an. Unwillkürlich hält man dann den Atem an, denn gerade wenn die Tiefe schnell abnimmt, kann nach 2,80 m auch schnell dieses hässliche Knirschen 🤭 kommen. Doch es knirscht nicht und kurz darauf wird es langsam auch schon wieder etwas tiefer, aber bei weitem nicht so tief wie im Rio Odiel bei Punta Umbria.

„Ist schon etwas flach...“

„Ist schon etwas flach…“

„... überall Sandbänke.“

„… überall Sandbänke.“

Links und rechts der Einfahrt liegen Sandbänke. Es ist wirklich hübsch hier und wir sind von der ersten Minute an froh, die Einfahrt in den Rio Piedras gemacht zu haben. Auch hier scheinen fremde Fahrtensegler nicht wirklich häufig reinzufahren. Man kann das ganz gut daran sehen, wie herzlich man von den Angelbooten aus begrüßt wird. Langsam fahren wir hinter die flache vorgelagerte Landzunge. Auf den Seekarten sieht das alles sehr viel enger aus, doch es scheint ausreichend Platz zu sein. Doch das kann auch täuschen, das nächste Niedrigwasser wird es zeigen. Aktuell haben wir Nippzeit und so laufen nur rund 2 m Wasser auf und ab. Zur Springzeit sind das dann 3 m. Das relativiert eine Wassertiefe von 5,6 schon erheblich und den Spielraum, den man nach links und rechts vom Fahrwasser zum Ankern hat.

„Wenn man nicht so genau weiß, wo man rein muss, die Kupferkuppel ist eine super Ansteuerungsmarke.“

„Wenn man nicht so genau weiß, wo man rein muss, die Kupferkuppel ist eine super Ansteuerungsmarke.“

„Das Delta des Rio Piedras“

„Das Delta des Rio Piedras“

„Auf Ankerplatzsuche...“

„Auf Ankerplatzsuche…“

Insgesamt gibt es auch im Rio Piedras vier Marinas. Zwischen der zweiten und dritten Marina gehen wir knapp vor dem abgetonnten Schwimmerbereich vor Anker. Der Wind hat etwas aufgefrischt und so können wir uns nicht so recht entscheiden, ob wir gegen den Wind und mit dem Strom oder umgekehrt ankern. Einige starke Böen verleiten uns gegen den Wind zu ankern, wahrscheinlich wäre es aber umgekehrt genauso blöd gewesen. Als Spielball dieser gegenläufigen Kräfte ist es kaum möglich, den Anker vernünftig zu setzen. Auch nach dem zweiten Anlauf sitzt unser Anker nicht richtig und wir rutschen einige Stunden später mit dem ablaufenden Wasser etwas herum. Erst nach 4 Hoch- und Niedrigwasser und nach 2 Tagesgängen des Windes hat sich unser Anker so in den Grund gezwirbelt, dass wir egal bei welchem Wind und egal bei welcher Tide unseren Ankerradius nicht mehr verlassen.

15.06. Cádiz -> Chipiona [A]
36° 44′ 58,6″ N, 006° 25′ 30,5″ W

17.06. Chipiona [A] -> El Rompido [A]
37° 12′ 47,1″ N, 007° 06′ 18,3″ W