Der Ritt nach La Palma


Marina La Gomera -> Marina Tazacorte (La Palma) Distanz: 74,4 sm Gesamtdistanz: 492,3 sm

„Von La Gomera -> nach La Palma“

„Von La Gomera -> nach La Palma“

Obwohl wir bis Montag verlängert haben, lassen wir einen Tag sausen und brechen schon am Sonntag nach La Palma auf. Optimal wäre der Samstag gewesen, aber wer kann das bei der Vorhersagequalität schon ahnen und zwei Tage wollten wir nun auch nicht sausen lassen. Auf uns wartet ein langer Schlag. Mit all dem zu erwartenden Zickezacke sind es bis Tazacorte auf La Palma wenigstens 65 sm. Das ist für einen Tagestrip nicht eben wenig, deswegen brechen wir auch schon mit der ersten Morgendämmerung auf. Vielleicht schaffen wir es ja noch im Hellen bis Tazacorte und, so unsere Theorie, so ist vielleicht auch die Düse vor La Gomera, die es zwar heute ohnehin nicht geben soll, noch nicht so ausgeprägt, wie später am Vormittag.

Schon bei unserem Morgenkaffee fühlen wir das Nichts. Im Hafen ist es fast windstill und die Möwen spazieren gelangweilt über die Stege. Kein Aufwind für wilde Flugmanöver. Eine kickt in Gedanken einen kleinen Kiesel ins Hafenbecken. Was für ein Unterschied zu den letzten Tagen, als es immer einige Klammern mehr brauchte, um die Handtücher auch wirklich an Bord zu halten, und einige junge Kunstflugmöwen im Rückenflug immer wieder versuchten, den großen Mastensalom in Rekordzeit zu schaffen. Und nun dies. Es ist Flaute!

„Aufbruch in der ersten Dämmerung“

„Aufbruch in der ersten Dämmerung“

Da wir keine Zeit verlieren wollen, haben wir gestern schon alles soweit vorbereitet, dass wir nun direkt starten können. In der Hafeneinfahrt setzen wir das Groß und schon kurz hinter der Mole kräuselt sich das Wasser etwas. Also Genua raus, Motor aus und schon geht es gemächlich los. Doch diese hübsche Gemächlichkeit hält nur etwa eine Seemeile an. Irgendwo habe ich eine Warnung gelesen, dass es durchaus schwierig sein kann, La Gomera anzusteuern, weil die Düse dort besonders fies ist. Und obwohl wir vor einer Woche La Gomera ja tatsächlich bei Flaute angesteuert haben, – so etwas gibt es also auch -, schnappt uns nun tatsächlich gleich diese fiese Düse. Auf unseren Ausflügen in die Berge konnten wir die Düse genau sehen. Wild schäumendes weißes Wasser ging ziemlich abrupt in das ruhige Wasser der Abdeckung über. Wunderschön waren auch die Böenfronten zu sehen, die auf dem Wasser noch mehr weiß in einem harmonischen Halbbogen hinterließen.

„Und plötzlich düst es schon wieder.“

„Und plötzlich düst es schon wieder.“

Das war wirklich beeindruckend mit anzusehen und nun bekommen wir die Düse, die es ja heute eigentlich gar nicht geben soll, schon zum Sonnenaufgang kurz hinter der Mole zu spüren. Von jetzt auf gleich geht es von 5 auf 30 Knoten, die ersten Drücker an der Kante sind immer deutlich kräftiger. Soviel haben wir ja nun auch schon gelernt. Obwohl wir inzwischen besser erkennen, wann es losgeht, kann man schlussendlich doch nicht sehen, wieviel Wind nun genau in der Düse steckt. Die Vorhersagen hatten für heute nur eine eher schwächliche Düse zwischen La Gomera und La Palma im Programm, aber keine zwischen La Gomera und Teneriffa. Nun ja, wieder mal weit gefehlt.

Nach den ersten Böenwalzen pendelt sich die Düse bei rund 20 Knoten ein. Mal mehr, mal weniger, aber unsere Zweifel wachsen, ob heute wirklich ein guter Tag für die Überfahrt nach La Palma ist. Zwischen La Gomera und Teneriffa kommt der Wind aus NW. Nicht gerade die optimale Richtung, um von La Gomera nach La Palma zu segeln. Zumal bei rund 20 Knoten wahren Wind ja immer auch noch etwas mehr scheinbarer Wind an den Segeln zerrt. Doch mit dem 2ten Reff im Groß und der Starkwindfock liegen wir gut am Wind. Der Winkel zu den Wellen könnte besser sein, aber um das zu ändern, müssten wir etwas abfallen. Das wäre aber schlecht, denn wir brauchen die Höhe, sonst können wir La Palma gleich vergessen. Die 42° am Wind sind ohnehin schon ein Kompromiss. So krachen wir immer mal wieder ziemlich brutal in die ein oder andere Welle. Schön ist das nicht und bei solchen Schlägen tut uns die PINCOYA richtig leid. Gut für das Material ist so etwas ja auch nicht. Aber unsere dicke Erna hält ohne Zicken und vollkommen gutmütig ihren Kurs. Da bleibt uns nur die Hoffnung, dass es zwischen Teneriffa und La Palma dann doch eher aus Norden weht, ein Nord, der vielleicht auch noch etwas Ost dabei hat. Wie vorhergesagt, das möchte ich hier mal betonen! Vor uns liegen mit diesem langen Kreuzschlag immerhin gut 70 Seemeilen, da wäre es schon schön, wenn der Wind und vor allem die Wellen etwas besser passen würden.

An der Kante der Abdeckung von Teneriffa vor Los Gigantos wird es noch einmal richtig ungemütlich. Die Düse dreht auf 35 Knoten, um dann auf kaum einer Seemeile auf 12 Knoten in sich zusammenzubrechen. Was machen? Wende und etwas weiter nördlich wieder rein in die nächste Düse? Wir reffen aus, genehmigen uns etwas von dem ruhigen Wind in der Abdeckung und gehen auf Kurs. Das Kap im Süden von La Palma können wir hart am Wind ganz gut anhalten, wenn nun noch der Wind zwischen den Inseln etwas auf Nord drehen würde, dann könnte es recht bequem klappen.

Zwischen den Inseln sind heute 15 Knoten aus NNE vorhergesagt. Den NNE bekommen wir auch, aber bei den 15 Knoten bleibt es leider nur auf den ersten Seemeilen. Peu á peu steigert sich das Ganze und etwa 15 Seemeilen vor dem Kap pendelt sich der wahre Wind bei rund 25 Knoten ein. Der Atlantikschwell ist hoch und wird zusätzlich von ansehnlichen Windwellen überlaufen. Wie schon zwischen Gran Canaria und Teneriffa haben wir auch hier immer wieder Phasen mit einer fast flachen See. Das hält aber leider nie wirklich lange an und es folgen zu schnell wieder hohe und sich teilweise brechende Wellen. Uns ist nicht ganz klar, wieso das so ist. Augenscheinlich ändert sich ja nichts. Die Tiefe liegt unverändert bei weit über eintausend Metern und der Wind bläst gleichbleibend kräftig weiter. Trotzdem ändert sich das Wellenbild grundlegend. Doch insgesamt ist unser Ritt schon eine recht feuchte Angelegenheit.

„Nun erwischt es mal die Capitana.“

„Nun erwischt es mal die Capitana.“

Es kommt viel Wasser über und nicht nur eine Welle schafft es bis auf den Decksalon. Und … diesmal trifft es nicht nur den Schiffsjungen, sondern auch die Capitana 😂 👍!

„Taube als blinder Passagier.“

„Taube als blinder Passagier.“

Etwa auf halben Weg bekommen wir einen blinden Passagier. Eine Taube versucht bei uns zu landen. Doch das ist nicht gerade einfach, denn die PINCOYA ist zurzeit kein wirklich ruhiger Landeplatz. Sicherheitshalber schalten wir das Windrad aus, so kann sie auf den Solarpanels landen. Gut eine Stunde ruht sie sich bei uns aus, doch als wir noch weiter einreffen müssen, fliegt sie weiter. Wahrscheinlich hat ihr das wilde Schlagen der Segel Angst gemacht. Aber was sollen wir machen, der Wind nimmt beständig zu.

„Die Gelbschnabelsturmtaucher jagen zusammen mit den Delphinen.“

„Die Gelbschnabelsturmtaucher jagen zusammen mit den Delphinen.“

Das letzte Drittel zum Kap ist schon wirklich ruppig. Der Wind pendelt sich bei einer satten Sechs ein und immer wieder treffen uns einige Welle echt ungünstig. Doch die PINCOYA lässt sich durch nichts aus der Ruhe bringen. Das ist schon erstaunlich. Egal ob Wind oder Welle oder auch mal beides zusammen, sie holt ordentlich über, stampf durch die Wellen und nimmt alles mit der Gelassenheit einer gutmütigen alten Dame. Ohne Zicken bleibt sie auf Kurs, der Autopilot legt Gegenruder, aber niemals droht sie auch nur ansatzweise auszubrechen. Andere Schiffe sind da viel zappeliger, unsere dicke Erna können wir mit Autopilot einfach laufen lassen.

„Wenn man genau hinsieht, dann sieht man La Palma.“

„Wenn man genau hinsieht, dann sieht man La Palma.“

Lange, ganz lange sehen wir von La Palma gar nichts. Es ist unglaublich diesig und wir glotzen uns die Augen aus dem Kopf, sehen aber immer nur irgendwelche Trugbilder von La Palmas Bergen im Dunst. Erst wenige Seemeilen vor dem Kap schälen sich wie im Nebel die ersten Konturen aus dem Dunst.

„Das Cabo von La Palma. Erst hui ... “

„Das Cabo von La Palma. Erst hui … “

Das Kap nehmen wir mit einem respektvollen Abstand, aber auch ohne große Überraschungen. Geradewegs segeln wir einfach in die Abdeckung von La Palma. Aus den 25 Knoten wahren Wind werden 5.

„... dann nichts mehr.“

„… dann nichts mehr.“

„Die Bananenplantagen von La Palma im Abenddunst.“

„Die Bananenplantagen von La Palma im Abenddunst.“

Wir reffen noch aus, aber nun haben wir den wenigen Wind auch noch genau auf der Nase. Die hässlichen Windwellen sind weg und nur der ruhige Atlantikschwell hebt und senkt uns noch gemächlich. Hinter uns liegen 60 ruppige Seemeilen, das war schon anstrengend. So lassen wir es nun auch gut sein und werfen den Motor an.

„Hier lief der Vulkan im letzten Herbst ins Meer.“

„Hier lief der Vulkan im letzten Herbst ins Meer.“

Um das Sperrgebiet am Vulkan, dort wo die Lava-Ströme ins Meer geflossen sind, fahren wir brav herum. Kohlrabenschwarz recken sich die Ausläufer ins Meer. Leider können wir nicht allzu viel davon sehen. Es ist wirklich arg diesig. Mit dem Fernglas bekommt man einen kleinen Eindruck, was dort geschehen ist und was die Lava-Ströme alles unter sich begraben haben.

„Lava-Flüsse“

„Lava-Flüsse“

Es ist ja gut, dass sich der Vulcan wieder beruhigt hat, aber wir hätten schon gerne etwas mehr von dem feuerspeienden Spektakel gesehen. Schade, dass uns im letzten Jahr all die Reparaturen so blöd getroffen haben. Das hat am Ende auch einen Abstecher nach La Palma verhindert. Wie gerne hätten wir mal ein paar Nachtaufnahmen von der glühenden Lava und dem spuckendem Berg gemacht. Nun ist er wieder ruhig und wir sind gespannt, was wir vielleicht trotzdem noch auf der Insel davon sehen können.

„Anfahrt auf die Marina Tazacorte“

„Anfahrt auf die Marina Tazacorte“


Marina Tazacorte auf La Palma
28° 38′ 38,5″ N, 017° 56′ 36,6″ W