Geduld mal so und mal so


Puerto del Rosario, Fuerteventura -> Playa Blanca, Lanzarote -> La Graciosa 77,8 sm gesamt: 864,6 sm

In der Warteschleife
Da wir eh noch in der Warteschleife für ein passendes Wetterfenster hängen, stürzen wir uns am Dienstag etwas blauäugig in die Arena spanischer Waschsalons. Den Waschsalon kennen wir schon, das Waschergebnis war auch absolut ok, nur waren wir letzten Dezember an einem Sonntag da und da erschien es uns, als ob der Sonntag doch wohl der Waschtag der Spanier ist. So ziehen wir nun siegessicher los, um mal eben schnell etwas zu waschen, denn es ist ja Dienstag, und nach unserer Theorie sollte es nun im Waschsalon eher leer sein. Doch entweder haben sich seit letztem Dezember die Gepflogenheiten der Spanier grundsätzlich geändert oder wir hatten im Dezember nur Glück, an einem Sonntag da gewesen zu sein.

Im Waschsalon ist die Hölle los und ein Schwall aufgeregter spanischer Sätze schwappt uns zusammen mit Schleudergeräuschen und dem föhnartigen Brummen der Trockner schon aus der Eingangstür entgegen. Alle Maschinen bringen Höchstleistung und die laut schlagende Unwucht einer zu vollgestopften und nun schleudernden 10 kg-Maschine sorgt für eine Art Pauken-Staccato in einer bemerkenswerten Frequenz. Das lässt die Auseinandersetzungen, – oder sind es doch nur normale Unterhaltungen, man weiß das ja in Spanien nicht immer so genau -, allerdings nicht verstummen, sondern nur lauter werden. Zusätzlich ist nun werktags auch die Heißmangel hinter dem Waschcenter geöffnet, was für noch etwas mehr Thermik sorgt. Der Münzautomat ist offensichtlich defekt und überall hängen Schilder, dass man zum Activar der Lavandoras und Secodoras die Chicas der Tintorería fragen soll. Wir denken erst an einen Shop zum Nachfüllen von Farbkartuschen für Tintenstrahldrucker, den es dann ja hier wohl irgendwo geben muss. Wir kennen nur »Lavandería«, werden dann aber doch von unserem Wörterbuch aufgeklärt, dass »Tintorería« zwar Färberei bedeutet, aber auch eine Wäscherei gemeint sein kann. Die Chicas der Tintorería haben keinen leichten Job, denn sie sind ohne den Münzautomat nun der Schlüssel zu den Maschinen. Alles in allem scheinen die Pflichten der Hausarbeit und so eben auch des Wäschewaschens in Spanien recht paritätisch aufgeteilt zu sein. Ebenso viele Frauen wie Männer sind in die Schlacht um die Waschmaschinen und Trockner gezogen, wobei allerdings die Damen mit deutlich größeren und mehr Säcken, Taschen und Körben dreckiger Wäsche Stellung bezogen haben. Und auch bei der Lautstärke und Rigorosität liegen die Damen eindeutig vorn.

Etwas eingeschüchtert schauen wir durch den Waschsalon. Irgendeine Reihenfolge oder gar Schlangenbildung von Taschen und Körben vor den Waschmaschinen und Trocknern ist nicht zu erkennen. Überall stehen sie, die Taschen, Körbe, Säcke und Rollwagen, deren Inhalte in einer der nächsten freiwerdenden Maschinen verschwinden sollen. Hier und da wird ein Korb oder eine Tasche verschoben. Eine Art undurchschaubares Waschsalon-Tetris. Was hier wie läuft, ist uns nicht ganz klar und unser Spanisch ist mit dem gewaltigen spanischen Redeschwall dieses Waschsalons vollkommen überfordert. Also beziehen wir erst einmal einen Beobachtungsposten am Zusammenlegetisch und beobachten die Abläufe und das Zusammenspiel. Das Temperament und das Selbstbewusstsein von Spanierinnen jeden Alters ist schon bemerkenswert. Das manifestiert sich nicht nur in wortgewaltigen Unterhaltungen, die man als norddeutsches Seelchen leicht für eine handfeste Auseinandersetzung halten kann, bei der Handgreiflichkeiten nur noch eine Frage von Sekunden sind. Sondern es drückt sich auch in absolut selbstbewusst getragener Mode aus, deren körperbetonte Höhepunkte all das hervorheben und unterstreichen, bei denen das besagte norddeutsche Seelchen doch eher über ein wallendes Verhüllen nachdenken würde. Und dieses Selbstbewusstsein bringt in dem Kampf um die Waschmaschinen eindeutig auch spontane Vorteile, denn selbstverständlichstes Tun jagt dem ein oder anderen dann doch ins Bockshorn.

„Geduld beim Warten auf die Waschmaschine.“

„Geduld beim Warten auf die Waschmaschine.“

Am Ende nimmt uns ein älterer Herr unter seine Fittiche und macht einer der Chicas der Tintorería klar, dass nun erst einmal die eingeschüchterten und zwangsweise geduldigen Deutschen drankommen, und nicht die beiden Damen, die ihren Quereinstieg an den Maschinen wortgewaltig begleiten. Die »TRES« ist nun unsere! Wir müssen sie zwar noch einige Male verteidigen, aber als sie ein junger Mann dann ausräumt, geben wir ihm Deckung, um gleich darauf unsere Wäsche reinzustopfen. Geschafft! Nach knapp einer Stunde ist alles fertig und nun wissen wir auch, warum es Waschtag heißt und nicht Waschvormittag oder -nachmittag.


Böse Überraschung
Den Gedanken, dass nun wirklich alles fertig ist und das Gefühl, dass man noch nie besser gerüstet war als jetzt, sollte man unter allen Umständen vermeiden. Denn es ist immer irgendetwas und es kommt immer anders als man denkt. Kurz nachdem wir Puerto del Rosario verlassen haben und ganz gemächlich auf unserer Kreuz nach Norden dahinplätschern, bekommen Astrid und ich fast zeitgleich eine SMS von Vodafone. Man hätte festgestellt, dass wir unser Datenvolumen in den letzten 4 Monaten überwiegend im EU-Ausland genutzt hätten und deswegen kostet nun ab sofort das MB Datenvolumen 0,29 Cent bzw. das GB 2,97 € zusätzlich. Bei dem uns eigentlich zur Verfügung stehenden Auslands- und EU-Datenvolumen von 30 GB, das wir auch durchaus mal ausnutzen, wären das 90 € extra, was mehr als eine Verdoppelung unserer generellen Handy- und Internetkosten inkl. des Kabelanschlusses zuhause bedeutet.

Ohne Ankündigung und Vorwarnung, zack einfach mal so. Das ist schon etwas mehr als unverschämt. Zumal wir uns seit 2018 regelmäßig mehr als 4 Monate im EU-Ausland aufgehalten und Ende 2020 extra einen neuen Vertrag abgeschlossen haben, der neben dem freien Roaming innerhalb der EU auch noch das Paket des sogenannten »Reiseversprechens« von Vodafone enthält. Ein tolles Versprechen, dass uns gerade jetzt, kurz vor der Überfahrt nach Madeira und auf die Azoren, richtig blöd trifft.

So stehen wir nun von jetzt auf gleich quasi offline da, wenn wir nicht ziemlich tief in die Tasche greifen wollen. Und es hängen ja nicht nur das Hochladen von Blogs und Videos daran, sondern auch solche Dinge wie ApplePay, Banking und jegliche Kommunikation und Korrespondenz. Da wir kaum zuhause sind, läuft ja inzwischen wirklich alles online und gar nichts mehr analog. Das macht das Problem maximal und wir haben noch keine wirklich gute Idee, wie wir dem nun beikommen können. Sicher können wir uns in jedem Land eine Datenkarte besorgen. Was ja auch meist deutlich preiswerter ist als in Deutschland, denn Deutschland ist mobilfunktechnisch wirklich ein teures Pflaster. Das haben wir in Spanien und Portugal ja auch schon einmal gemacht. Das Problem ist nur, dass man erst einmal einen Ort erreichen muss, wo man solche Karten auch bekommt. Und das herauszufinden und auch zu realisieren, ist nicht immer ganz einfach. Und nicht jede Datenkarte kann man via Internet nachladen. Und wenn nicht, dann muss man schon wieder einen Shop finden. Das alles ist wirklich absolut ärgerlich.

Auf der anderen Seite beginnt sich nun vielleicht auch ein Iridium Go! zu rechnen, wenn wir den ganzen, für uns nun vollkommen nutzlosen Vodafone-Kram kündigen. Mit dem Iridium Go! kann man zwar nicht telefonieren und die Übertragungsraten sind auf einem vorsteinzeitlichen Niveau, aber damit hätten wir das Wetter weltweit sicher. Und für den Rest des gesparten Geldes versuchen wir dann, uns jeweils Datenkarten unserer Gastländer zu besorgen. Wir sind gespannt, ob wir demnächst auf deutsche Segler treffen, denen es genauso ergangen ist. Ein Einzelfall sind wir sicher nicht, denn hier auf den Kanaren sind wohl 2/3 der deutschen Segler Liveaboards, die nur alle Jubeljahre mal zurück nach Deutschland fliegen. Dennoch haben fast alle eine deutsche Handynummer.

Machen können wir aber aktuell nichts, deswegen heißt es schon wieder, geduldig einen neuen Plan zu schmieden.


Von Puerto del Rosario, Fuerteventura -> nach Playa Blanca [A], Lanzarote

„Weiter nach Playa Blanca“

„Weiter nach Playa Blanca“

„Puerto del Rosario, vielleicht nicht schön, aber sehr praktisch!“

„Puerto del Rosario, vielleicht nicht schön, aber sehr praktisch!“

Auch unser Schlag von Puerto del Rosario bis vor Playa Blanca erfordert viel Geduld. Eigentlich wollten wir gar nicht bis vor Playa Blanca segeln, aber wir wissen noch nicht, wie wir mit unserer neuen Offline-Situation nun umgehen sollen. Der erste Gedanke war natürlich, sich auf Lanzarote eine spanische Datenkarte zu besorgen. Und da bieten sich eben nur Playa Blanca und Arrecife an. Wir entscheiden uns für Playa Blanca, auch weil es näher ist. Direkt vor unserem geplanten Schlag nach Porto Santo ist es schon ziemlich blöd, nicht einfach mal so Wetter abrufen zu können. Denn die aktuelle Wettersituation wird wieder einmal von zwei weit nach Süden ausholenden Tiefdruckgebieten bestimmt, denen wir gar nicht so gerne in die Quere kommen wollen. Da wäre es gut zu wissen, wann es denn passen könnte. Und ganz abgesehen davon, blicken wir an den Konsequenzen von dem, was da gerade per SMS über uns hergefallen ist, noch gar nicht so richtig lang. Vor Playa Blanca müssen wir auch erst einmal nachdenken, was nun sinnvoll ist und wie wir uns behelfen.

„Auch Puerto del Rosario“

„Auch Puerto del Rosario“

„Irgendetwas zwischen diesig und neblig ...“

„Irgendetwas zwischen diesig und neblig …“

Als guten Segelwind kann man das, was wir ab Puerto del Rosario bekommen, eher nicht bezeichnen. Ein kurzer Blick auf unsere Kurslinie lässt die elende Eierei erahnen. Erst auf Höhe der Isla de Lobos wird es etwas konstanter und wir können Playa Blanca sogar fast direkt anhalten. Aber nicht nur einmal sind wir versucht, den Motor anzuwerfen. Doch am Ende wird unsere Geduld dann doch noch belohnt. So können wir auch die (vermeintlich) letzten Seemeilen auf den Kanaren noch segelnd zurücklegen.

„Die Isla de Lobos“

„Die Isla de Lobos“

„Papagayo im Süden von Lanzarote“

„Papagayo im Süden von Lanzarote“

Die Kanaren sind wirklich kein einfaches Segelrevier. Ohne Frage gibt es Traumsegeltage und auf solche Ereignisse sollte man abends doch mit einem Glas guten Rotwein anstoßen. Die Gefahr, in eine schleichende Alkoholabhängigkeit zu kommen, besteht ganz bestimmt nicht!!! Der Rest ist harte Arbeit gegenan oder man bekommt gehörig einen auf die Mütze, und wenn man so viel Wetterglück hat wie wir, dann bekommt man auch gegenan einen auf die Mütze, wenn nicht gerade eine Flaute erbarmungslos über einen herfällt. Die kleine Collage der letzten vier Segelschläge ist symptomatisch und verschafft einen kleinen Eindruck, wie es ist, wenn man zurück nach Nordosten möchte.

„Typische Kurse auf dem Weg zurück in den Nordosten der Kanaren“

„Typische Kurse auf dem Weg zurück in den Nordosten der Kanaren“

Von den 864 sm, die wir allein dieses Jahr auf den Kanaren unterwegs waren, war die Mehrheit der Seemeilen ganz sicher nicht gemütlich oder gar schmusig. Dennoch sind wir an den 30 Segeltagen nur 81 sm motort und haben so eine ziemlich irre Segelquote von fast 91% erreicht.

„Vor Playa Blanca“

„Vor Playa Blanca“


Warten …
Die schwierigste Form des Wartens ist wohl das Abwarten. Auf unserem allerersten gemeinsamen Törn haben wir damals in Schweden ein nettes älteres Ehepaar getroffen. Und als wir bei Scheißwetter auf Gedeih und Verderb weiter mussten, weil der nächste Übergabetermin drängelte, sagten die beiden: “Och nö, wir warten, bis der Wind wieder schwächer geworden ist und vor allem aus der richtigen Richtung kommt.” Das alles ist schon einen ganzen Augenblick her, aber wir wissen noch sehr genau, dass wir damals beschlossen haben, dass wir diese Freiheit auch mal haben wollen. Einfach warten können, bis es passt, und nicht losknüppeln müssen, obwohl es eigentlich Mist ist.

„Vor der Marina Rubicon vor Playa Blanca“

„Vor der Marina Rubicon vor Playa Blanca“

Und nun? Nun können wir abwarten, merken aber, dass das entspannte Abwarten wohl doch eher zu den höheren Künsten des Fahrtensegelns zählt. Zumindest solange sich das Fahrtensegeln noch um Fahrten und Segeln dreht und man etwas zappelig darauf wartet, wieder einige Seemeilen in seinem Kielwasser lassen zu können.

„Die Wende! Wir haben uns lange gefragt, wie die das machen.“

„Die Wende! Wir haben uns lange gefragt, wie die das machen.“

So haben wir vor Playa Blanca genug Zeit, um uns und unseren Ärger über Vodafone erst einmal zu sortieren. Klar ist, dass uns unser bisheriges Mobilfunk-Paket nicht mehr viel nützt und wir es kündigen werden. Wenn wir schon im EU-Ausland solche Überraschungen erleben, dann wollen wir lieber gar nicht wissen, was sich Vodafone für den Rest der Welt noch so ausgedacht hat. In jedem Fall werden wir zukünftig wohl eher wieder auf lokale Datenkarten, unseren WLAN-Router an Bord und auch auf einen neuen mobilen WLAN-Router setzen. Eine »normale telefonische Erreichbarkeit« über eine feste, deutsche Handy-Nummer hätten wir aber schon gerne. Wie wir das auch außerhalb der EU zu nicht explodierenden Kosten hinkriegen, müssen wir noch mal sehen.

„Einer bei uns ist immer auf Wache!“

„Einer bei uns ist immer auf Wache!“

Vor Playa Blanca können wir uns aber erst einmal über unseren WLAN-Booster in das freie Strand-WLAN einwählen. Das ist zwar nicht wirklich flott, aber erstaunlich stabil. So hilft auch hier etwas Geduld, um an die ein oder andere Information zu kommen und vor allem, um Wetter herunterzuladen. Durch das Strand-WLAN müssen wir nun auch nicht zwangsweise in die Marina Rubicon, um WLAN zu haben. In die Marina müssten wir nur, wenn wir solange auf ein Wetterfenster warten müssen, dass uns das Wasser ausgeht.

„Sundowner vor Playa Blanca.“

„Sundowner vor Playa Blanca.“

Eine kleine Recherche zeigt, dass Vodafone die erst kürzlich verlängerte EU-Roaming-Verordnung wohl »für sich interpretiert« hat. Denn in der neuen Verordnung steht, dass »das Roaming zu Inlandspreisen für die Betreiber wirtschaftlich tragfähig« bleiben muss und der Betreiber ggf. Zusatzgebühren erheben darf, um dies sicherzustellen. In diesem Zusammenhang ist eine Erhöhung der Gebühren seitens Vodafone in Portugal und Spanien schon etwas fragwürdig, denn in Spanien und Portugal kostet das GB rund 50 Cent und nicht 2,97 € plus der Gebühren im Heimatland. Zudem sieht die Verordnung vor, dass der GB-Preis schon 2022 auf 2 € gedeckelt wird und ab 2027 sogar auf 1 € sinken soll. Sicherlich könnte man nun bei Vodafone intervenieren, aber das überlassen wir mal anderen und kündigen unsere Verträge einfach. Der Kunde in Deutschland wird sich sicher nicht über eine solche Deckelung freuen können, denn Vodafone wird das nur auf’s Roaming beziehen. Etwas komisch ist es schon, wenn das Roaming per Verordnung dann preiswerter wird, als der heimische Mobilvertrag.
In Portugal gibt es bei MEO 30 GB für 15 Tage und für 15 €. Und ein »Unlimited« soll es auch recht preiswert geben. Das werden wir auf Porto Santo gleich mal herausfinden, einen MEO-Shop haben wir dort schon ausgemacht. Nun müssen wir nur noch hinkommen.


Von Playa Blanca [A], Lanzarote -> La Graciosa [A]

„Weiter zur Isla de la Graciosa.“

„Weiter zur Isla de la Graciosa.“

Weiter warten …
Und weil das »Weiter warten …« nicht so recht gelingt, beschließen wir, dass wir stattdessen auch versuchen könnten, der Isla Graciosa etwas entgegen zu treiben. Nach viel Wind aus einer passenden Richtung sieht es zwar nicht aus, aber vielleicht liegt die Vorhersage ja auch passend daneben 😬. Von der Isla Graciosa aus wäre dann unser Überfahrtskurs nach Porto Santo etwas nordwestlicher, das wäre in jedem Fall von Vorteil, denn einen echten Nordost soll es wohl auf absehbare Zeit nicht geben. Zurzeit können wir für die Überfahrt nach Porto Santo nur zwischen »geht gar nicht« und »ist irgendwie echt schlecht« wählen. Die nachrückenden Tiefs wollen das Hoch, das früher einmal ein Azoren-Hoch war, einfach nicht nach Nordosten durchlassen und immer wieder streifen ihre Tiefausläufer auch noch Madeira.

Aber die Isla Graciosa gefällt uns ja auch ausgesprochen gut, da macht das Warten sicherlich mehr Spaß als vor Playa Blanca, auch wenn wir auf der Isla Graciosa kein Strand-WLAN mehr haben. Also los.

„Der Faro de Pechiguera im Südwesten von Lanzarote“

„Der Faro de Pechiguera im Südwesten von Lanzarote“

Doch schon die Segelei um die südwestliche Ecke von Lanzarote, auf der der Faro de Pechiguera steht, gestaltet sich ziemlich zäh. Ein kleiner Vorgeschmack auf den restlichen Segeltag. Kaum sind wir am Cabo, wird aus dem anfänglichen Westnordwest langsam ein Nordwest und der Kanarenstrom besorgt den Rest, um uns nicht wirklich vorankommen zu lassen. Wenn schon die Richtung nicht passt, könnte ja wenigstens die Windstärke stimmen. Aber auch da spielt der Wind nur manchmal mit. Ab 6 Knoten wahren Wind beginnt unsere dicke Erna am Wind etwas beständiger zu fahren, sofern keine Wellen sie ausbremst. Doch leider spielt sich das ganze Windgeschehen immer irgendwie um diese Grenze herum ab.

„Der Leuchtturm ist immer noch querab...“

„Der Leuchtturm ist immer noch querab…“

Und je langsamer wir sind, desto effektiver ist der Gegenstrom bei seiner Arbeit. Kaum glauben wir, dass ein Kreuzschlag gelingen könnte, passt es schon wieder nicht mehr. Wir haben ja nichts dagegen, mal etwas beschaulicher zu segeln, aber wenn es über Stunden nicht gelingen will, einen Kreuzschlag mal so zu Ende zu bringen, dass man ein Kap auch wirklich passieren kann, dann erfordert das schon wirklich sehr viel Geduld.

„Lanzarote I“

„Lanzarote I“

So haben wir erst gegen 18:30 den Punta de la Ensenada querab. Ab dort könnten wir etwas nach Osten abfallen, nur leider hat der Wind das bemerkt und dreht weiter auf Nord, ja teilweise sogar auf Nordnordost. Die Schwachwindkreuzerei hat also immer noch kein Ende. Es sind noch 20 sm, bis Mitternacht könnten wir so die Isla Graciosa erreichen. Grundsätzlich ist das nicht schlimm, nur alle halbe Stunde passt der Kurs, den wir gerade hingefummelt haben, nicht mehr. Mal geht’s so rum, mal so rum. Das nervt schon etwas. Es wäre schön, wenn es einfach fahren würde. Dann kann es auch mal länger dauern, aber dies ewige Geeier ist wirklich eine Geduldsprobe für Große.

„Lanzarote II“

„Lanzarote II“

Da wir die Ankerbucht von La Graciosa kennen und man sie einfach direkt von Süden anfahren kann, ist es nicht schlimm, wenn wir erst gegen Mitternacht ankommen. Zudem scheint der Vollmond in seiner vollen Pracht, da werden wir noch nicht einmal eine Taschenlampe brauchen, um etwas zu sehen. Doch dann dreht der Wind auf Nordost und kommt so genau daher, wo wir hinwollen. Noch während wir mit uns ringen, was wir nun machen, nimmt uns allerdings der Wind die Entscheidung ab. Er schläft ein. Mit 2 bis 3 kn ist nun beim besten Willen kein Staat mehr zu machen, auch wenn man ganz viel Geduld mitbringt. Wir rollen die Genua ein, werfen den Motor an und gehen etwas missmutig auf Kurs.

„Die Isla del la Graciosa voraus“

„Die Isla del la Graciosa voraus“

„Vollmondnächte ...“

„Vollmondnächte …“

Die unzähligen rotbraunen Vulkankegel Lanzarotes beginnen in der Abendsonne zu leuchten. Lanzarote ist schon eine besondere Insel, deren schroffe Vulkanlandschaft ihren ganz eigenen Charme hat. Die Fahrt entlang der Küste ist eine kleine Entschädigung für all das Rumgezatter der letzten Stunden. Wir setzen uns aufs Vorschiff und der Autopilot macht den Rest. Teilweise ist die See nun spiegelglatt und hebt sich nur im Takt der langen Atemzüge des Atlantiks. Das Motoren nervt etwas, aber vorn geht es. Wie unglaublich schön wäre es, wenn wir diesen Kurs nun unter Segeln dahinplätschern könnten. Aber selbst das Motorengebrumm kann solchen Momenten nicht viel anhaben.

„Sie geht schon mal ...“

„Sie geht schon mal …“

Wir beobachten die Gelbschnabelsturmtaucher, die heute einen anstrengenden Tag haben. Ohne Wind müssen sie häufiger mit den Flügeln schlagen. Sonst rasen sie minutenlang einfach nur so zwischen den Wellen dahin und nutzen jeden noch so kleinen Aufwind. Diese mit den Albatrossen verwandten Vögel wirken gegenüber den Möwen, die ja auch schon echte Flugkünstler sind, so entspannt und elegant wie nur irgendetwas. Immer wieder haben wir sogar den Eindruck, dass diese lustigen Flugkünstler auch richtig viel Spaß haben, wenn sie so durch die Wellentäler sausen, mit ihren Flügelspitzen über das Wasser streifen oder trippelnd eine Welle als Startrampe nutzen. Unsere Gedanken fliegen mit ihnen in Richtung Madeira. Vor fast acht Monaten sind wir genau hier angekommen und waren nur sechs Wochen zuhause. Nun geht es von La Graciosa über Madeira weiter auf die Azoren. Das ist schon ein tolles Gefühl einer tollen Freiheit.

„... er bleibt noch.“

„… er bleibt noch.“

Um 20:30 ziehen wir noch einmal die Segel. 6 kn Wind aus Westen können wir nicht einfach so ungenutzt verpuffen lassen. Ein kleines Geschenk für unsere Geduld.
Es sind noch 8 sm, wenn wir es in 2 1/2 Stunden unter Segel schaffen, dann wäre das ja ein toller Ausklang dieses Segeltages. Also los. Die Ruhe ist vollkommen, wenn man bei Vollmond und mutterseelenallein mit nur drei Knoten über eine fast glatte See segelt. Schweigend gleiten wir dahin. Unsere Überfahrt darf ruhig ganz ähnlich werden, nur vielleicht dann doch etwas schneller.

„Lanzarote bei Nacht“

„Lanzarote bei Nacht“

Und tatsächlich schaffen wir noch die Hälfte unter Segeln, dann geht dem Wind aber endgültig die Puste aus. Um 22:45 fällt unser Anker nach 45,1 sm genau auf der Stelle, wo er schon zweimal im Sand der Ankerbucht von La Graciosa gesteckt hat. Die Bucht ist erstaunlich gut belegt. Rund zehn Schiffe liegen hier vor Anker. Vielleicht alles Wartende auf die Überfahrt nach Madeira und weiter. Und nun beginnt wirklich das Warten, denn der nächste Schlag hat einen Kurs von 328° und 270 sm.

„Am nächsten Morgen. Da sind wir wieder!“

„Am nächsten Morgen. Da sind wir wieder!“


Stationen:

11.05. Puerto del Rosario -> Playa Blanca [A] 32,7 sm
12. -> 13.05. Playa Blanca [A]
28° 51′ 36,5″ N, 013° 49′ 36,7″ W

14.05. Playa Blanca [A] -> Isla Graciosa [A] 45,1 sm
29° 13′ 05,2″ N, 013° 31′ 47,8″ W