La Parguera -> Gilligans Island – Isla Caja de Muertos
Distanz: 55,3 sm – Gesamtdistanz 2025: 4.142,3 sm
Um 10:00 ist der Wind überraschend günstig. Über Puerto Rico stehen zwar schon die ersten dicken Quellwolken, aber bei uns scheint noch die Sonne. Dadurch können wir diesmal bei der Ausfahrt all die Untiefen viel besser sehen.

„Die Bucht von La Parguera ist groß, hier könnte man hinter all den kleinen Inselchen noch einige Tage verbringen.“
Nachdem wir uns aus der Bucht von La Parguera herausgefummelt haben, geht es mit dem Südost in zwei langen Schlägen geradewegs in die Bucht hinter Gilligans Island westlich von Guánica. Heute passt der Wind noch recht gut, um nach Osten voranzukommen. Das wird sich laut Vorhersage in den nächsten Tagen allerdings ändern, denn wir sollen einen strammen Ostwind bekommen. Damit wird unser Ostkurs an der Südküste zu einer echten Aufgabe. Doch es hilft nichts, Zeit zum Abwarten ist nicht mehr und so werden wir wohl wie die Weltmeister kreuzen müssen.
Doch heute haben wir noch ein leichtes Spiel. Vor der Küste ist es ein wunderbarer Segeltag, während sich über Puerto Ricos schon ordentlich etwas zusammenbraut. Mal sehen, was daraus noch wird…
Vor Guánica nehmen wir nicht die betonnte Einfahrt der Großschifffahrt, sondern segeln direkt durch die Riffausläufer von Gilligans Island. In der Sonne sind die Untiefen gut zu erkennen.

„Die Einfahrt hinter Gilligans Island ist einfach. Hier und da schwappt es rechts und links und dazwischen geht's durch.“
Die Bucht hinter Gilligans Island ist toll und absolut geschützt. Diesmal liegt noch ein weiterer Segler mit uns in der Bucht. Auf der Festlandseite stehen nur am Punta Jacinto einige Häuser und im Westen davon liegt ein Ferienpark. Die gesamte Bucht hinter Gilligans Island ist ansonsten unbebaut und wird von Mangrovenwäldern gesäumt. Es ist eine ruhige Bucht ohne Touristentrubel und mal ohne die Nerverei der Jet Ski-Fahrer.
Doch so schön die Bucht auch ist, das Wetter wird schlechter.
Da Puerto Rico ja ein Ableger des Landes der unbegrenzten Möglichkeiten ist, hatten wir gedacht, dass es mit dem Internet an keiner noch so abgelegenen Stelle hapert sollte. Doch weit gefehlt. Das puertoricanische Claro-Netz, das eigentlich das beste auf der Insel sein soll, hustet und stottert ständig und schon kurz vor der Küste wird der Empfang zur reinen Glücksache. Nicht nur einmal haben wir uns da schon das deutsche Mobilfunknetz herbeigewünscht, obwohl das in Deutschland ja wohl kaum einer glauben mag.
Doch hinter Gilligans Island muss irgendwo versteckt eine Mobilfunkantenne stehen, denn wir haben besten Empfang. So einen Glücksfall muss man nutzen und so beginnen wir mal, nach Antifouling zu recherchieren. Dass wir die PINCOYA mit einem neuen Anstrich beglücken müssen, steht außer Frage. Aber welches Antifouling bekommen wir in der Karibik und welches verträgt sich mit unserem Seajet 033. Die ganze Sache ist nicht ganz so trivial, denn selbst die Verträglichkeitsangaben in den Tabellen von Seajet-Europa und Seajet-US unterscheiden sich 🥺. Wobei es bei den Seajet-Verträglichkeitstabellen ja streng genommen immer nur darum dreht, auf welches fremde Antifouling man neues Seajet-Antifouling streichen kann und nicht umgekehrt. Wir werden aber ein anderes Antifouling über unser Seajet streichen müssen, denn in der Karibik gibt es kaum Seajet-Produkte und wenn, dann schon mal gar kein 033. Das Seajet 033 scheint hier entweder unbekannt oder aufgrund von Regularien nicht zugelassen zu sein. Doch irgendwelche Verträglichkeitstabellen anderer, meist US-amerikanischer Hersteller finden wir kaum und wenn wir sie finden, enthalten sie alles, aber keine Angabe zu Seajet-Produkten.
Es ist zum Mäuse melken, denn wenn wir meinen, irgendein passendes Produkt in der umgekehrten Suche gefunden zu haben, dann stehen wir vor dem nächsten Problem, es hier in der Karibik überhaupt zu bekommen. Wie einfach wäre es gewesen, einfach einige Eimer mitzunehmen. Doch aus irgendwelchen Gründen, haben wir es nicht gemacht, obwohl wir 2023 genau das schon einmal so gemacht hatten. 😩
Nun könnte man ja auf die Idee kommen, sich zwei Eimer einfach aus Europa schicken zu lassen, aber Farben sind Gefahrguttransporte und fliegen nicht mal einfach so in die Karibik. Und was das dann bedeutet, kann man sich schnell selbst ohne Phantasie an zwei Fingern ausrechnen.
Irgendwann nach Mitternacht finden wir die Firma Wind auf Martinique und wie durch ein Wunder führt diese Firma alle (!) Seajet-Produkte. Vive la France! Was sollten wir in der Karibik nur ohne die Versorgung auf den französischen Inseln machen? Mit diesem Erfolg gehen wir schlafen und schreiben gleich am Morgen beim ersten Gutenmorgenkaffee eine Anfrage. WebPages sind ja manchmal doch etwas zu überschwänglich, wenn es um das Angebot und eine mögliche Lieferung geht. Also fragen wir lieber mal direkt an. Denn wenn wir schon Seajet 033 kriegen, dann wollen wir möglichst auch ein Döschen 2K-Primer haben, um das Antifouling etwas höher zu ziehen. Denn unsere dicke Erna hat etwas Übergewicht und da ist es ganz gut, wenn der Wasserpass nicht knapp und knirsch auf Höhe der Wasserlinie liegt.
Wir kreuzen zur Isla Caja de Muertos
Am Morgen ist das Wetter ziemlich betrübt. So warten wir erst einmal einen leichten Nieselregen ab, bevor es weitergeht.
Mit der freundlichen Unterstützung einiger Squalls frisch es draußen schnell auf. Doch der westsetzende Strom versaut uns erbarmungslos unsere Wendewinkel. Mit dem strammen Ost hätten wir zwar genügend Druck in den Segeln, um gut voranzukommen, doch der Gegenstrom macht die ganze Sache schon recht zäh.
Zudem laufen auch die Wellen auf unseren Südkursen ziemlich genau von vorn ein. Immer wieder droht sich die PINCOYA festzustampfen. Das kostet Fahrt, wodurch uns der Strom noch etwas effektiver zurückdrängen kann. In den Squalls, die auch noch mit einigem Schüttregen daherkommen, nehmen wir die Fock. Das ist bequemer, denn so müssen wir nicht immer die Genua für jede Wende einrollen. Doch nach den Squalls reicht der Segeldruck der Fock einfach nicht mehr aus, um noch ordentlich voranzukommen und so wir müssen wieder auf die Genua wechseln.
Dass sich bei diesen Bedingungen der Spaß in Grenzen hält, überrascht wohl kaum einen. Dennoch kreuzen wir uns tapfer voran. Es ist nur gut, dass wir zu diesem Zeitpunkt noch nicht wissen, dass diese harten Kreuzkurse ab heute für volle vier Wochen unseren Segelalltag bestimmen werden. Es hilft der Zuversicht, wenn man manche Dinge nicht schon vorher weiß und man seine Hoffnung nur allzu gerne an das Wetter von morgen klebt 😇. Denn gleich morgen wird der Wind bestimmt wieder etwas günstiger drehen und der Gegenstrom wird dann auch etwas nachgelassen haben 🙄.
Gegen 17:30 stellt sich die Frage, ob wir die Isla Caja de Muertos überhaupt noch schaffen können. Im Hellen sicher nicht, doch unser Sportsgeist ist geweckt, auch weil zwei Segler auf gleichem Kurs stumpf gegenan motoren. Das wollen wir nicht, schließlich haben wir ein Segelboot und sind ja auch zum Segeln aufgebrochen.
Nach acht Wenden können wir dann endlich auf Kurs in Richtung der Isla Caja de Muertos gehen. Wenigstens mehr oder weniger, denn unsere Kurse sind ja eher eine Wette auf passende Winde als ein mit dem Lineal gezogener Zieleinlauf. Währenddessen verfliegt die Zeit und das Gefühl voranzukommen wird nicht gerade überschwänglich. Seit Stunden haben wir diese Isla vor der Nase, aber ist sie seitdem wirklich nennenswert größer geworden? Es ist ein mühsames Vorankommen und so futtern wir unterwegs erst einmal die letzten schon angebratenen Marlin-Medaillons auf. Die sind immer noch total lecker, doch nun ist es auch mal Zeit für eine kleine »Marlin-Pause«. 3,5 kg haben wir noch eingefroren, doch die können nun auch noch etwas länger warten.
Insgesamt ist es ruhiger geworden. Der Regen ist abgezogen und der Wind hat abgenommen. Nur leider kümmert das den Strom herzlich wenig. Mit einer bemerkenswerten Verlässlichkeit macht er uns weiterhin das Vorankommen schwer. Um 20:00 kommen wir nach 38 sm und 9 teilweise recht widerwilligen Kreuzschlägen vor der Isla Caja de Muertos an. Es war schon ein ordentliches Stück Arbeit, es unter Segeln bis vor die Insel zu schaffen. Luftlinie wären es nur knapp 20 sm gewesen. Bei günstigen Winden liegen die in 4 Stunden im Kielwasser, wir haben nun 10 Stunden gebraucht. Wind gegenan ist ja schon so eine Sache, wenn dann aber noch der Strom gegen einen läuft, wird’s wirklich zäh und etwas unschön.
Doch nun ja, es ist geschafft und wir sind rechtschaffen müde. Ohne Zweifel wird die Capitana morgen einen Muskelkater haben, denn sie hat fast in jeder Wende die Genua mit der Winsch wieder dichtgeholt. Nur zwei Wenden konnten wir mit der Starkwindfock fahren. Klar hätte auch der Schiffsjunge kurbeln können, aber die Capitana ärgert sich schon länger darüber, dass ich mit nur einem Arm einfach so kurbele und die Winsch sich für sie nur widerwillig mit zwei Armen drehen lässt. Also Muckibude zur See und Muskelkater am morgen. Wenn das so weitergeht, habe ich schon eine Idee für ein Geburtstagsgeschenk für die Capitana. Ein Muscle-Shirt wäre bestimmt genau das Richtige, denn ihre normalen T-Shirts werden bis dahin am Oberarm sicher schon aufgeplatzt sein 😂.
Und mal sehen, was uns morgen auf der Isla Caja de Muertos erwartet, immerhin ist es ja die »Insel mit der Kiste der Toten«. Gruselig! Ein Friedhof? Es ist ja schon dunkel, aber auch um Mitternacht sehen wir keine Irrlichter unruhiger Piratenseelen umherwandern 😂.
Isla Caja de Muertos
Am Morgen liegt die Isla Caja de Muertos in strahlendstem Sonnenschein vor uns. Doch so schön soll es nicht bleiben, also nutzen wir schnell die Gunst der Stunde.
Früher gab es auf der Isla Caja de Muertos ein Restaurant, doch das wurde nach einem Erdbeben aufgegeben. Die Überreste und die Pier kann man schon von weitem sehen, doch der Zahn der Zeit nagt erstaunlich schnell an dem, was der Mensch vielleicht nicht für die Ewigkeit, aber doch mal für etwas länger erschaffen hat.
Heute ist die Isla Caja de Muertos unbewohnt und verwildert so vor sich hin. Eigentlich gar nicht so schlecht, denn so wird dieses Naturparadies nach und nach wieder von der Natur übernommen.
Im Norden der Insel steht ein Leuchtturm und eigentlich hatten wir die Idee, dorthin zu wandern, um mal von oben herunter zu sehen. Doch den Weg, den es früher einmal gab, hat sich die Natur schon vollständig zurückgeholt. Er ist zugewuchert und schon nach 200 m ist absolut keine Durchkommen mehr. Kakteen und anderes Stachelzeug machen den Leuchtturm zu einer Art Dornröschen Schloß. Vielleicht wäre am östlichen Strand noch ein Durchkommen, aber ob man dann vom Strand bis hoch zum Leuchtturm kommt, weiß auch keine Socke.
Also nehmen wir den südlichen Berg in Angriff. Das geht einfacher, wenigstens anfangs. Die Aussicht über die Insel und die Bucht ist atemberaubend. Aber im Osten sehen wir auch, was da schon wieder auf uns zukommt. Die Capitana bleibt auf halber Höhe zurück und ich klettere bis zum Gipfel. Von einem Weg kann dabei kaum die Rede mehr sein, die steile Kraxelei führt über messerscharfes Vulkangestein. Es ist schon erstaunlich, wie die dünnen messerscharfen Grade dieser Vulkanfelsen Jahrmillionen überdauern und immer noch so scharfkantig wie ein japanisches Gemüsemesser sind, während wenige Meter darunter Betongebäude nach einer Hand voll Jahren schon vollkommen zerbröseln.
Unser Ausflug über die Isla Caja de Muertos ist ein absolutes Highlight, nur angesichts der Wetteraussichten machen wir uns dann doch schon bald auf den Weg nach Salinas.
Gilligans Island
17° 56′ 53,8” N, 066° 52′ 15,1” W
Isla Caja de Muertos
17° 53′ 28,9” N, 066° 31′ 45,5” W