Cayos de Barca -> Puerto Pastillas -> Punta Boca Quebrada, Isla de Vieques -> Isla de Culebra
Distanz: 104,7 sm – Gesamtdistanz 2025: 4.272,7 sm
Durch den Höllenschlund und weiter
Da das Wetter nun schon seit Tagen ab Mittag ein riesiges Theater veranstaltet, beschließen wir, in aller Herrgottsfrühe zu starten. Vielleicht schaffen wir es ja, bevor es wieder losgeht. Um abzukürzen, entscheiden wir uns für die östliche Riffdurchfahrt. Erst war uns das suspekt, denn immerhin heißt die Durchfahrt ja »Boca del Infierno«, was wohl ganz treffend mit »Höllenschlund« übersetzt werden kann. Doch schon gestern sind zwei Katamarane durch den Höllenschlund gefahren und auch Tito hat uns versichert, dass man dort selbst mit 2 m Tiefgang problemlos durchkommt, wenn man schön in der Mitte zwischen den Felsen bleibt. Immerhin spart uns die Durchfahrt ja auch 7 sm und das schon ohne Kreuzschläge. Außerdem ist das Wetter ruhig und wenn wir vorsichtig fahren, kann eigentlich mit unseren 1,65 m nichts schief gehen.
Also los und durch. Gemeinsam beobachten wir die Wellen, die Sonne steht am Morgen allerdings etwas ungünstig dafür. Doch der Höllenschlund zeigt sich von seiner ruhigen Seite, obwohl er bestimmt auch anders kann, wenn hier mal richtig Wind draufsteht. Kleine Wellen plätschern links und rechts über die Riffkanten und an der flachsten Stelle sind es immer noch 3,5 m. Dennoch ist es immer wieder ein komisches Gefühl, doch das hatten wir ja nun schon bei so einigen Durchfahrten.
Kurz nach dem Boca del Infierno frischt es auf und der ersehnte Nord lässt uns geradewegs nach Osten segeln 👍 🥳! Doch die Freude währt nicht lange, denn die Südküste Puerto Ricos macht es einem nicht wirklich leicht, wenn man nach Osten vorankommen will. Aus dem Nord wird ein Ostnordost und das restliche Theater erzählt unser Track ganz gut.
Schon früh entwickeln sich auf See mächtige Squalls, wobei es über Puerto Rico selbst noch gar nicht so sehr quillt. Also schnell in der Hoffnung eine Wende, dass wir der dicken Wolkenwand draußen in Landnähe besser entkommen. Unser Track lässt erahnen, wie wir kämpfen. Und damit sind wir sogar auch recht erfolgreich, denn wir bekommen nur den Wind mit 20+ ab, aber keinen Regen.
Die Bucht von Puerto Pastillas sieht offen aus, doch ein weitläufiges Riff schirmt sie im Osten ganz wunderbar gegen den Schwell ab. Aber man muss wirklich rum und deutlich dahinter. Unsere Seekarten geben dazu nicht viel her und beglücken uns wieder einmal mit dem hübschen Hinweis »The areas are approximate due to generalizing for clarity. Caution is advised, particularly for near shore navigation.« Na super, bei so viel »clarity« kann uns ja gar nichts mehr passieren 🙂. Also tasten wir uns rein und wir sind guter Dinge, denn wir sind nicht die einzigen hier.
Schon während der Einfahrt in die Bucht nimmt der Seegang deutlich ab und hinter dem Riff liegen wir wirklich bestens. Unseren Anker brauchen wir nicht einzufahren, das übernimmt diesmal der Wind. Zwei Schleuderkurse reichen und schon sitzt er.
Die Bucht ist toll, viel schöner als die bei Salinas. Da machen wir uns gleich noch mal ein Sternchen in die Karte, um wiederzukommen. In Puerto Pastillas scheint es auch kein Problem zu sein, mit dem Dinghy anzulanden, und auf dem Riff scheint man auch richtig weit herausgehen zu können. Wenigstens stehen dort Angler und die müssen da ja auch irgendwie dort hingekommen sein.
Doch uns drängt die Zeit und wenn wir auf der Wetterkarte mal einen Blick in Richtung Martinique werfen und uns fragen, wie wir dort in den nächsten 14 Tagen mit dem angekündigten Wetter überhaupt hinkommen sollen, dann fällt uns dazu ehrlich gesagt nicht viel ein. Die Wetterlage ist wirklich vertrackt. Wie schön wäre mal ein Wind mit wenigstens etwas Nord drin. Doch danach sieht es im Augenblick wirklich nicht aus.
Abgebogen zur Isla de Vieques

„Von Puerto Pastillas -> zur Isla de Vieques. Die gefalteten, grünen Berge von Puerto Rico sehen in der Morgensonne immer am eindrucksvollsten aus.“
Wieder früh raus! Heute soll es eigentlich bis hinter die Isla Piñeros gehen. Die liegt im Südosten von Puerto Rico und damit hätten wir dann die Südküste geschafft. Doch so sehr wir uns auch bemühen, früh loszukommen, wir sind die Letzten 🥺. Und wir werden auch die Letzten bleiben, weil wir wieder einmal die Einzigen sind, die es unter Segeln versuchen. Doch diese Dickköpfigkeit wird heute zu einer echten Prüfung. Einer Prüfung unserer Segelkünste, einer Prüfung unserer Geduld und vor allem einer intensiven Prüfung unserer Wasserdichtigkeit. Und ohne etwas vorwegnehmen zu wollen, unsere Segelkünste reichen nicht aus, unsere Geduld wir arg strapaziert, doch die Capitana und der Schiffsjungen bekommen das Gütesiegel »100% waterproof up to 5 hours in heavy rain«. Das ist ja auch schon mal was 😊!
Da der Wind etwas auf Nordost gedreht hat und wir tagsüber die übliche Drehung in Richtung Südosten erwarten, sind wir guter Dinge, den vorletzten Schlag bis Culebra auch ganz prima hinzukriegen. Allerdings läuft uns auf unseren Südostkursen die Welle exakt entgegen und die PINCOYA kommt immer wieder aus dem Tritt. Und je weiter wir rauskommen, desto höher werden die Wellen.
Auf den Kreuzkursen in Richtung Küste sind wir gleich eineinhalb Knoten schneller. Dann läuft es prima, nur leider kommen wir der Küste auch viel zu schnell wieder näher und müssen gleich schon wieder die nächste Wende machen. Auf dem vierten Kreuzschlag beginnt der Wind zu drehen und im Osten zeigt sich auch gleich der Grund dafür. Ziemlich bedrohlich schwarz steht dort eine Wolkenwand. Das alles sieht nicht wirklich gut aus, doch wir hoffen mit dem Ostsüdost, die letzten 20 sm bis hinter die Isla Piñeros noch gut zu schaffen.
Nach und nach entwickeln sich Wind und Wetter zu etwas, das man auf See eigentlich gar nicht haben möchte. Stunde um Stunde kämpfen wir uns Seemeile um Seemeile voran. Es ist wild, ungemütlich und vor allem nass von oben und auch von unten. Doch am Ende bricht uns der Gegenstrom das Genick. Das Escollo de Arenas zieht sich im Nordwesten der Isla de Vieques gut 3,5 sm in Richtung Puerto Rico und lässt nur eine schmale Durchfahrt von zwei Seemeilen zwischen den Inseln übrig.
Kurz vor der Engstelle dreht der Wind auch noch auf Ostnordost. Es ist überhaupt kein Vorankommen mehr und weil auch wir manchmal bockig sein können und etwas herbeizwingen wollen, was eigentlich nicht herbeizuzwingen ist, versuchen wir es ab 14:00 mit Motorunterstützung.
So kommen wir zwar ab und zu mal mit 3 kn voran, doch zu oft auch nur mit deutlich weniger. Mit spaßigem Segeln hat das alles schon lange nichts mehr zu tun. Es strömt und schüttet wie Hulle. Die Motorunterstützung bringt fast gar nichts 🥺. Vielleicht hätten wir in den letzten Wochen doch mal wieder die Seepocken von der Schraube kratzen sollen. Die muss voll sitzen, anders können wir uns unseren Misserfolg gar nicht erklären.
Um 14:30 brechen wir ab und versuchen knapp und knirsch, vor der Westküste der Isla de Vieques etwas Schutz in der Abdeckung zu finden. Um 16:30 haben wir es geschafft und im strömendsten Schüttregen fällt unser Anker. Eine halbe Stunde später hört es auf zu regnen. Kurioserweise nur auf unserem Ankerplatz, rings um uns herum schüttet es weiter.
Wir triefen, als ob man uns gerade aus dem Wasser gezogen hat. Morgen müssen wir nicht nur tauchen, sondern auch erst einmal wieder trocknen.
Seitdem wir vor 9 Tagen im Südwesten Puerto Ricos das Cabo Rojo gerundet haben, haben wir uns fast täglich Kreuzschlag für Kreuzsschlag nach Osten vorangearbeitet. Das war keine leichte Sache und schon auch ziemlich anstrengend. So ist nun bei uns tatsächlich die Luft etwas raus und wir bräuchten mal 2 oder 3 Tage Pause. Pausen, die wir eigentlich eingeplant hatten, die aber nun von den langen Segeltagen restlos verschlungen wurden. Klar war das auch selbstverschuldet, denn wir hätten ja auch wie alle anderen einfach gegenan motoren können. Doch das wäre dann doch zu sehr gegen unsere Seglerehre gegangen. Dennoch ist auch unser Segelschnitt auf den bisherigen 360 sm rund um Puerto Rico nicht wirklich berauschend, denn auch wir haben davon schon 60 sm unter Motor gemacht. Meistens waren es die Ein- und Ausfahrten, doch die ein oder andere Wegesseemeile ist auch dabei.
Ohne Frage haben wir für Puerto Rico schlicht zu wenig Zeit eingeplant. Vier Wochen sind einfach zu kurz. Sechs oder sieben Wochen muss man sich schon gönnen, um Puerto Rico wirklich entspannt zu runden. Und nun liegt immer noch die letzte Etappe bis Culebra vor uns und die wird auch noch so ein Nümmerchen.
Tauchen und trocknen …
Der nächste Tag beginnt genauso, wie der letzte aufgehört hat. Gewitter und Regen mit hochsommerlich hanseatischen Temperaturen um 23°. Das geht nun schon seit mehr als einer Woche so. Über den Virgins hat sich eine Welle mit einer Störung festgesetzt, die ums Verrecken nicht wegziehen will. Stattdessen hat sie sich wohl zum Ziel gesetzt, sich vollkommen und restlos auszuregnen. So macht uns Puerto Rico inzwischen den Abschied nicht allzu schwer. Das ewig schlechte Wetter kann einem auch die Freude an eigentlich schönen Segelrevieren vermiesen. Seit La Parquera vergeht kein Tag ohne heftige Gewitter und Regen. Da hat man wirklich irgendwann die Nase voll. Abgesehen davon ist Puerto Rico, ähnlich wie Barbados und Tobago, ja auch nicht gerade ein Fahrtenseglerrevier, das mit herausragender Infrastruktur punkten könnte.
Doch Abhauen ist leichter gesagt als getan, denn die Wetterlage ist echt vertrackt. Es hilft einfach nicht, wenn es mal für einen halben Tag so aussieht, als ob wir ganz gut nach Südosten entkommen könnten. Denn ein halber Tag reicht einfach nicht, wenn wir danach den Wind wieder genau auf der Nase haben oder in einem umlaufenden Nichts stecken bleiben.
Mit der Tauchaktion müssen wir warten, bis der Schüttregen aufgehört hat. Der Hookah-Kompressor braucht den Generator und beide können wir nicht einfach in den Regen stellen, denn das Bimini ist mit diesem Regen absolut überfordert.

„Auf Tauchtour. Und wenn man sich fragt, was ich da auf dem Kopf habe… Das ist ein Stück Neopren unter einer Badekappe, denn die Seepocken am Rumpf schlitzen bei der leichtesten Berührung auch die Kopfhaut auf.“
Nach dem Regen starten wir allerdings sofort mit unserer Tauchaktion. Auf der Schraube sitzen unerwartet wenige Pocken, dann muss der Gegenstrom gestern wohl doch echt heftig gewesen sein. Insgesamt bleibe ich 40 Minuten unten und mache auch noch das hintere Drittel es Unterwasserschiffes und das Ruder sauber. Mehr geht nicht und schon gar nicht weiter vorn, denn die Strömung ist stark. Ohne das Ruder oder den Saildrive in den Arm zu nehmen, geht gar nichts.
Das Tauchen geht inzwischen ganz gut, besonders wegen der neuen Maske. Aber optimal ist das alles immer noch nicht. Vielleicht habe ich auch einfach eine zu dicke Nase 😳. Unter der Nase kommt immer etwas Wasser rein, auch wenn ich meinen Dreitageschnauzer wegrasiere, was mich hinterher zwei Tage etwas putzig aussehen lässt. Ein unschätzbarer Segen sind übrigens die Schnittschutzhandschuhe, die Köche sonst beim Gemüseschneiden tragen. Sie schützen bestens vor den messerscharfen Seepocken und ich kann mich nun einfach irgendwo festhalten, ohne hinterher blutige Finger zu haben.
Danach laden wir schnell noch die Batterien etwas und machen Wasser. Und um 15:00 bricht das tägliche Unwetter wieder los. Wäre es nur 5° kühler, könnten wir auch in Schottland sein. Die Konturen der Palmen und Mangroven verschwinden im Regengrau und lassen nur einen blassgrünen Streifen zurück, hinter dem auch Schafe und Kühe stehen könnten.
Zurück nach Culebra
Der Weg von unserem Ankerplatz bis zur roten Tonne am nördlichen Ende des Escollo de Arenas ist einfach. Eigentlich könnten wir das Riff auch schon zwischendrin queren, aber wir trauen uns dann doch nicht. Es strömt immer noch, aber nicht mehr so heftig wie gestern. Dann geht’s auf die lange Kreuz nach Culebra. Und wir haben Glück. Viel Glück. Erstens passt der Wind zum Kreuzen immer besser und zweitens lassen wir den Regen immer knapp hinter uns.

„Diese kleinen hässlichen Felsen liegen hier an einigen Stellen herum, verraten sich aber recht gut mit ihren Wellen.“
Nach genau 10 Stunden ist es geschafft, wir sind genau dort, wo wir vor einem Monat unsere Puerto Rico-Runde begonnen haben.
Der Weg im Norden von Puerto Rico nach Westen war einfach, auch wenn es dort nichts gibt, wo wir noch einmal hin wollen. Der Weg zurück an der Südküste war seglerisch eine echte Herausforderung. Doch dort liegen nun auch viele Ziele, für die wir gerne noch einmal etwas mehr Zeit hätten. Das Wetter war oft grenzwertig und wir hätten es schon gerne etwas freundlicher gehabt. Doch wenn wir nun einige Wochen später ab und zu noch mal auf die Wetterkarte gucken, hat sich auch heute an den täglichen Gewittern noch nicht viel geändert. Vielleicht war unsere Zeit durch die Tiefdruckdelle über den Virgins tatsächlich etwas heftiger, doch einen großen Unterschied gibt es bei den Gewittern auch im Juni noch nicht.
Die Steppnaht, die wir an der Südküste ins Wasser gesegelt haben, war schwierig, macht uns aber auch stolz. Im Nachhinein ein wunderbarer Segeltrack.
Am Dienstag atmen wir auf Culebra noch einmal durch und tanken. Denn Tanken macht auf Puerto Rico wirklich Spaß. Der Liter Diesel kosten nur 85 Cent. Das letzte Mal haben wir vor 9 Monaten getankt, so lohnt es sich, spart richtig und macht so noch etwas mehr Spaß.
Puerto Patillas
17° 58′ 34,8” N, 065° 59′ 47,2” W
Punta Boca Quebrada, Isla de Vieques
18° 05′ 56,9” N, 065° 34′ 31,2” W
Ensenada Honda, Isla de Culebra II
18° 18′ 19,4” N, 065° 17′ 51,3” W