Energieeffizienzklasse Ω – minus


In unserem Urlaub hatte er es ja noch gemacht. Auch wenn er noch nie ein wirkliches Sparwunder war und unser Norwegenurlaub ihn auch nicht vor mediterrane Herausforderungen gestellt hat. Aber er hat es gemacht und fleißig für uns all die Dinge gekühlt, die sonst schnell gammeln oder warm doch nicht so richtig süffig sind. Unterkühlt war er dabei nie, aber energetisch hat er gerne schon mal das verbraucht, was die Solarzellen und das Windrad erst noch gemeinsam produzieren wollten. Doch seit Ende August ging seine kühlende Energiebilanz deutlich gegen Null und am Ende produzierte er aus den munteren 6 Ah, die er sich Stunde um Stunde genehmigte, nur noch etwas Abwärme und ein zunehmend nerviges Brummen.

Sieht man mal von der Logge und dem Windmesser ab, deren Austausch ja ohnehin schon geplant ist, dann ist unser Kühlschrank nun das letzte elektrische Gerät aus Vorbesitzerzeiten, das noch ausgetauscht werden möchte. Danach sind wir durch und alles Elektrische ist einmal neu gekommen.

Es war aber gar nicht so einfach, für unseren Isotherm-Rentner Ersatz zu finden. Alle Kühlschrankhersteller haben offensichtlich den dicken Hintern heutiger Yachten hinterher produziert. So passen zwar die Höhe und Breite von 80 Liter Kühlschränken problemlos in das Loch, das unser Kühlschrankruheständler hinterlässt, aber die neue Generation kühlungswilliger Schränke ist durchweg etwas fülliger im hinteren Teil ihrer unterkühlten Tiefe. Allein dies herauszubekommen, war schon recht schwierig. Die Frage nach den Außenmaßen eines Einbaukühlschranks scheint die wenigsten Online-Händler auch nur im Mindesten zu bewegen, wohingegen die genauen Innenmaße eines Gefrierfachs von existenzieller Bedeutung zu sein scheinen. Aber das Internet wäre nicht so inter nett, wenn es nicht auch diese Tiefeninformationen irgendwann preisgeben würde. Das Resultat war allerdings ernüchternd, denn fast alle Kühlschränke in unserer Größenordnung passen zwar in den Schrankausschnitt, aber ebensoviele sind eben doch einfach etwas zu tief und schauen dann vorn so um die 5 bis 8 cm heraus.

„Der Isotherm hat seinen letzten Kühlungswillen ausgehaucht, aber alle neuen Modelle sind zu tief ☹️.“

„Der Isotherm hat seinen letzten Kühlungswillen ausgehaucht, aber alle neuen Modelle sind zu tief ☹️.“

Eine Sichtprobe bestätigt unsere Vermutung. Ziehen wir den alten Kühlschrank 5 bis 8 cm nach vorn heraus, dann sieht das einfach nur schlimm aus. Einen solchen Anblick halten wir im nächsten Jahr definitiv keine 6 Monate aus.
Also suchen wir weiter und vergleichen die Maße. So richtig viele verschiedene Hersteller gibt es ja am Ende auch nicht. Oft werden identische Modelle nur unter einem anderen Namen vertrieben. Fündig werden wir dann aber doch bei Allpa. Die haben einen Einbaukühlschrank mit separatem Kompressor und, was soll man sagen, die Maße passen! Den bestellen wir dann über den Bootsbedarf-Nord und bekommen auch schon wenige Tage später die Nachricht, dass wir nun das gute Stück abholen können.

„Nur der von Allpa passt ?, leider aber nicht in Henry ?.“

„Nur der von Allpa passt ?, leider aber nicht in Henry ?.“

Doch dann die Ernüchterung. Dieser Kühlschrank passt zwar vermutlich, hoffentlich und ganz bestimmt in das Kühlschrankloch auf der PINCOYA, aber nicht in Henry. Nun ist Henry ja eigentlich ein fast ausgewachsener Kombi, aber doch irgendwie noch nicht so ausgewachsen, dass wir den Allpa-Kühlschrank fachgerecht aufrecht transportieren können. So stehen wir um 16:23 im strömenden Regen in Stockelsdorf und der Zollstock schüttelt ein ums andere Mal den Kopf, wenn es darum geht, ein passendes Plätzchen zum Aufrechttransport unseres neuen Kühlschranks zu finden. Auf dem Rücken spüre ich, wie sich der Bindfadenregen, der pünktlich zum Verladen eingesetzt hat, durch mein Sweatshirt arbeitet. Klasse! Ein Liegendtransport ginge problemlos, aber der empfiehlt sich für Kühlschränke eben erst, wenn sie ihren letzten Kühlungswillen ausgehaucht haben. So wie unser Isotherm-Rentner, aber unser neuer Kühlschrank ist jung und vital und möchte unbedingt aufrecht transportiert werden.

Am Ende sitzt er dann neben mir auf dem Beifahrersitz und Astrid muss sich hinter mir zwischen die übrigen Plünnen quetschen. Da komme ich zur Zeit mit meinem vermackelten Knie nicht hin, also muss Astrid nach hinten und ich muss fahren. Und damit der Herr Kühlschrank am Ende überhaupt auf den Beifahrersitz Platz nehmen kann, mussten wir seinen Verpackungskarton etwas „umgestalten“. Doch genau das macht uns nun kein richtig gutes Gefühl, denn nach all der Kühlschranksucherei sind wir doch immer noch nicht ganz sicher, ob wir nicht doch beim Ausmessen eine klitzekleine Kleinigkeit übersehen haben. Mit einem individuell hingeschnitzten Originalverpackungskarton wird der Umtausch wegen Passungsproblemen ganz bestimmt nicht einfacher.

„Der Isotherm-Ruheständler muss gehen.“

„Der Isotherm-Ruheständler muss gehen.“

Am Samstagfrüh gönnen sich dann die sintflutartigen Regenfälle mal eine Ruhepause. Und das Wolkenschwarz muss dem Sonnenblau weichen. Schnell tragen wir den alten Kühlschrank zustandsgerecht mit seinen Gummifüßen zuerst von der PINCOYA und ebenso schnell kommt der Neue aufrecht an Bord. Gott sei Dank sind Kühlschränke ja Leichtgewichte und lassen sich recht einfach auch über Bugkörbe wuppen.

„Der Neue kommt.“

„Der Neue kommt.“

Insgesamt macht der holländische Allpa-Kühlschrank „Made in Italy“ einen wirklich soliden Eindruck. Selbst der Einbaurahmen ist aus Metal und vernünftig dimensioniert und nicht nur so ein Plastikrähmchen, dass schon beim Hingucken zerbricht. Auch die Tür läßt sich mit wenigen Handgriffen andersherum anschlagen. Allerdings passt unser Schrankausschnitt für den Rahmen doch nicht ganz. Das ist aber kein Problem, denn etwas Luft zur Vergrößerung ist noch da. Wie man früher, in den Zeiten vor einer Fein-Vibrationssäge, solche Ausschnitte mal eben um 8mm erweitert hat, ist mir ein Rätsel. Gott sein Dank haben wir so ein feines Fein-Werkzeug.

„Passt fast!“

„Passt fast!“

Das separate Kühlaggregat bekommt hinter dem Kühlschrank sein Plätzchen. Dazu basteln wir noch flugs eine kleine Halterung ganz hinten in das Kühlschrankloch. Und um 17:00 kommt es dann zu einer ersten Stellprobe und …. alles passt. Wow! Nach 7 Stunden Fummelbastelei sind wir nun sicher, dass der neue Kühlschrank auch wirklich passt. Und nun haben wir auch ein so gutes Gefühl, dass dies ausreicht, den Bastelsamstag zu beschließen.

„Es dauert bis wir alles hingefummelt haben.“

„Es dauert bis wir alles hingefummelt haben.“

Samstagabend sitzen wir dann mit Wiebke und Martin bei Labskaus und Bier auf der „De grote Siri“ zusammen. Es gibt viel zu quatschen, denn ganz spontan ist zu der lütten „Siri“ nun auch „De grote Siri“ gekommen. Eigentlich alles ungeplant. Aber unverhofft kommt eben doch oft und wenn das passiert, dann muss man plötzlich 2 Schiffe ins Winterlager bringen und auch zwei polieren ?. So war es damals mit der Mohrian und der PINCOYA ja auch. Nach dem Labskaus haben wir noch jede Menge Seemannsgarn zu enttüddeln und der Abend verfliegt im Handumdrehen.

Am Sonntag kommt für uns und den neuen Kühlschrank noch der Anschluß und die Belüftung. So ein Kühlkompressor mag ja frische Luft und wenn die zirkulieren kann, gefällt es ihm noch viel besser. Der alte Isotherm hatte oberhalb seiner großen Klappe einen Lüftungsschlitz, der Neue sitzt allerdings bündig im Schrankausschnitt. Also bohren und sägen wir dem Kompressor eine Frischluftzufuhr vom Spülenschrank in die Bugkoje und zurück. Ganz wie es ihm gefällt.

„Letzte Anschlußarbeiten.“

„Letzte Anschlußarbeiten.“

Um 15:00 ist alles fertig und im Kühlschrank leuchtet es. Wow! Ein Bootskühlschrank mit Licht! Die Welt hat sich in den letzten Jahren tatsächlich doch noch etwas weiter gedreht, so etwas hatten wir noch nie!

Vor dieser Lichterscheinung haben wir den Kühlschrank noch mit seinem Kompressor verbunden und den dann auf seine Halterung geschraubt. Und nachdem auch noch das Thermostat und die Elektrik angeschlossen waren, ist tatsächlich alles zusammen vorschriftsmäßig in dem Kühlschrankloch verschwunden. Ein Wahnsinn! Es passt und leuchtet!

„Licht im Kühlschrank! Ob das wohl auch ……?“

„Licht im Kühlschrank! Ob das wohl auch ……?“

Insgesamt sieht der Neue auf unserem alten Kahn zwar etwas modern aus, aber er macht tatsächlich eine gute Figur, auch wenn er etwas den Eindruck eines deplazierten Flachbildfernsehers erweckt. Zufrieden beseitigen wir das Bastelchaos und gönnen uns und dem Kühlschrank erst einmal ein kleines Mittagsschläfchen, bevor es dann zum ersten Probelauf kommt. Der Neue futtert nur noch 3,5 Ah. Immerhin 2,5 Ah weniger als sein alter Kollegen. Mal sehen, ob das Bier damit auch kalt wird. Wir sind gespannt.

in Heiligenhafen / Ortmühle in unserer Heimatbox
54° 22′ 20,4″ N, 11° 00′ 15,7″ E