Die Entschleunigung auf dem Weg nach Riga


Ruhnu -> Riga Start: 17:00 (08.05) Ende: 11:40 (09.05) Wind: NE – NNW 2 – 16 kn Distanz: 65,8 sm Gesamtdistanz: 800,2 sm

„von Ruhnu -> nach Riga, obwohl es eigentlich Jurmala werden sollte.“

„von Ruhnu -> nach Riga, obwohl es eigentlich Jurmala werden sollte.“

Als wir dann am Dienstagnachmittag aufbrechen wollen, alles fertig haben und eigentlich nur noch die Leinen loswerfen müssen, schläft der Wind ein. Wir wollen über Nacht bis Jurmala fahren, dem Badeort westlich von Riga. Jurmala war schon seit jeher ein Badeort der Schönen und Reichen. Nicht nur der aus Riga, denn Jurmala genießt auch heute noch den Ruf eines einzigartigen Sommerkurorts. Sozusagen das Westerland Lettlands, zumindest als Westerland noch zur Pflicht der High Society gehörte. Durch Jurmala schlängelt sich die Lielupe parallel zur Küste nach Osten, bis sie kurz vor Riga die Dünenlandschaft durchbricht und in den Rigaischen Meerbusen fließt. Genau dort wollen wir im Morgengrauen ankommen und einfahren.

„Abschied von Ruhnu, wir hätten es hier noch etwas ausgehalten.“

„Abschied von Ruhnu, wir hätten es hier noch etwas ausgehalten.“

„Eher wenig Wind, es dauert lange, bis wir uns von Ruhnu lösen können.“

„Eher wenig Wind, es dauert lange, bis wir uns von Ruhnu lösen können.“

Bis dorthin sind es nur rund 60 Seemeilen, das passt also ganz gut für eine Nachtfahrt und beeilen müssen wir uns auch nicht. Nach einiger Zeit meinen wir, das wieder etwas Wind aufkommt und brechen tatsächlich auf. Der Rigaische Meerbusen liegt wie frisch gebügelt vor uns. Um uns herum sehen wir Seenebel, der traut sich aber nicht zu uns herüber. Das ist auch gut so, denn so können wir noch in der Sonne sitzen, während uns das ganz leichte Brischen durch die nicht vorhandenen Wellen schiebt.

„Ruhiger kann eine Nacht nicht sein. Ohne Wellen fährt die PINCOYA auch mit nur 5 kn Wind.“

„Ruhiger kann eine Nacht nicht sein. Ohne Wellen fährt die PINCOYA auch mit nur 5 kn Wind.“

Stundenlang geht es nur mit 2 Knoten voran, also meiner durchschnittlichen Wandergeschwindigkeit, die normale Wanderer gewöhnlich in den Wahnsinn treibt. Man hat wirklich nicht das Gefühl, dass wir uns von Ruhnu entfernen, aber wir haben ja Zeit und die Sonne scheint.

Erst in der Nacht kommt etwas Wind auf und wir rollen tatsächlich die Genua etwas ein, damit wir nicht zu schnell sind. 4 Knoten reichen locker, um zwischen 7:00 und 8:00 vor Jurmala anzukommen. Wir fahren durch eine unserer entspanntesten Nächte, können abwechselnd auch wunderbar schlafen, wobei Astrid diesmal allerdings den kürzeren zieht. Astrid hat die erste und dritte Wache gewonnen und so kann ich zweimal 3 Stunden wie in Abrahams Schoß schlummern. Aber die Nächte auf dem Wasser sind immer noch empfindlich kühl, so kommt mit Sonnenuntergang unser volles Winterequipment schnell wieder zum Einsatz.

Astrid bekommt von ihrer zweiten Schlummerrunde leider nur eine Stunde ab, denn dann sind wir schon in Sichtweite der Ansteuerungstonne von Jurmala. Theoretisch, denn die Ansteuerungstonne ist nicht da, wo sie sein soll. Wir glotzen uns durch das Fernglas die Augen aus dem Kopf, aber weit und breit ist nicht eine einzige Tonne des Fahrwassers zu sehen.

„Weit und breite keine Tonnen…. hmmm … irgendwie blöd.“

„Weit und breite keine Tonnen…. hmmm … irgendwie blöd.“

In unseren Seekarten ist ja wenigstens noch die Ansteuerungstonne eingezeichnet, für die Fahrwassertonnen hat es bei den Kartenverlagen ja auch hier wieder nicht gereicht. Aber wir haben ja „Messe-Informationen“ direkt von der boot in Düsseldorf, also sollte das alles eigentlich kein Problem sein. Aber diesmal ist nicht das kleinste Tönnchen auszumachen. Gar nichts! Nicht einmal die Ansteuerungstonne. Wir tasten uns etwas vor und überlegen, ob es schlau ist, dort einfach so reinzufahren. Vielleicht kommen ja weiter hinten noch ein paar freundliche Fahrwassertonnen.
Zwei Dinge halten uns dann aber doch davon ab. Erstens liegt mitten in der Einfahrt ein dicker Saugbagger und zweitens war die Einfahrt im letzten Jahr auch schon alles andere als gradlinig. Wahrscheinlich muss die Rinne nach dem Winter erst wieder ausgebaggert werden, deswegen der Saugbagger und deswegen hat man wohl auch erst einmal alle Tonnen eingezogen.
Schade, aber da lassen wir dann doch mal lieber unsere Finger von und gehen auf Kurs Riga.

„Die Stockholmfähre überholt uns bei der Einfahrt.“

„Die Stockholmfähre überholt uns bei der Einfahrt.“

„Die Einfahrt von Riga, bei Anglern begehrt...“

„Die Einfahrt von Riga, bei Anglern begehrt…“

Die Einfahrt nach Riga teilen wir uns mit einiger Großschiffahrt, aber hier ist wirklich genug Platz. Wieder geht es noch gut 6 Seemeilen weit durch alte und neue Hafenanlagen. Das zieht sich hin.

„Es geht tief rein bis Riga.“

„Es geht tief rein bis Riga.“

„Die sind noch ganz neu.“

„Die sind noch ganz neu.“

Erst kurz vorm Mittag machen wir im Stadthafen von Riga fest. Wir sind wieder die einzigen und ersten Gäste. Die Steganlagen sind nicht gerade die modernsten, aber die Schwimmstege schwimmen noch. Nur den Auslegern geht es nicht mehr so gut und sie machen nicht gerade mehr den Eindruck, dass man da schwungvoll drauf springen sollte. So machen wie lieber am ersten Schwimmsteg längsseits fest.

„Die Stockholmfähre haben wir am Ende doch wieder eingeholt, sie liegt vis-á-vis. Dahinter eine AIDA...“

„Die Stockholmfähre haben wir am Ende doch wieder eingeholt, sie liegt vis-á-vis. Dahinter eine AIDA…“

in Riga
56° 57′ 36,2″ N, 24° 05′ 47,1″ E