Ums Kap Lindesnes und bis Lillesand


Farsund -> Tånevigkilen (A) -> Lusekilen, Blindleia (A) -> Lillesand
Distanz: 70,0 sm Gesamtdistanz 2023: 8.276,2 sm

Farsund -> Tånevigkilen
In der Nacht zum Montag hört der Wind tatsächlich mal auf zu blasen. Seit Mittwoch hat es nun unablässig und teilweise mit Sturmstärke geweht. Wir sind froh, dass es nun mal für 24 Stunden etwas ruhiger sein soll und wir weiterkommen können. Allerdings sind wir uns nicht sicher, in wie weit es sich draußen und speziell rund um das Kap Lindesnes schon so beruhigt hat, dass wir gut ums Eck kommen. Das, was wir gestern noch von Loshavn aus rund um dem Leuchtturm Søndre Katland gesehen haben, sah noch nicht nach einer entspannten Fahrt aus.

„von Farsund -> nach Tånevigkilen. Wir sind zum Sonnenaufgang in aller Herrgottsfrühe, so gegen 8:00, schon bereit!“

„von Farsund -> nach Tånevigkilen. Wir sind zum Sonnenaufgang in aller Herrgottsfrühe, so gegen 8:00, schon bereit!“

Doch egal, es muss weitergehen, denn für das Kap gibt es, wenn überhaupt, nur dieses Wetterfenster am Montag. Für Dienstag ist schon wieder Starkwind aus Nordost vorhergesagt. Hauptsache, wir kommen erst einmal ums Kap und schaffen es bis hinter Mandal. An irgendwelche Segelspielchen brauchen wir heute gar nicht erst zu denken, wir werden motoren müssen. Die Flaute ist die einzige Chance, um ums Kap zu kommen, dann dreht der Wind am Dienstag schon wieder auf. Natürlich aus Nordost, was sonst? Ein Ende dieser Nordostwindlage ist nicht abzusehen. Das alles ist ein großer Mist und wenn wir weiter wollen, müssen wir heute die gesamte Strecke motoren. Und falls es die Bedingungen morgen überhaupt zu lassen, dann geht die nächste Etappe auch nur unter Motor. Das ist frustrierend, aber wir haben keine Idee, wie wir anders vorankommen könnten. Warten wäre natürlich eine Option, irgendwann ändert sich auch die hartnäckigste Wetterlage und uns hetzt ja auch kein Urlaubsende, Arbeitsbeginn oder irgendein anderer Termin. Doch uns hetzt inzwischen der Winter. Wir müssen in mildere Gefilde und auf unseren Winterliegeplatz. So richtig kuschelig ist es in Südnorwegen auf einem nicht isolierten Schiff nun auch nicht mehr.


Das Orkantief Babet ist nun durch. Das hat ja auch lange genug gedauert. Und wir können heilfroh sein, nicht schon in der Ostsee gewesen zu sein. Auch Peterhead wäre schlimm geworden, wobei es dort ja wenigstens Schwimmstege gibt, denn ohne Schwimmstege geht es bei der Tide ja eh nicht. Die Bilder, die inzwischen durch die Presse gehen oder uns von Freunden geschickt werden, zeigen ein Ausmaß an Zerstörung, dass wir in der Ostsee niemals für möglich gehalten hätten. Wir haben ja auch schon mehrere orkanartige Stürme in der Ostsee erlebt, aber das, was dort nun passiert ist, ist wirklich unglaublich. Und nun stellt sich uns auch die bange Frage, ob es unseren Winterliegeplatz in Flensburg überhaupt noch gibt. Und selbst, wenn es den Steg noch gibt, ob dort überhaupt ein Überwintern möglich sein wird.


„Nach 5 Tagen geht es aus Farsund weiter.“

„Nach 5 Tagen geht es aus Farsund weiter.“

Da unser Wetterfenster für das Kap klein ist und den Vorhersagen nur bedingt zu trauen ist, brechen wir mit der Dämmerung auf, als wir sehen, dass der Wind in der Nacht tatsächlich deutlich abgenommen hat. Nur keine Zeit verlieren. Doch das verbliebene Wetter ist ziemlich bescheiden. Es ist kalt, feucht, nass, diesig, und alles steckt in einem trüben Grau, das nicht gerade dazu motiviert, nun aufzubrechen.

„Das Wetter könnte freundlicher sein, aber nach den letzten Tagen ist das so auch schon sehr freundlich.“

„Das Wetter könnte freundlicher sein, aber nach den letzten Tagen ist das so auch schon sehr freundlich.“

In den Fjorden ist es ruhig. Kein Vergleich zu gestern. Aber auch draußen hat es sich beruhigt. Der alte Schwell macht uns keine Probleme, aber der Gegenstrom ist kräftig. Was ja auch kein Wunder ist, denn wenn es für 5 Tage wie blöde aus Nordosten stürmt, dann setzt sich auch das Wasser in Bewegung.

Es ist kalt und unsere Segelsachen kommen trotz all der Fleece-Pullover und -Strampelhosen, der langen Unterwäsche und den sonstigen wärmenden Sweatshirts ganz deutlich an ihre Grenzen. Wir fühlen uns wie zwei wandelnde Michelin-Männchen, aber die wärmende Wirkung hält sich in sehr engen Grenzen. Die Kälte kommt durch und zieht bis in die Knochen. Außerdem sind unsere Segelsachen schwer, unbequem und in der Kälte zunehmend hart. Jede Bewegung ist unangenehm und anstrengend.


„Kap Lindesnes im trüben Morgengrau.“

„Kap Lindesnes im trüben Morgengrau.“

„Kap Lindesnes“

„Kap Lindesnes“

„Lichtblicke, im Westen wird's schon heller.“

„Lichtblicke, im Westen wird's schon heller.“

Bis zum Kap Lindesnes bleibt es sehr »naturtrüb«. Manchmal sieht es fast wie Nebel aus. Doch hinter dem Kap wird es freundlicher. Gleich bei Mandal verdrücken wir uns ins Innenfahrwasser, um dem Gegenstrom auszuweichen. Die Durchfahrten zwischen den Insel sind spektakulär. Wir freuen uns richtig auf die Blindleia, 2017 hat uns diese Ecke Norwegens echt die Sprache verschlagen. Nun lässt das Wetter zwar wirklich zu wünschen übrig, aber dennoch ist es wunderbar.

„Verfroren ...“

„Verfroren …“

„Im Innenfahrwasser östlich von Mandal“

„Im Innenfahrwasser östlich von Mandal“

„Trotz allem gibt es wunderschöne Momente.“

„Trotz allem gibt es wunderschöne Momente.“

„Die Sonne kommt raus 😂!“

„Die Sonne kommt raus 😂!“

Für die Nacht haben wir uns die kleine Bucht Tånevigkilen ausgesucht. Egal, wie sich das Wetter entwickelt, dort können wir vor Anker alles aussitzen. Die Einfahrt ist einfach, nur an einer Stelle liegt eine Untiefe von 1,7 m im Weg. Ganz so entspannt sind wir mit solchen Untertiefen ja nicht, denn 2017 sind wir etwas westlich von hier bei der Anfahrt der Selvågen Bukt nördlich von Brødøy ja auf einen Stein gelaufen. Nicht schnell, aber solche Erfahrungen wirken dann eben doch nach.

„Die Einfahrt nach Tånevigkilen“

„Die Einfahrt nach Tånevigkilen“

An den 1,7 m quengeln wir uns ganz vorsichtig im Westen vorbei und dann sind wir in der traumhaften Bucht von Tånevig, eben Tånevigkilen. Hinten in der Bucht ist es absolut windstill. Die Ufer und Häuser spiegeln sich im Wasser. Diese Ruhe ist wunderbar und nach der letzten Woche und der Motorfahrt heute fast wie eine Offenbarung. Unser Anker fällt auf 17 m und hält sofort.
Wir stellen den Motor aus, kochen uns einem Kaffee, setzen uns auf den Decksalon und genießen diese unendliche Ruhe in dieser wunderbaren Natur.

„Auf unserem Ankerplatz in Tånevigkilen I“

„Auf unserem Ankerplatz in Tånevigkilen I“

„Auf unserem Ankerplatz in Tånevigkilen II“

„Auf unserem Ankerplatz in Tånevigkilen II“


Tånevigkilen -> Lusekilen, Blindleia

„von Tånevigkilen -> nach Lusekilen in der Blindleia“

„von Tånevigkilen -> nach Lusekilen in der Blindleia“

Wie gerne wären wir einfach mal ein zwei Tage in Tånevigkilen geblieben, doch die Wettervorhersagen sind eindeutig. Wenn wir noch ein weiteres Stückchen schaffen wollen, dann gleich und sofort. Ein Start in aller Herrgottsfrühe wartet auf uns.

„Hier könnte man es aushalten.“

„Hier könnte man es aushalten.“

Wir wollen noch unbedingt bis in die Blindleia kommen, bevor das Wetter wieder richtig schlecht wird. So gibt es nur einen Gutenmorgenkaffee und den zweiten schlürfen wir schon bei der Ausfahrt. Auch in der Blindleia haben wir uns eine sehr geschützte Ankerbucht ausgeguckt, denn dort werden wir wenigstens einen Tag bleiben müssen. Der stürmische Wind ist zwar in den Innenfahrwassern der Blindleia nicht das Problem, auch wenn es mal richtig dicke kommt, aber es soll ab dem Nachmittag wieder einmal für 48 Stunden rekordverdächtig schütten.

„Schlechte Aussichten, wenigstens auf Wetter.“

„Schlechte Aussichten, wenigstens auf Wetter.“

In Tånevigkilen ist von dieser angehenden Wetteränderung allerdings überhaupt nichts zu spüren, hier liegt man wirklich maximal geschützt. Dass sich über Nacht allerdings schon etwas verändert hat, merken wir sofort, als wir aus dem kleinen Fjord von Tånevig herausfahren. Sofort erwischt uns ein kräftiger Nordostwind, der zunächst noch etwas verhalten so um die 15 kn zu Werke geht, aber sich im Laufe des Tages deutlich steigert und uns mit ständigen 30er Böen schon einmal zeigt, was hier so die nächste Zeit abgeht.

„Es wird schnell ruppig.“

„Es wird schnell ruppig.“

Auf den eher geschützten Innenpassagen ist das alles nicht wirklich schlimm, aber bis zum Eingang in die Blindleia liegen noch einige offene Außenbereiche vor uns. Westlich von Kristiansand geht es gleich los und erst hinter Flekkerøya haben wir wieder eine kleine Wellenpause. Schön ist das alles nicht, aber die nächsten Tage soll es noch viel schlimmer kommen. Dann queren wir das Fahrwasser vor Kristiansand. Wir hatten gehofft, dass sich der Regen noch etwas Zeit lässt, aber dort beginnt es zu schütten und der elende Gegenstrom nimmt uns viel von unserer Fahrt.

„Wunderbare Felsen ...“

„Wunderbare Felsen …“

„Tolle Durchfahrten“

„Tolle Durchfahrten“

„Kalte Außenbereiche ...“

„Kalte Außenbereiche …“

Es regnet sich ein und teilweise schüttet es. Der Wind peitscht den Regen über das Wasser. So schön unser Decksalon für solches Wetter auch ist, heute nützt er uns leider gar nichts. Wir können uns zwar dahinter und unter der großen Sprayhood mal ab und zu gut verstecken und auch das Softschott bietet noch einmal mehr Schutz, aber in Norwegen ist Lobster-Saison 🦞. Im Oktober und November dürfen in Norwegen Lobster gefangen werden. Und das lassen sich die Norweger nicht zweimal sagen. Und weil die Norweger Lobster lieben und zwei Monate nur eine sehr kurze Zeit sind, liegen die Lobster-Pots dicht an dicht vor der Küste. Egal, ob im Fahrwasser oder außerhalb, man kann keine 300 m weit fahren, ohne wenigstens um 3 Lobster-Pot-Bojen herumzukurven. Es ist unglaublich, die küstennahen Gewässer sind gespickt mit Lobster-Pots. Also stehen wir draußen und spähen ständig gegen den Wind in den peitschen Regen, um die teilweise unscheinbaren Bojen noch rechtzeitig auszumachen, an deren Ende auf dem Grund die Lobster-Reuse hängt, in der der Lobster wunderbar angegammelten Fisch findet. Denn frischen Fisch mag so ein Lobster gar nicht, der olle Fisch muss schon ordentlich stinken. Bei einem schwedischen Surströmming würde so ein Lobster vor Freude durchdrehen.


Gegenwind von 25 kn und peitschender Regen sind zum Ausschau halten maximaler Mist. Immer wieder platschen einem Tropfen direkt ins Auge, mit etwas Pech kriegen auch beide gleichzeitig einen ab. Dann ist man blind, die Augen brennen und man reibt so lange, bis man wieder wenigstens etwas sehen kann. Und da ist sie schon, die nächste Lobster-Pot-Boje. Wir haben von Seglern gelesen, die Skibrillen dabei haben. Wie schön wäre jetzt eine Skibrille! Nur haben wir leider keine. Kurz überlege ich, ob ich die Nase unserer Taucherbrille abschneide, versuche dann aber doch erst einmal, zwischen den Fingern der Handschuhe durchzuspähen.

„Hübsch, trotz Regen.“

„Hübsch, trotz Regen.“

Wir triefen, unsere Segelsachen haben die Grenze von »noch angenehm« spielend hinter sich gelassen. Eigentlich haben wir ja recht gutes Segelzeug, aber für solch ein kaltes Wetter ist es einfach ungeeignet. Es ist zwar dicht, aber kalt und die Kälte macht den Stoff steif und hart.
Sobald die Jacke von außen nass ist, kriecht zusätzlich die Verdunstungskälte durch den Stoff. Die neuen Handschuhe sind zwar ok, aber auch die haben ihre Grenzen. Von den Füßen reden wir lieber mal gar nicht, die fühle ich schon seit Stunden nicht mehr. Und Wollmützen ohne Goretex-Folie sind im Regen vollkommen ungeeignet, selbst wenn man die Kapuze darüber trägt, weicht sie im Stirnbereich vollkommen durch und wärmt überhaupt nicht mehr. Wir sind für solches Wetter wirklich nicht ausgerüstet.

„Es schüttet und es wird auch so schnell nicht wieder aufhören.“

„Es schüttet und es wird auch so schnell nicht wieder aufhören.“


„Er weiß, wo's langgeht. Da schließen wir uns mal an.“

„Er weiß, wo's langgeht. Da schließen wir uns mal an.“

Nicht nur einmal denken wir daran abzubrechen. Besonders hinter Kristiansand ist es schon recht grenzwertig. Doch wohin? Am Ende halten wir durch und schaffen es bis in die Blindleia. Es schüttet. Viel zu langsam quälen wir uns bis in die Bucht, die wir uns ausgeguckt haben. Wir wollen gewappnet sein, falls es doch wieder heftiger kommt als vorhergesagt und von uns erwartet. Deswegen wollen wir auch vor Anker liegen. Das ist einfacher und ruhiger.

„Endlich in der Blindleia“

„Endlich in der Blindleia“

Unser Anker fällt in Lusekilen auf 17 m und hält wieder einmal sofort und ohne Wenn und Aber. Himmel, wie dankbar kann man seinem Anker nach solch einem Tag nur sein?

Wir triefen, unter uns bildet sich eine Pfütze. Alles ist durch, auch die Schuhe. Schon lange tragen wir unsere Segelschuhe nicht mehr, sondern nur noch unsere dicken Wanderschuhe. Die waren wärmer, sind nun aber auch durch. Gummistiefel haben wir zwar auch, aber deren Sohlen sind inzwischen bretthart. Ein Schicksal, das preiswerte Gummistiefel mit teuren Segelschuhen teilen.
So einen Tag wie heute können wir nicht so schnell wiederholen. Alles muss erst einmal halbwegs trocken werden. Aber wie? An unserer Ausstattung müssen wir schnellstens etwas ändern, sonst gehen wir ein!


Schnell klappen wir noch das Rainimi aus und bringen noch die provisorischen Seitenteile aus Folie an, damit wir wenigstens etwas mehr Regenschutz im Cockpit haben. Dort hängen wir nun unsere Klamotten auf, allerdings mit keinen guten Aussichten, dass sie trocken werden. Ein Trocknungsversuch bei diesem Wetter gleicht einem schlechten Witz.

Dann schnell rein, Heizung an und erst mal einen heißen Tee. Himmel, ohne heißen süßen Tee wären wir schon längst erfroren! Bei dem Gedanken an ein Bier läuft es einem kalt über den Rücken und man bekommt Gänsehaut.
Erst einmal aufwärmen, essen und dann schlafen. Alles andere findet sich später.


Lusekilen – Ruhe- bzw. Regentag
Der Dauerregen prasselt, manchmal ist er mit Schnee vermischt. Wir haben 3°, dafür liegen wir aber relativ ruhig. Wir liegen wohl weit genug innen. Ab und zu verirrt sich mal eine Bö zu uns, dann scheppert es etwas und wir schleudern herum, aber ansonsten passiert nichts weiter.

Die weiteren Aussichten sind schlecht. Wann wir mal eine Gelegenheit bekommen, nach Schweden oder Dänemark zu segeln, steht in den Sternen.

„Regenschutz, der im Winter noch einmal richtig genäht wird.“

„Regenschutz, der im Winter noch einmal richtig genäht wird.“

Seit Montag beobachten wir auf AIS eine deutsche 19 m Yacht, die wohl wie wir das Wetterfenster nutzen wollte. Doch sie wollten nicht nur ums Eck, sondern ganz bis nach Skagen. Und nun kreuzen sie im Skagerrak gegenan. Der Strom versaut auch den Wendewinkel einer 19m Yacht. Und um es einfach schon mal vorweg zu nehmen, sie brauchen geschlagene 3,5 Tage (!), um es bis Skagen zu schaffen. Ein Pole, immerhin auch 15 m, versucht es ebenfalls, bricht dann aber nach 48 Stunden ab und geht nach Kristiansand rein. Später versucht er es noch mal und bricht dann in Hirthals ab. Es sieht so aus, als ob wir mit unserer kleinen dicken Erna doch die richtige Entscheidung gefällt haben. Wenn es schon mit 15 m nicht klappt und 19 m tagelang kämpfen müssen, dann wären wir mit unseren 11,5 m auf vollkommen verlorenem Posten.

Und was passiert sonst noch so in Lusekilen? Es schüttet wie aus Eimern.


Lusekilen, Blindleia -> Lillesand Marina

„von Lusekilen -> nach Lillesand. Erst zu unserer Abfahrt machen wir das erste Photo von Lusekilen.“

„von Lusekilen -> nach Lillesand. Erst zu unserer Abfahrt machen wir das erste Photo von Lusekilen.“

Am nächsten Morgen hört es nach fast 48 h auf zu regnen. Wir können es kaum glauben, doch das ist unsere Chance, nach Lillesand zu kommen. In Lillesand gibt es einen Shop mit Arbeitsklamotten. Mit den Jacken, die die Fischer hier draußen tragen. Da müssen wir hin.

„Lusekilen“

„Lusekilen“

Der Wind ist egal, wir sind im Innenfahrwasser. Hauptsache, es regnet nicht. An dem Nordost hat sich nichts geändert, es bläst ohne Ende aus dieser Richtung. Der Fenstersauger ist der Hit. Ohne würde das Kondenswasser einfach so von den Scheiben tropfen. Mit dem Sauger können wir wenigstens dieser Wasserquelle etwas Einhalt gebieten. Drei- bis viermal am Tag lüften wir für einigen Minuten kräftig durch. Auch das bringt etwas. Stoßlüften bugsiert zwar im Handumdrehen auch die schöne warme Luft nach draußen, aber mit ihr auch viel Feuchtigkeit. Wir selbst sind eine der Hauptquellen für die Luftfeuchtigkeit, doch wir können ja auch nicht einfach aufhören zu atmen.


Der ewige Ostwind bringt sibirische Luft mit sich. Die nächsten Tage soll es nachts bei -4° schneien. Die Höchsttemperaturen liegen dann knapp über dem Gefrierpunkt. Das alles ist schon recht grenzwertig und lässt auch den Spaßfaktor unscheinbar und tiefgefrostet in einer einsamen Ecke zurück. Wir schlafen inzwischen mit Jogginghose und Sweatshirt. Die Heizung wollen und können wir nicht 24 h durchlaufen lassen. 12 Stunden tagsüber reichen. In der Nacht machen wir sie aus. Im Schnitt nimmt die Heizung gut 0,3 Liter Diesel pro Stunde. Es wird kein Weg daran vorbeiführen, dass wir in Norwegen noch einmal tanken. An einer normalen Tanke kostet der Liter Diesel 2,13 €, doch in Norwegen gibt es auch steuerbefreiten bzw. -reduzierten Schiffsdiesel für rund 1,60 €. Mal sehen, ob wir eine geöffnete Schiffstanke finden. Eigentlich wollten wir ja wegen der deutschen Wasserschutzpolizei keinen roten Diesel tanken, aber nun müssen wir. 2,13 € sind schlicht zu viel.


„Felsdurchfahrten“

„Felsdurchfahrten“

Bis Lillesand geht es einfach und ohne Probleme voran. Auch bei diesem Wetter ist die Blindleia einfach wunderschön. Wie schön wäre es nun, in einem dieser Häuser vor dem Kamin zu sitzen. Ein Traum!

„Die letzte Brücke vor Lillesand“

„Die letzte Brücke vor Lillesand“

„Lillesand“

„Lillesand“

In Lillesand gehen wir direkt in die Marina. Strom und Wasser sind abgestellt und die Möwen haben schon längst den Schwimmponton zurückerobert. Einige Schiffe liegen eingewintert an den Innenstegen. Alles wirkt eher verwaist. Es ist schon ein Segen, dass wir einen Generator und vor allem einen Wassermacher haben. So sind wir wenigstens autark und müssen nur ab und zu etwas Diesel und Benzin nachtanken.

„Da liegen wir als einzige einsam am Außensteg.“

„Da liegen wir als einzige einsam am Außensteg.“

Doch als Erstes gehen wir erst einmal zu dem Shop mit den Arbeitsklamotten. Es ist ein kleiner Laden und der Besitzer guckt uns etwas ungläubig an, als wir ihm sagen, dass wir die wärmsten Winterjacken brauchen, die er hat und am besten auch gleich noch wasserdichte Mützen, Handschuhe, Schuhe und eben alles, was die Fischer und Angler an haben, wenn sie draußen die Lobster-Pots hochziehen. Das einzige, was für dieses Wetter von unseren eigenen Klamotten gut passt und auch angenehm zu tragen ist, sie unsere Snowboardhosen. Alles andere kann man im Grunde genommen komplett vergessen.

Am Ende kaufen wir zwei Jacken, eine Trappermütze für die Capitana, nun sieht sie einer russischen Grenzbeamtin zum Verwechseln ähnlich, und zwei Paar dicke Fischer-Gummihandschuhe. Leider gibt es die nicht in Übergröße für den Schiffsjungen, sodass ich auch darin noch normale Fleece-Handschuhe tragen kann, aber für Astrid reicht die Größe. Dicke Gummihandschuhe, in denen man noch Fleece-Handschuhe tragen kann, sind das Einzige, was halbwegs gegen Nässe und kalte Finger hilft. Von den Locals kann man sich schon einiges abgucken.

„Neu ausgerüstet, wenigstens schon mal teilweise, aber mit der Hauptsache, neuen Jacken.“

„Neu ausgerüstet, wenigstens schon mal teilweise, aber mit der Hauptsache, neuen Jacken.“

Auf alles bekommen wir dann noch 30% Rabatt. Vielleicht auch, weil wir wohl doch eine recht ungewöhnliche Kundschaft sind. Doch auch ohne Rabatt kostet eine unserer Arbeitsjacken nur rund 1/3 der hochwertigen Musto- oder Helly-Hansen-Segeljacken. Ganz so hochwertig sind unsere Gill-Jacken nicht, aber wir wollten damals keine 750 € für eine Jacke ausgeben. Zuerst wollten wir die Arbeitsjacken von Helly-Hansen kaufen, aber der Verkäufer sagte uns, dass die anderen Jacken wärmer und preiswerter sind. Die Arbeitsjacken von Helly-Hansen sind übrigens aus dem identischen Material und genauso verarbeitet wie die teuren Segeljacken von Helly-Hansen, kosten aber weniger als die Hälfte.


Überglücklich gehen wir mit unserer Beute zurück zur PINCOYA und werfen erst einmal den Generator an. Auch das Wasser im Hafen ist sauber genug, um noch einmal etwas Wasser zu machen. Unsere neuen Jacken probieren wir natürlich gleich aus. Sie sind leicht und wunderbar warm und halten auch gleich am nächsten Tag, was wir uns von ihnen versprochen haben.

„Selbstversorgung ...“

„Selbstversorgung …“

Und abends beschließen wir, gleich am nächsten Tag einen Versuch zu wagen, uns etwas nach Nordosten voranzukreuzen. In Küstennähe soll es nur moderat mit bis zu 20 kn wehen. Vielleicht geht ja endlich mal was.

Tånevigkilen, etwas östlich von Mandal
58° 03′ 01,8″ N, 007° 39′ 26,0″ E

Lusekilen, in der Blindleia
58° 11′ 37,6″ N, 008° 16′ 59,3″ E

Lillesand Marina
58° 14′ 50,0″ N, 008° 22′ 51,3″ E