Irgendwo wartet auf jeden der erste Stein


Farsund -> Trysnes Marina Start: 13:20 Ende: 21:00 Wind: W – WNW 15 – 30 kn Distanz: 43,9 sm Gesamtdistanz: 649,8 sm

„von Farsund -> nach Trysnes“

„von Farsund -> nach Trysnes“

Erst gegen Mittag starten wir in Farsund zu unserer nächsten Etappe. Wenigstens heute wollen wir die tolle Ankerbucht bei Mandal mal erreichen. Zweimal haben wir schon abgebrochen und umgeplant. Obwohl die Sonne auf unseren Frühstückstisch strahlt und keine Drücker mehr in der Takelage heulen, täuscht es, dass der Wind deutlich nachgelassen hat. Aber das wissen wir ja eigentlich noch gar nicht.

„Ein letzter Blick auf Farsund.“

„Ein letzter Blick auf Farsund.“

In Farsund selbst liegen wir jetzt gut und gemütlich und deswegen setzen wir beim Auslaufen das Groß noch im Hafenbecken von Farsund auch gleich mal voll. Doch die Ruhe ist trügerisch und genau wie beim Auslaufen aus Kirkehamn klöppeln wir auch schon gleich im Innenfahrwasser das erste Reff wieder rein, denn der Wind verspricht uns schon nach einer Seemeile, dass er heute wieder seinen Spass mit uns haben wird.

„Das Auslaufpanorama von Farsund.“

„Das Auslaufpanorama von Farsund.“

Da der Wind nach wie vor aus West kommt, wird er mit uns ums Kap drehen. Deswegen lassen wir auch mal gleich das Vorsegel weg und fahren nur vor dem einmal gerefften Groß. Dies scheint hier unsere Standardbesegelung zu werden, nur Groß, einfach oder doppelt gerefft. So sausen wir gleich schon im Außenfahrwasser von Farsund dem offenen Skagerrak mit 6,5 kn entgegen, drehen nach Osten auf einen echten Vorwindkurs und rauschen in den immer höher werdenden Wellen dahin. Wieder 20 kn Wind plus und wieder Wellen, die sich sehen lassen können. Man überschätzt die Höhe der Wellen ja leicht, aber wenn die Burschen auf Schulterhöhe steuerbord und backbord vorbeilaufen und die PINCOYA nur langsam ihren Hintern hebt, dann bekommt man schon Respekt.

„Wunderbares Schärensegeln und unten rechts grüßt wieder Kap Lindesnes.“

„Wunderbares Schärensegeln und unten rechts grüßt wieder Kap Lindesnes.“

Aber alles in allem ist es eine wunderbare Rauschefahrt. Ab und an werden wir in so einem „dangerous waves“-Gebiet ordentlich durchgeschüttelt, was dann auch immer bedeutet, dass wir entweder flotten Strom mit oder gegenan haben. Wie und wann wir Gegenstrom haben oder nicht, sehen wir nur auf der Logge. Urplötzlich sind es mal nur 5 Knoten und dann auch mal wieder über 8. Ein System haben wir bisher noch nicht so richtig erkannt.

„Rund Oddknuppen gibt der Wind wieder alles und unser Fernglas beginnt zu schielen.“

„Rund Oddknuppen gibt der Wind wieder alles und unser Fernglas beginnt zu schielen.“

Kurz vor Mandal nimmt der Wind noch mal etwas zu. Wieder fahren wir vor dem Wind und ohne Strom deutlich mehr als 7 kn und die Windanzeige spielt mit der 30 Knotenmarke. Boah, was ist so ein „nur-Groß-Vorwindkurs“ gemütlich, aber nun ist es wirklich höchste Zeit für das 2te Reff. Wir warten einige Drücker ab und als die Windanzeige mal kurz etwas unter 25 Konten bleibt, drehen wir unter Motor in den Wind, um zu reffen. Etwas haben wir ja inzwischen dazugelernt und so haben wir alles erst einmal sicher verstaut, bevor wir die Nase der PINCOYA in den Wind drehen. Wie wild stampft die PINCOYA in den Wellen gegenan und nun sehen wir, wie ungemütlich das Wetter wirklich ist. Auf unserem Vorwindkurs sind wir ordentlich durchgeschaukelt worden, aber am Ende war alles doch total entspannt. Jetzt werden wir geduscht und der Bug kracht eins ums andere Mal in Wellen, die vorher noch gar nicht so hoch aussahen. Die Windanzeige zeigt Zahlen über 30, die wir gar nicht sehen wollen. Beim Reffen sind wir in zwischen echt eingespielt, jeder Handgriff sitzt und jeder weiß, was er wann wie machen muss. In Windeseile ist das nächste Reff drin und zack gehen wir wieder auf unseren gemütlichen Vorwinkurs. Wie gut ist es, dass wir alle Reffs aus dem Cockpit bedienen können, sonst müsste ich mich nach jeder Reffaktion am Mast erstmal wieder komplett trocken legen.

„Wieder zurück ins Schärenfahrwasser und zu dem Ankerplatz.“

„Wieder zurück ins Schärenfahrwasser und zu dem Ankerplatz.“

Vor Mandal müssen wir schiften. Bei diesem Wind und vor allem bei diesen Wellen geht keine Halse mehr. Also Q-Wende. Das haben wir auch schon x-mal gemacht. Wieder verstauen wir vorher alles sicher und dann geht’s rum. Aber dieses Mal haben wir etwas Pech. Zwei drei ganz dicke Dinger treffen uns recht ungünstig. Für die PINCOYA kein Problem und wir werden nur etwas nass, während wir in einem ohrenbetäubenden Getöse durch die Wende schießen. Dann haut mir etwas gegen das Bein und auf dem Cockpitboden spüre ich den Einschlag unter meinen Füßen. Als wir wieder auf Kurs sind, klaube ich unser altes Fernglas auf und schaue durch. Es schielt! Scheiße, seinen Vorgänger hat schon denselben Tod ereilt, nun auch dieses Glas. Gott sei Dank ist es nicht das neue. Denn seit diesem Jahr haben wir 2 Gläser, weil unsere Augen einfach zu unterschiedlich sind. Aber nun haben wir wieder nur eins. Mist! Eigentlich lag das Glas ganz gut, aber die Wellen haben es aus seiner Ablage hinter den Sitzkissen gehoben und im hohen Bogen auf dem Cockpitboden landen lassen.

Hinter Mandal fummeln wir uns durch die Schären unserem Ankerplatz entgegen. In den Revierführern stehen ja hunderte Ankermöglichkeiten, aber die meisten sind am Felsen, was wir nicht so mögen. Wir ziehen freies Ankern vor. Dazu sind aber die meisten Buchten schlicht zu klein und zu eng. Deswegen bleibt von dem reichlichen Angebot nicht mehr viel für uns übrig. Aber heute haben wir eine, die prima passt, nur die Anfahrt ist etwas tricky.
So fummeln wir uns immer tiefer in die Schären hinein und dann passiert es genau an der schmalsten Stelle der Anfahrt zur unserer tollen Ankerbucht. Die Durchfahrt ist eng, links liegen Steine und dort steht auch eine Pricke. Die ist aber etwas behelfsmäßig und zeigt nicht an, ob wir rechts oder links fahren sollen. Etwas links der Pricke sind also die Steine zu sehen und rechts der Pricke sind einige Steganlagen für kleinere Boote. Wir fahren ausgekuppelt ganz langsam gerade mal knapp noch 2 Knoten und entscheiden uns für rechts an den Steganlagen entlang. Dann rummst es und wir stehen. Scheiße, was ist das? Zurück in freie Wasser. Als wir wieder mehr als 20 Meter unter dem Kiel haben, checken wir die Lage unter den Bodenbrettern. Alles ok, kein Wasser, keine Schäden, alles gut. Was nun? Dort geht es ganz offensichtlich nicht rein, obwohl auf dem Bild der Ankerbucht im Revierführer einige Segler mindestens unserer Größe dort vor Anker zu sehen sind und die Einfahrt genau hier sein soll. Dann ballert ein mittelgroßes Motorboot genau auf der anderen Seite der Pricke durch, also auf der Steinseite. Hmm, nee, diese Ankerbucht ist für uns gestorben. Besonders ärgerlich ist, dass auf den Steganlagen einige Norweger saßen und uns beobachteten und nichts gesagt haben. Erst als es bei uns gerummst hatte, rief eine Frau herüber: „No way, you’ve to go on the opposite side!“ Wobei auf Nachfrage nicht klar wurde, was hier »opposite« von »what« gemeint war. Wir hatten nicht den Eindruck, dass sie die Pricke meinte, sondern vielleicht sogar die gesamte linksseitige Schäre.

„Von unserem Waterloo haben wir nur diese Aufnahme… vorher ;-), danach haben wir nicht mehr an's Photographieren gedacht.“

„Von unserem Waterloo haben wir nur diese Aufnahme… vorher ;-), danach haben wir nicht mehr an's Photographieren gedacht.“

Wir waren nicht schnell und es ist nichts passiert. Am nächsten Morgen untersuchen wir noch den Kiel und die Kielrumpfnaht in Nahaufnahme mit der GoPro. Klar, der Kiel hat eine kleine Macke, aber sonst ist alles ok. Auch innen haben wir alles nochmals hochgenommen und gecheckt. Auch dort alles ok. Aber wir ärgern uns riesig über uns selbst. Hätten wir unsere sieben Seglersinne halbwegs richtig beisammen gehabt, hätten wir die Anfahrt vorher an dieser Stelle abgebrochen und hätten umgedreht. Nun sind wir schlauer und sicher in die Zukunft noch etwas vorsichtiger.

„Die Tristesse-Marina voraus.“

„Die Tristesse-Marina voraus.“

Wir machen an diesem Abend noch einen weiteren Ankerversuch und fahren noch 2 weitere potentielle Buchten an. Aber das Ankern in Norwegen ist mit unseren 40m Kette kaum möglich. Es gibt fast keine Stellen, die für uns passen. Eines ist sicher, wenn wir unsere große Norwegentour machen, dann haben wir wenigstens 80m Kette dabei. Das erschließt uns dann auch Ankertiefen um die 10 – 12m und damit steigt dann das Angebot der Ankerplätze wieder deutlich an.

„Alles in allem nicht schlecht, aber die Marina hat schon bessere Zeiten gesehen.“

„Alles in allem nicht schlecht, aber die Marina hat schon bessere Zeiten gesehen.“

Am Ende gehen wir dann in die etwas „altersschwächelnde“ Trysnes Marina, die wir gleich mal stimmunggerecht in »Tristesse Marina« umtaufen, und nehmen ein Frustbier. Aber zum Kochen haben wir keine rechte Lust mehr, also macht sich jeder nur noch eine Stulle auf die Hand und das war’s dann für heute.

„GoPro-Unterwasserschiff-Inspektion!“

„GoPro-Unterwasserschiff-Inspektion!“

fest in Trysnes Marina
58° 3′ 25,4″ N, 7° 42′ 31,0“ E