Die kleinen Startvorbereitungen

Unsere Zeit zuhause ist knapp, doch für uns war ja Zeit eh schon seit Wochen Mangelware. Wir freuen uns riesig, zurück auf die PINCOYA zu kommen, auch wenn es schmerzt, sich nun für über ein Jahr zu verabschieden. So ein Abschied ist surreal und auch noch nicht ganz in unseren Köpfen angekommen. In Deutschland haben wir noch schnell etwas Kleinkram und eine Ersatz-Saildrive-Manchette besorgt. Die bauen wir zwar nun auch nicht mehr ein, aber wenn’s sich irgendwann anbietet, dann haben wir wenigstens schon mal das passende Ersatzteil an Bord. Und so liegt nun auch ein ganzes Ensemble von Gastlandflaggen vor uns. Wenn wir uns das so ansehen, sind wir von uns selbst schon etwas beeindruckt. Da haben wir uns echt was vorgenommen, denn diese Menge an Gastlandflaggen will auch erst einmal abgesegelt werden.

„Das Flaggen-Programm“

„Das Flaggen-Programm“

In jeder freien Minute verfeinert Astrid unsere Pläne. In der Karibik können wir nicht einfach stumpf alles absegeln, einige Inseln können wir uns schlicht nicht leisten. Die Karibik, die USA und Kanada sind ohnehin eine finanzielle Herausforderung und die derzeitige wirtschaftliche Entwicklung macht die ganze Sache auch nicht einfacher.

Doch vor der Karibik kommt ja auch erst einmal die Überfahrt. Und das ist für sich genommen ja schon mal ein echter Brocken. Kein Brocken, vor dem wir Angst haben, aber ein Brocken, der auch erst einmal bewältigt werden will. Und ganz abgesehen davon liegt die PINCOYA ja immer noch Póvoa de Varzim und nicht schon irgendwo auf den Kanaren in Startposition. Allein das sind noch einmal mehr als 1.000 Seemeilen. Da wartet schon mal ein ordentliches WarmUp auf uns.

Wenn es irgendwie passt, wollen wir von Póvoa aus noch mal mit der S-Bahn nach Porto. Als wir 2020 schon einmal hier waren, war ein Besuch wegen C-19 nicht ganz so angesagt. Genauso wie in Lissabon. Mal sehen, was sich davon nun noch machen lässt. Nach schönem Wetter für einen Besuch sieht es zurzeit nicht aus und im Dauerregen wollen wir in Porto oder Lissabon auch nicht von einem Hauseingang zum nächsten hüpfen.

„Schon am Wetter kann man unseren Rückflugtermin erkennen 🥺“

„Schon am Wetter kann man unseren Rückflugtermin erkennen 🥺“


Den Plan, in Póvoa de Varzim noch einmal kurz aus dem Wasser zu gehen, um das Unterwasserschiff zu machen und das Seeventil für den Wassermacher einzubauen, haben wir verworfen. Auf der WebPage der Marina sieht solch eine Aktion noch recht preiswert aus, aber im Hintergrund schlummern Extrakosten. »Servicekosten« von 250 € lassen Póvoa in Summe dann doch etwas aus dem Rahmen fallen. So suchen wir aktuell auch noch eine preiswerte Möglichkeit, um für 3 oder 4 Tage aus dem Wasser zu gehen. Da bietet sich natürlich die Algarve an. Nicht nur das Wetter ist dort besser. Doch es ist schon ein Puzzlespiel, wenn man wirklich alle Kosten zusammenbekommen will. Am Ende nehmen sich alle nicht viel, nur Póvoa reißt eben etwas nach oben aus. Mal sehen, wo wir nun eine Möglichkeit finden, aber darum kümmern wir uns erst so richtig, wenn wir zurück sind.

Aber die Suche nach möglichen Marinas zum Kranen entlang der portugiesischen Küste hat auch eine andere Seite. Eigentlich wollten wir wenigstens ab Lissabon möglichst schnell und weit nach Westen auf den Atlantik, um dann non-stop Porto Santo anzulaufen. Doch je nachdem, wo wir nun am Festland noch eine preisgünstige Möglichkeit zum Kranen finden, müssen wir vielleicht doch ziemlich direkt an der Küste heruntergehen. Doch dort treiben es die Orcas in diesem Jahr besonders arg. Das ist saublöd, denn auf ein angeknabbertes Ruder haben wir nun wirklich keinen Bock.

Zu dem merkwürdigen Verhalten der Orcas an den spanischen und portugiesischen Atlantikküsten gibt es fast ebenso viele Theorien wie Segler in diesem Gebiet. Am Ende weiß keine Sau, was die Orcas dazu bringt, Segelschiffe anzugreifen und in die Ruder zu beißen. Manche Ruder werden regelrecht zerlegt und andere nur angeknabbert. Eine Yacht ist sogar schon gesunken und die Crew wurde aus ihrer Rettungsinsel gerettet. In eine Rettungsinsel zu steigen, nachdem eine Horde verrückter Orcas das Schiff zerlegt hat, geht deutlich über das hinaus, was wir uns vorstellen möchten. Alle Fahrtensegler, die unangegriffen durchgekommen sind, sehen ihre Theorien, wie Angriffe vermieden werden können, bestätigt. Wenn man aber die Berichte auf der WebPage der Cruising Association liest, bleibt wohl nur die Erkenntnis, dass wohl Glück das Einzige ist, was wirklich hilft. Dennoch zeigt die Statistik inzwischen Ballungsgebiete und auf dieser WebPage kann auch man sehr gut die Zeiten einschränken, um zu sehen, wo die Burschen gerade besonders aktiv sind. Das heißt nicht, dass man woanders nicht Gefahr läuft, angeknabbert zu werden, aber es gibt Bereiche wo die Chancen dazu ziemlich gut sind. Deswegen wollen wir auch möglichst weit raus und westlich der Hauptschifffahrtsroute runter nach Süden. Dort gab es bisher nämlich noch gar keine Angriffe. Auch ganz dicht unter Land scheint die Chance gut zu sein, nicht angegriffen zu werden. Da werden wir noch etwas überlegen und suchen müssen, bis wir uns für die eine oder andere Marina entscheiden. Seit dem 01. Oktober hat es nur noch Angriffe südlich von Lissabon und an der Algarve gegeben. Das ist nicht unbedingt optimal für unseren Plan, dort noch einmal kurz aus dem Wasser zu gehen.


„Das erste von wohl vier dicken Dingern...“

„Das erste von wohl vier dicken Dingern…“

In Póvoa de Varzim kommen wir zusammen mit dem Sturmtief an, das sich dick und fett über dem Atlantik zusammengebraut hat. Der Anflug auf Porto ist sehr ruppig, doch die Capitana hält sich tapfer und bohrt zum Ausgleich ihre Fingernägel tief in meine linke Hand. Das Wetter ist wirklich schlecht, wir hatten das schon auf Windy gesehen. Und es wird schlecht bleiben. Wenn das wirklich so kommt, werden wir die Vorsegel diese Woche bestimmt nicht mehr anschlagen können.

„Verspätung! Keiner da ...“

„Verspätung! Keiner da …“

Schon in Hamburg hatte unser Flug rund eine Stunde Verspätung. Bis dahin lief alles bestens. Wir sind mit Henriette zu Lin nach Hamburg gefahren und Lin hat uns dann zum Flughafen gebracht. Nun bleibt Henriette in HH und wartet dort auf uns, bis wir in einem Jahr wieder zurückkommen. Mit der einen Stunde Verspätung kommen wir auch in Porto an. Die Hoffnung, dass wir vielleicht doch noch den letzten Bus nach Póvoa erwischen, zerbröselt am Busterminal. Um kurz nach 1:00 bleibt uns, wie allen anderen auch, nur noch die Taxi-Variante. Es gibt »freie« Taxi-Fahrer und die, die ein Schild auf dem Dach ihrer Autos haben. Die Gemengelage ist unübersichtlich, aber als gerade keine Taxen mit Schild da sind, ergattern wir ein freies Taxi auf der »Nebenspur«. Die Taxi-Fahrer beider Fraktionen scheinen nicht die besten Freunde zu sein.

Gegen 2:30 portugiesischer Zeit sind wir dann endlich auf der PINCOYA. Alles ist ok, aber mit uns zusammen kommt eben auch das Sturmtief an. Selbst in der neuen Marina ist es sehr »bewegt« und das schon bei halbem Hochwasser. Leider weht es aus Süd, was die Wellen auch aus Süden einlaufen lässt. So schaufeln die Hafenmolen die Wellen quasi in das Hafenbecken, was alle Schiffe tanzen lässt. Da wir keinen direkten Nachbarn bekommen haben, bringen wir schnell noch eine weitere Leine nach Luv aus. Gegen die Schaukelei hilft das auch nicht, aber so halten wir uns wenigstens etwas freier von dem Fingersteg, an dem wir liegen.

„Der Fingerprint geht noch 👍“

„Der Fingerprint geht noch 👍“

Die Wetteraussichten sind alles andere als gut. Wenn wir den Vorhersagen trauen dürfen, reiht sich bis Ende Oktober ein schweres Sturmtief an das nächste. Hoffentlich irren sich die Wettermodelle.

„Da liegt sie...“

„Da liegt sie…“

zurück in Póvoa de Varzim
41° 22′ 33,6″ N, 008° 45′ 54,1″ W