Cabo Verde – Martinique – Tag 13 –

„Tag 13“

„Tag 13“


Tag 13, Donnerstag, 26.01.2023
Und Tag 7 nach dem Bruch des Unterwants.

„Hmm ... der Morgen beginnt durchwachsen. Die Sonne schaut nur einmal kurz unter den Wolken durch.“

„Hmm … der Morgen beginnt durchwachsen. Die Sonne schaut nur einmal kurz unter den Wolken durch.“

Den ganzen Vormittag beuteln uns die Squalls. Bis zu 22 kn Wind. Mal für eine halbe Stunde, manchmal für länger. Die Wellen sind richtiger Mist. Die Querkräfte, die dadurch im Rigg entstehen, sind saublöd. Die Windrichtung ist auch nicht gerade optimal, wenn wir halbwegs in Richtung Karibik fahren wollen, dann hätten wir fast einen Amwindkurs. Es gibt keinen Kurs durch den Wind und die Wellen, der auch nur halbwegs in Richtung unseres Ziel führt.
Es ist der 13te Tag.

„Morgens sieht es noch gut aus. Nun ja, so gut es eben geht.“

„Morgens sieht es noch gut aus. Nun ja, so gut es eben geht.“

Fast hatten wir uns schon an diesen Zustand gewöhnt. Auch wenn nun Venezuela anliegt, sind wir eigentlich ganz entspannt. Der Wind wird ohne Frage irgendwann wieder drehen, so dauert es eben nur etwas länger. Doch um 14:45 knallt es. Das Rigg zittert. Die letzten Kardeelen des Unterwant sind gebrochen und es fällt runter. Morgens hatte noch alles gut ausgesehen, aber wer kann schon in die Terminals reinsehen. Sieben Tage und 652 Seemeilen hat es nun doch noch gehalten. Nicht richtig, aber wenigstens etwas. Wir waren ja auch vorsichtig. Und natürlich hat man dann auch die Hoffnung, dass es vielleicht bis Martinique so weitergeht. Obwohl jede Logik einem sagt, dass diese Schlussfolgerung Blödsinn ist.

„Ab isses!“

„Ab isses!“

Und jetzt hängt es runter. In Sekunden sind wir im Cockpit und nehmen erst einmal den kleinen Fetzen Genua weg. Dann reffen wir das Groß ins 2te Reff. Erst dachte ich, dass unser Provisorium den Geist aufgegeben hat, aber da hatte ich falsch geguckt. Man gut!
Von jetzt auf gleich herrscht wieder Alarmstufe rot. Eigentlich ist eher wenig Wind. Nur gut 13 kn. Aber die Wellen sind brutal. Das Rollen geht unglaublich auf das Rigg. Noch 668 sm to go. Für maximal 400 haben wir Diesel. Ohne Segel schaffen wir es nicht. 250 sm müssen wir noch segeln oder uns in Richtung Karibik treiben lassen. Da geht kein Weg dran vorbei. Das Rigg darf auf keinen Fall runterkommen!!!!! Gott sein Dank kommt der Wind auf die Steuerbordseite. Das entlastet die Wanten auf der Backbordseite. Wenn da nicht die Wellen wären. Vor uns liegt eine Flautenzone. Das bedeutet in den nächsten Tagen nicht nur Flaute, sondern auch wenig Wind im ganzen Bereich um die Flaute herum. Durch die Flaute könnten wir motoren und drumherum vielleicht doch noch einige Seemeilen unter Segeln machen.


Und nun ist die Anspannung wieder da. Die PINCOYA aufgeben kommt selbst dann nicht in Frage, wenn der Mast nun doch runterkommt. Die Flex liegt bereit, um sich von ihm zu trennen. Der Spibaum ist sicher an Deck vertäut, um ihn nicht auch zu verlieren. Mit ihm könnten wir ein Notrigg basteln. Zur Not segeln wir halt vor unserer Hängematte. Alles ist möglich, solange wir nicht in einen Sturm kommen.

In unmittelbarer Gefahr sind wir ja nicht, nur die Gesamtsituation ist schon hinreichend scheiße. Und jetzt zermartern wir uns die Köpfe, welche Taktik die richtige ist und ob wir etwas übersehen haben, falsch einschätzen usw. usw. Unser Crossing hatten wir uns netter vorgestellt. Wir brauchen nun noch etwas mehr Wetterglück und wir dürfen echt keine Fehler machen.


Abends nimmt der Wind auf um die 10 kn ab. Wir kommen in das Drumherum der Flaute. Mit den kleinen Segeln kommen wir nur langsam voran. Aber 3 kn sind immer noch drin. Das sind gut 70 sm pro Tag. Immerhin schneller als die Ruderer. 🙂 Das hoffen wir wenigstens, wissen es aber nicht so genau. Doch die sind ja vor uns. Die Schmach, nun auch noch von Ruderern überholt zu werden, bleibt uns wohl erspart.

Sicherheitshalber spannen wir noch das Spifall zur Mittelklampe nach Luv. Die Dirk hätten wir auch noch zur Stabilisierung, doch die lassen wir erst einmal dort, wo sie ist. Ob das mit dem Spifall nun Sinn macht, wissen wir nicht so genau, aber es beruhigt wenigstens, irgendetwas zusätzlich gemacht zu haben. Durch das vollständige Fehlen des backbordseitigen Unterwants, ist im Mast nun ein deutlicher Bogen. Die Provisorien gehen ja nicht über die unteren Salinge, so ist der Zugwinkel nicht optimal. Aber zurzeit ist wenig optimal, wir müssen so erst einmal aus dem Schlamassel rauskommen. Entspannen wird sich die Situation erst wieder etwas, wenn nach der Flaute der Wind wieder sukzessive auf Ost dreht.

„Es wird Gott sei Dank ruhiger!“

„Es wird Gott sei Dank ruhiger!“


Und wir? Natürlich sind wir angespannt und nervös und denken nicht nur einmal »Scheiße, das hatten wir uns echt anders vorgestellt!« Doch wir wissen, was wir können, und wir können uns vor allem selbst helfen. Unsere Situation ist blöd, keine Frage, aber wir sind aktuell nicht in Gefahr. Wenn wir besonnen bleiben, werden wir es hinkriegen. Da sind wir uns ganz sicher. Irgendeine Panik hilft keinem und irgendetwas wird uns auch dann einfallen, wenn die Sache weiter eskaliert. So geht es uns gut, auch wenn die Sorgen im Kopf mitfahren.

Nach einer angespannten, aber ruhigen Nacht loggen wir um 10:00 unser 13tes Etmal mit 88 sm. 611 sm to go.

Inzwischen vor Le Marin auf Martinique
14° 27′ 38,2″ N, 060° 52′ 21,9″ W