Technische Ernüchterung

„Als erstes verlegen wir uns vor Le Marin“

„Als erstes verlegen wir uns vor Le Marin“

„Unser erster Eindruck von der Karibik bei Tag.“

„Unser erster Eindruck von der Karibik bei Tag.“

„Unser zweiter Eindruck von der Karibik, der sich dann leider auch täglich bestätigt.“

„Unser zweiter Eindruck von der Karibik, der sich dann leider auch täglich bestätigt.“


Bisher haben wir von Martinique noch nicht viel gesehen. Erst einmal mussten wir ankommen, dann das Nötigste organisieren und auch einige Basics wie Wäsche waschen und PINCOYA aufklaren erledigen. Und nun war eben der technische Chef von Caraïbe Marine, dem Rigger hier in Le Marin, bei uns und hat sich unser Problem angesehen.
Wir haben wohl doch etwas mehr Glück gehabt, als wir bisher für uns angenommen haben. Selbst wenn man seinen Geschäftssinn in seinen Aussagen abzieht, bleibt bei uns doch noch einige Ernüchterung zurück. Wenn wir an unsere bisherigen Überfahrten zurückdenken, besonders an die erste 2021 nach Madeira und die von Cascais auf die Kanaren im letzten Jahr, dann haben wir es schon ziemlich krachen lassen. Und das nicht nur auf den großen Überfahrten, sondern auch immer mal zwischendurch. Dass wir mit dem Rigg, so wie es jetzt ist, noch fast 1.400 Seemeilen auf dem Atlantik gemacht haben, fand er schon ziemlich erstaunlich. Normalerweise kommt kurz nach so einem Bruch auch der Mast runter, weil er beginnt zu arbeiten und sich ständig verwindet. Das haben wir ja auch gesehen, aber was sollten wir machen? Mitten auf dem Atlantik gab es keine Alternative zum Segeln. Da haben wir wohl viel Glück gehabt.
Nun bekommen wir ein Angebot. Die Umlenkungen des Achterstaghahnepots am Geräteträger will er uns aber so nicht neu machen. So eine Umlenkung wäre zwar gut für die Crew, aber schlecht für den Mast. Hmm … Stattdessen wollen wir nun aber 2 Achterstagen haben. Und für den Furler der Starkwindfock, der sich nicht mehr spannen lässt, macht er uns auch ein Angebot. Dass die Starkwindfock so schlackert, wäre nicht gut. Gott ja, das wissen wir ja auch selbst, aber das Geld wächst uns halt auch nicht aus den Taschen.

Und nun sollen wir den besten Preis der Karibik bekommen, wenn wir es nicht eilig haben und schon morgen weiter wollen. Mal sehen, was das heißt. Wir haben ja eh erst einen Termin in drei Wochen, da sollte schon mal genug Geduld drin sein, um ein gutes Angebot zu bekommen.

„So hatten wir uns das schon vorgestellt ...“

„So hatten wir uns das schon vorgestellt …“

„Das sieht schon mal sehr karibisch aus.“

„Das sieht schon mal sehr karibisch aus.“


Gefühlt kommen wir aus dem Reparieren nicht raus. Das ist wohl der Tribut, den man zahlen muss, wenn man mit einem fast 30 Jahre alten Schiff unterwegs ist. Und das eben nicht nur auf der Ostsee, sondern auf dem Atlantik. Ich glaube, ich hatte es schon einmal in dem Blog der Überfahrt von El Hierro zu den Kap Verden geschrieben. So ein Schiff hat auf dem Atlantik echt viel auszuhalten. Der Wind ist das eine, doch die Wellen gehen wohl noch mehr auf die Gesamtkonstruktion. Dazu kommt das UV-Licht, das wie das Salz allem zusetzt. Echtes Fahrtensegeln geht schon ziemlich auf die Substanz, da bleibt so einiges auf der Strecke, besonders auf dicken Ernas, die genauso in die Jahre gekommen sind wie ihre Crew, wenn man mal von der Capitana absieht. Auf der anderen Seite sind wir dort, wo andere ihre Träume haben. Wir leben dort auf der PINCOYA, nur unser Zuhause ist eben in die Tage gekommen und braucht etwas Pflege.
Wenn man so durch die Anzeigen gebrauchter Schiffe scrollt, dann werben ja viele damit, dass ihr Schiff ein bewährtes »Weltumseglungsschiff« ist. Da wären wir heute ebenso vorsichtig wie mit Charterschiffen, denn »bewährte Weltumseglungsschiffe« haben echt schon was hinter sich.

„Die Marina von Le Marin. In weiten Teilen fest in der Hand der Vercharterter. “

„Die Marina von Le Marin. In weiten Teilen fest in der Hand der Vercharterter. “


Besuch
»The boat is nearly finished!« Nichts könnte auch den Zustand der PINCOYA treffender beschreiben. Wir sitzen gerade beim Abendessen, als es anfängt zu regnen. Während wir versuchen, noch schnell unsere Sachen aus dem Regen zu retten, braust ein Dinghy mit Volldampf auf das Heck der PINCOYA zu. »Could we come on board, it’s only because of the baby!« Irgendwo in dem Dinghy muss ein Baby sein! Oder kommt etwa erst gerade eins? 😳🫢 To be honest, we are a bit puzzled, but Astrid grabs the child seat with the baby that is being held out to us and puts the little one under our spray hood. Es schüttet inzwischen wieder einmal wie aus Eimern. Die Kleine guckt etwas verschlafen und Mama und Papa klettern auch schnell zu uns an Bord.
Die Kleine ist erst 2 Monate alt und Mama ist italienisch und Papa französisch. Sie leben seit fast 6 Jahren hier, aber ihr »boat is now nearly finished!«. Next year they will be ready to go in the Pacific. Es sind genau diese kleinen Begegnungen, die uns so glücklich aus unseren Reparatursorgen reißen. Ja, es geht anders. Und dieses »anders« ist gut. Es ist ein Moment von vielleicht 10 Minuten. Es schüttet, die Kleine nörgelt und wir unterhalten uns kurz mit Mama und Papa. Dann zieht der Regen weiter und die drei auch.

Im Nachhinein sind wir uns ziemlich sicher, dass wir die drei wiedersehen werden, denn als Fahrtensegler trifft man sich immer mehrmals. Gerade heute haben wir die Franzosen aus Póvoa de Varzim wiedergetroffen, die dort für einige Tage neben uns gelegen haben. »Are you the Germans from Póvoa?« »Yes, we are!« Die Welt ist wirklich erstaunlich klein! »See you later, so long!«
Und nächste Woche kommt die Sancara mit Anna und Reinhard hier an, die haben wir letztes Jahr auf den Azoren getroffen.


Caribbean flair
Wir sind jetzt nicht direkt enttäuscht von der Karibik bzw. von dem, was wir bisher gesehen haben. Doch wer einen Sommerurlaub mit Sonne und blauem Himmel buchen möchte, ist hier wohl eher falsch aufgehoben. Ja, es ist warm und das Wasser ist herrlich. Und wenn die Sonne mal durchkommt, dann brennt sie auch richtig. Auf unseren Solarpanels sehen wir immer wieder mehr als 30 A Ladestrom. Doch es schüttet jeden Tag mehrmals und das auch nicht zu knapp. Windig und wolkig ist es eigentlich immer, und wenn einer der Squalls vorbeischaut, dann wird es auch schon mal etwas heftiger.

„Fast täglich ...“

„Fast täglich …“

Von unserem Ankerplatz bis zum Dinghy-Dock in der Marina sind es rund 1.200 m. Ein Landgang ist jedes Mal eine recht feuchte Angelegenheit, auch wenn wir eine Regenpause abpassen. Es weht ständig mit 15 bis 20 Knoten und das reicht dem Wind locker aus, um auf dieser eigentlich kurzen Strecke schon mal Wellen zusammenzublasen, die eine Dusche garantieren.

Obwohl wir uns das alles hier schon etwas anders vorgestellt haben, ist es nicht wirklich schlimm. Wir sind ja mit unserem Zuhause hier. Doch wenn wir nun extra einige tausend Euro in die Hand genommen hätten, um dem Winter in Deutschland mal für 14 Tage in einen Traumsommer zu entfliehen, dann wären wir wohl doch ziemlich frustriert. Aber mal sehen, wenn die Reparatur durch ist, werden wir ja noch etwas mehr von der Karibik sehen. Vielleicht liegen wir ja auch vollkommen falsch und auf der nächsten Insel ist schon alles ganz anders.

„Im Hintergrund das Marina-Office von Le Marin.“

„Im Hintergrund das Marina-Office von Le Marin.“


Einklarieren
Das Einklarieren hier auf Martinique war absolut problemlos. Im Marinaoffice stehen drei Computer, von denen auch zwei funktionieren, und da sich die Franzosen dazu haben hinreißen lassen, den Eingabefeldern auch englische Untertitel zu spendieren, war dieser Prozess kein Problem. Auf anderen Inseln soll das wohl ganz anders sein, aber hier hat man Glück.


Uff …
Als das Angebot kommt, bleibt uns doch erst einmal die Spucke weg. Für alles ruft Caraïbe Marine etwas mehr als 8.000 € auf. Den neuen Furler und das neue Vorstag für die Starkwindfock streichen wir schon mal gleich. Dann wurden noch einige Drahtdurchmesser vertauscht, was nicht direkt einen Unterschied beim Draht macht, aber die anderen Spanner und Terminals machen dann doch einen Unterschied. Am Ende werden wir wohl bei rund 4.500 € landen. Das entspannt unser Budget nicht wirklich, doch an dieser Reparatur geht leider kein Weg vorbei. Hoffentlich bleibt es bei dem Termin in der dritten Februarwoche. Der war ja bisher nur vage zugesagt.

vor Le Marin auf Martinique
14° 27′ 38,2″ N, 060° 52′ 21,9″ W