Clifden Bay


Beim Morgenkaffee verkündet die Capitana um 8:47: »Wir nehmen GFS, da sind tendenziell keine Katastrophen im Anmarsch und das Klopsi-Ding bleibt bei denen wohl auch eher draußen und macht ab übermorgen Südwind!” Das Klopsi-Ding ist ein Tief, dass sich recht ungut über dem Atlantik zusammenbraut und ungewöhnlich groß zu werden scheint. Noch ist alles ok, aber sollte das hier in Irland einschlagen, dann müssen wir ein gutes Versteck haben.

Da es Richtung Norden immer schwieriger wird, sich etwas umfassender zu versorgen, wollen wir noch einen Abstecher nach Clifden machen, um noch einmal frisches Grünzeug einzukaufen. Wir haben zwar noch etwas, aber wenn wir die Supermarkt-Lage in Google Maps checken und die versuchen, mit den möglichen Ankerplätzen in Einklang zu bringen, dann ist das Ergebnis doch schon recht dürftig.


Bevor es losgeht, versuchen wir noch schnell eine Lösung für unseren Ersatzteilbedarf zu finden. Wir brauchen ja nun nicht mehr nur den neuen Motor für die Ankerwinde, sondern auch einen neuen Vergaser für den Außenborder. Irland als Ersatzteilquelle scheidet allein schon wegen der Preise aus. Bei Vetus UK haben wir einen Original-Ersatzmotor für unsere Ankerwinde gefunden, der incl. der britischen Tax umgerechnet 530 € kostet, was gegenüber Bukh aus Bremen immerhin eine Ersparnis von 469 € bedeutet, denn die bieten den identischen Motor für den Schnäppchenpreis von 999 € plus Versand an.
Und weil die Briten nun unbedingt aus der EU austreten wollten, brauchten wir der Einfachheit halber eine Adresse in Schottland, um uns das ganze Gezeter mit dem Zoll zu ersparen. Was lag da näher, als Bob Shepton anzuschreiben, der der Portofficer des OCC in Oban ist. Denn Oban liegt auf unserem Weg in den Caledonian Canal und Bob Shepton ist ein ganz besonderer Portofficer. Doch nun schreibt uns seine Tochter, dass sie gerade die eMails für ihren Vater durchsieht, weil ihr Vater noch in Grönland segelt und erst im September wieder zurück sein wird. Bob ist eine ebenso unglaubliche wie faszinierende Persönlichkeit und er geht inzwischen auf die 90. Wir hätten ihn wirklich gerne getroffen, noch viel lieber, als von ihm den Ankerwindenmotor zu bekommen. Bob ist eine echte britische Seglerlegende, aber schaut mal hier -> Bob Shepton oder googelt mal selbst. Doch vielleicht sind wir wegen all der Tiefdruckgebiete ja doch so spät dran, dass wir ihm dennoch einfach mal so Hallo sagen können.

Den Vergaser bekommen wir tatsächlich bei SVB am preiswertesten. Es war nicht ganz einfach, das richtige Modell zu finden, denn Honda scheint eine große Freude daran zu haben, mit kleinen Modifikationen für eine reichhaltige Ersatzteilpalette zu sorgen. So muss nun ein Päckchen innerhalb der EU verschickt werden, und eines innerhalb von Großbritannien. Also brauchen wir inzwischen möglichst zwei Adressen, eine in Irland und eine UK. Also schreiben wir Graham, den Portofficer in Lough Swilly und Derry an, beides liegt ganz im Norden von Irland bzw. Nordirland. Schon kurz darauf bekommen wir eine Antwort und unsere Probleme scheinen schon wieder zu wachsen. Graham ist nämlich umgezogen und wohnt nun bei Cowes. Er sei zwar noch als Portofficer von Lough Swilly in Fahan gelistet, aber nun eben nicht mehr dort. Doch all das sei kein Problem, er würde eine Lösung organisieren, er segele zwar gerade auf den Channel Islands, aber er meldet sich.


Bunowen Bay -> Clifden Bay Distanz: 18,3 sm Gesamtdistanz 2023: 7.231,9 sm

„von der Bunowen Bay -> in die Clifden Bay“

„von der Bunowen Bay -> in die Clifden Bay“

Upps. Da heißt es nun hoffen und so können wir auch erst einmal nach Clifden segeln. Es sind nur 18 sm, doch leider müssen wir immer wieder mit dem Motor etwas nachhelfen, damit wir auch weiterhin vorwärts unterwegs sind. Zwischen zu viel und zu wenig Wind scheint es nicht viele Abstufungen zu geben. Immerhin angeln wir schnell einen weiteren Pollack und auch noch eine Makrele. Es wäre ein beschauliches Segeln, wenn wir nicht doch ab und an mit dem Motor nachhelfen müssten. Bis zur Einfahrt in den Clifden Fjord passiert eigentlich nichts mehr, wir passieren ein grautrübes Cape Slyne Head und nur zögerlich kommt die Sonne etwas raus.

„Slyne Head mit altem und neuen Leuchtturm“

„Slyne Head mit altem und neuen Leuchtturm“

„Anfahrt Clifden Bay“

„Anfahrt Clifden Bay“

Aber dann geht es los. Innerhalb von 20 Minuten angeln wir vier weitere Makrelen. Kaum ist die Angel wieder draußen, hat auch schon wieder eine Makrele angebissen. Die Capitana will eigentlich einen Logbucheintrag machen und als ich zum dritten Mal »Fisch Fisch« rufe, denkt sie, ich veralbere sie und will erst gar nicht mehr rauskommen. Das mit dem Logbucheintrag vertagen wir dann auf »nach der vierten Makrele«. Nun haben wir einen Pollack und 5 Makrelen, zusammen mit den Räucherfilets, die wir gekauft haben, haben wir nun für vier Tage üppige Fischmahlzeiten.

„Eine ordentliche Fischversorgung“

„Eine ordentliche Fischversorgung“


„Der Clifden Boats Club, bei Hochwasser“

„Der Clifden Boats Club, bei Hochwasser“

Der Clifden Fjord gefällt uns gleich richtig gut. Es ist hübsch hier. Unglaublich malerisch steht am Ufer das Clifden Castle. Es sieht aus wie das Dornröschen-Schloss, hinter dem die sieben Zwerge in ihrem Bergwerksstollen Steine klopfen.

„Die Schneewittchenburg“

„Die Schneewittchenburg“

Jackie, der Mooringmaster des Clifden Boat Clubs, kommt längsseits und fragt, ob wir eine Mooring wollen oder lieber ankern möchten. Da wir lieber ankern und auch so ankern möchten, dass wir das Clifden Castle gut sehen können, quatschen wir etwas und lassen dann unseren Anker so fallen, dass wir eine vermeintlich gute Aussicht haben. Nur haben wir dabei leider die Tide nicht bedacht 🙄, bei 40 m Ankerkette fährt unser Cockpit je nach Tidenstrom immer 100 m hin und her, so sehen wir das Dörnröschen-Schloss nur alle 6 Stunden in seiner vollen Schönheit 🙂.


Abends mailen wir mit Graham. Er hat eine Lösung. Zwei gute Freunde von ihm können selbstverständlich unsere Pakete annehmen. Zusätzlich richtet er noch schnell eine WhatsApp-Group ein und so ist der Kontakt schnell rundherum hergestellt. Wir freuen uns schon richtig, die beiden in Fahan im Lough Swilly zu treffen. Die Hilfsbereitschaft wildfremder Menschen, die noch nicht einmal irgendetwas mit dem OCC zu tun haben und einspringen, um uns zu helfen, ist unglaublich.

Nun müssen wir nur noch in den Norden kommen und wie es aussieht, wird sich das doch schwieriger gestalten, als wir uns das vorgestellt haben. Wir sind an der Westküste Irlands in einem ungewöhnlichen Sommer unterwegs und so langsam geht es auch auf den Herbst zu. Mitte September ist mit dem Sommer definitiv auch kalendarisch Schluss, doch wenn wir ehrlich sind, hat sich der Sommer hier wohl schon Anfang Juli verabschiedet. Aber vielleicht liegt darin ja auch die Chance, dass wir noch ein ebenso ungewöhnliches wie sommerliches Intermezzo im Herbst bekommen. Everything is possible und die Hoffnung stirbt eben immer zuletzt.


„Kein Problem mit dem neuen Dinghy...“

„Kein Problem mit dem neuen Dinghy…“

Am nächsten Tag packen wir wieder die Räder ins Gummiboot und fahren zum Dinghy-Dock des Boat Clubs. Der Weg nach Clifden ist zu weit und bepackt mit unseren Einkäufen wäre der Rückweg schon gar kein Spaß mehr.

„Am Clifden Boat Club“

„Am Clifden Boat Club“

„Auf dem Weg nach Clifden, das Wetter ist (noch) durchwachsen.“

„Auf dem Weg nach Clifden, das Wetter ist (noch) durchwachsen.“

„Niedrigwasser vor Clifden“

„Niedrigwasser vor Clifden“

Also radeln wir erst einmal zu Aldi. In Clifden sind die Connemara Pony Days. Der kleine Ort ist proppenvoll mit Gästen, viele Straßen sind gesperrt und überall stehen Landrover mit Pferdeanhängern. Mit unseren Fahrrädern schlängeln wir uns durch, kaufen ein und radeln zurück.

„Voll bepackt geht's zurück.“

„Voll bepackt geht's zurück.“

„Das Wetter bessert sich ...“

„Das Wetter bessert sich …“

„Und das Wasser kommt zurück.“

„Und das Wasser kommt zurück.“


„Auf zur Burg!“

„Auf zur Burg!“

Am Nachmittag besuchen wir noch die Burg. Dazu müssen wir die »Sky Road« hoch, was wir nur schiebend schaffen. Unsere Klappräder haben definitiv sehr schlechte Mountainbike-Eigenschaften. Aber viel Höhe bringt am Ende ja auch viel Spaß beim Downhill-Rennen.

„Das Eingangstor des Clifden Castles. Es steht weit vor dem Castle.“

„Das Eingangstor des Clifden Castles. Es steht weit vor dem Castle.“

„Ausblicke auf die Clifden Bay“

„Ausblicke auf die Clifden Bay“

„Das Clifden Castle I“

„Das Clifden Castle I“

Die Dornröschen-Burg ist echt das Highlight, aber von nahem betrachtet, doch viel viel kleiner, als wir uns das von unten aus der Bucht so vorgestellt haben. Nun ja, Dornröschen soll ja auch nicht so groß gewesen sein und schließlich waren es ja auch sieben Zwerge und nicht sieben Riesen. Da passt so eine kleine Burg schon ganz gut. Auf der hätte sogar auch noch Rapunzel mit ihren langen Haaren Platz gefunden hätte, denn die Burg hat gleich zwei passende Türme um Rumpelstilzchen das Haar herunterzulassen.

„Das Clifden Castle II“

„Das Clifden Castle II“

„Das Clifden Castle III“

„Das Clifden Castle III“

„Das Clifden Castle IV“

„Das Clifden Castle IV“

„Die PINCOYA mit Burgblick“

„Die PINCOYA mit Burgblick“

„Die Clifden Bay oder der Ausblick aus Dornröschens Schlafzimmer.“

„Die Clifden Bay oder der Ausblick aus Dornröschens Schlafzimmer.“

Danach sausen wir Downhill in die City. Inzwischen scheint die Sonne von einem strahlend blauen Himmel.

„Auf dem Weg nach Clifden“

„Auf dem Weg nach Clifden“

„E.J. Kings“

„E.J. Kings“

„Farbenfreude“

„Farbenfreude“

In Clifden tobt das Leben, aber wir finden nach einer kleinen Sightseeing-Runde dennoch ein Plätzchen in der E.J. Kings Bar, einem Pub, der kaum typischer sein könnte. Das Guinness beflügelt uns für den Heimweg und pünktlich zu einem malerischen Sundowner sind wir zurück auf der PINCOYA. Schließlich warten ja auch die Fische auf uns und wollen gegessen werden.

„Mal Whiskey statt Guinness“

„Mal Whiskey statt Guinness“

Und dann sitzen sie tatsächlich da. Auf der Mauer vor dem Castle sitzen die sieben Zwerge, schauen in den Sonnenuntergang und schlürfen ein Halfpint Guinness, was sonst?

„Nicht nur unser Sundowner“

„Nicht nur unser Sundowner“

15. -> 16.08. Clifden Bay
53° 29′ 10,9″ N, 010° 03′ 25,9″ W