Der Winter sitzt uns im Nacken


Dass in diesem Jahr der Altweibersommer ausgefallen ist und der goldene Oktober durch ein grautrübes und ziemlich nasses Etwas ersetzt wurde, haben wir ja notgedrungen noch hingenommen, auch wenn es uns schon sehr genervt hat. Doch dass nun schon Ende November ein echter Winter mit strengem Dauerfrost Einzug halten soll, ist wirklich etwas viel. Und das trifft uns wieder einmal voll auf dem falschen Fuß. Dieses Jahr ist wirklich etwas verkorkst!

Doch da sich in den letzten Monaten ja eh schon eine Planänderung an die nächste gereiht hat, fällt die neue Planänderung nun schon gar nicht mehr auf. Statt erst am Montag nach Hause zu sausen, machen wir dies schon am Samstag. Bis Montag soll es noch mehr oder weniger frostfrei bleiben, wenn man mal von dem morgendlichen Bodenfrost und einem überfrorenen Deck absieht. Doch ab Dienstag soll es dann Dauerfrost geben und wir haben natürlich nichts zum Einwintern auf der PINCOYA dabei. Wieso auch? Dort, wo die PINCOYA seit 2020 überwintert hat, war es garantiert frostfrei. So bleibt uns nicht mehr viel Zeit, um die Einwinterungssachen von Zuhause zu holen und die PINCOYA wenigstens halbwegs winterfertig zu machen.

„Schön, aber kalt.“

„Schön, aber kalt.“


Der Samstag ist schön, aber auch schon schön kalt. Das Deck ist überfroren und ziemlich glatt. Vorsichtig eiern wir auf der PINCOYA herum.

„Überfroren“

„Überfroren“

Es ist windstill. Das ist gut, um unsere dicke Erna noch einmal umzudrehen. Doch damit warten wir noch etwas, bis das Deck wieder abgetaut ist. Unsere dicke Erna soll mit dem Bug nach Westen liegen, da dies die Hauptwindrichtung ist. Dann stehen der Wind und vor allen auch der Regen und Schnee 🙄 nicht direkt auf dem Cockpit. Außerdem können wir so über das Heck auf den Steg gehen, was viel einfacher ist, wenn wir den Rest abplanen, denn das Bimini muss weg, es ist absolut nicht »schneetauglich«.

Doch bevor wir die PINCOYA umdrehen, machen wir noch schnell unsere kleine Flaggenparade. In der ganzen Hektik seit unserer Ankunft sind wir noch gar nicht dazu gekommen. Die 22 Gastlandflaggen aus den letzten 5 Jahren ziehen wir am Spifall hoch. So ist das zwar nicht ganz korrekt, denn eigentlich müssten wir sie unter der Saling und dann noch in alphabetischer Reihenfolge setzen, aber hübscher ist es so allemal! 😇

„Die gesammelten Länder der letzten 5 Jahre.“

„Die gesammelten Länder der letzten 5 Jahre.“

„Flaggenparade“

„Flaggenparade“


Unseren kleinen Mini stopfen wir bis unter das Dach voll. Alles kriegen wir nicht mit, da werden noch einige Fuhren folgen müssen. Doch erst einmal das Nötigste. Vor allem all die klammen und feuchten Klamotten. Die müssen dringend von Bord, wenn wir nicht alles wegwerfen wollen. Außerdem wollen wir die Gelegenheit nutzen und uns von all dem Zeug trennen, das wir in den letzten Jahren ohnehin kaum oder gar nicht gebraucht haben.
Und dann geht’s zurück …

„Unsere dicke Erna..., umgedreht und erst mal fertig.“

„Unsere dicke Erna…, umgedreht und erst mal fertig.“


Doch der Frost treibt uns an …
Es ist schön, im Winter ein warmes Zuhause zu haben, doch die Wetteraussichten sind mehr als dürftig. In diesem Jahr reiht sich ein Rekord an den nächsten. Je nachdem, wohin man schaut, der heißeste oder nasseste Sommer, der stürmischste Herbst, der wärmste Atlantik oder der frühste Wintereinbruch mit Schnee und Dauerfrost. Ein Superlativ nach dem nächsten, mit Werten, die man seit dem Beginn der Wetteraufzeichnungen noch nicht gesehen hat. Dass dies keine normalen, statistischen Ausreißer mehr sind, liegt auf der Hand, denn mit schöner Regelmäßigkeit wird jedes Jahr immer noch einer draufgelegt.

In Rendsburg wurde in diesem Jahr die Statistik der Frosttage für den November schon übererfüllt und die erste Dezemberwoche wird laut Vorhersage auch schon gleich mal die normalen Frosttage für den Dezember toppen. Wir wären wirklich nicht böse 👍, wenn sich das Wetter mal etwas an diese langjährige Statistik halten könnte 🧐 und es dadurch das mit dem Frost schon mal war 🥶. Doch die Aussichten dafür stehen schlecht. Denn es sollen nicht nur Frosttage, sondern sogar auch gleich noch viele Eistage mit Dauerfrost folgen. So beeilen wir uns, zuhause all unsere Einwinterungssachen zusammenzukramen und fahren schon am Montagnachmittag mit der nächsten Planänderung wieder zurück zu PINCOYA. Der Winter sitzt uns wirklich im Nacken.


Am Montagabend ist die PINCOYA schon etwas unterkühlt. Draußen 0°, innen 4°. Es wird allerhöchste Zeit, den Radiator und die Wärmedrähte an den Start zu bringen und auch den Motor einzuwintern. In der Nacht zum Dienstag sehen wir dann schon die -5°.


Und dann ist der Winter doch schneller als wir

„Die Segel müssen schnell noch runter“

„Die Segel müssen schnell noch runter“

Es ist ein Glück, dass wir schon Montagabend wieder zur PINCOYA gefahren sind. Der Dienstag ist kalt, aber weitgehend trocken. Es herrscht leichter Dauerfrost, aber wir schaffen es, alle Segeln runterzunehmen. Doch teilweise stehen wir vor neuen, bisher doch unbekannten Problemen. Wie zum Teufel öffnet man einen Palstek, der nass war und nun durchgefroren ist? Die durchgefrorenen Tampen sind so steif wie Holzstangen und die Knoten sind zu knüppelharten Klumpen gefroren. Nur gut, dass wir schon umgelegt haben, die Festmacher wären nun kaum noch von den Klampen zu lösen. Echter Dauerfrost bringt noch mal ganz neue Probleme. Ab und zu warten wir ab, bis uns die Sonne etwas geholfen hat, aber ein Spaß ist das alles nicht.

„Die Genuaschot ist nicht mehr ganz so flexibel.“

„Die Genuaschot ist nicht mehr ganz so flexibel.“

„Noch einmal schnell in den Mast, um Maß für die Reparaturen zu nehmen.“

„Noch einmal schnell in den Mast, um Maß für die Reparaturen zu nehmen.“

„Mastaussichten“

„Mastaussichten“

Und die Tage sind einfach zu kurz. Wir schaffen es nicht mehr, auch noch die Plane über den Baum und bis über das Cockpit zu spannen.

„Und abends sieht es noch so aus ...“

„Und abends sieht es noch so aus …“

Und kaum ist es dunkel, beginnt es zu schneien. Laut Vorhersage sollen nur einige Flocken fallen, so machen wir uns keine Sorgen. Doch aus den wenigen Flocken werden bis zum Morgen 10 cm Neuschnee. Was für ein Mist, wir sind noch lange nicht fertig! Nur gut, dass wenigstens die Segel schon im Auto liegen und auch das Bimini abgebaut ist. Vor genau einer Woche sind wir hier angekommen und nun dies. Dauerfrost und Schnee! So gesehen haben wir ein großes Glück, dass wir nicht noch später dran waren. Und nun?


Nun müssen wir erst einmal Schnee schieben.

„... morgens allerdings dann so!“

„… morgens allerdings dann so!“

„Der Winter hat uns.“

„Der Winter hat uns.“

Es ist kalt, – 5°, der Schnee knirscht unter den Füßen. Die neuen Winterarbeitshandschuhe, die sich eigentlich in Kühlhäusern bis -20° bewährt haben sollen, sind kalt. Sie sind schlicht zu eng, XXL reicht nicht, besonders für den Schiffsjungen, da bleibt an den Fingern kein Platz mehr für etwas wärmende Luft im Futter. Doch unter Deck haben wir es uns ganz gemütlich gemacht. Immer wieder wärmen wir uns auf. Arbeiten bei Frost und Schnee ist fies. Die Kälte ist schneidend und die Haut der Hände wird spröde, nicht jedes Knötchen gelingt mit Handschuhen.

„Die Capitana ...“

„Die Capitana …“

„... der Schiffsjunge.“

„… der Schiffsjunge.“

„Schneebedeckt“

„Schneebedeckt“


Und wir kämpfen mit der Plane. Es ist noch eine alte Plane von dem Vorbesitzer der PINCOYA. Wir haben einfach einen Packen, der uns groß genug erschien, vom Dachboden mitgenommen. Doch es ist ein Monsterlappen! 6×10 m, wenn nicht noch größer. Das Ding ist auf der schneebedeckten PINCOYA kaum zu bändigen. Zudem ist die Monsterplane in die Jahre gekommen. Sie zeigt Auflösungserscheinungen und nun schneit es nicht mehr nur aus den Wolken, sondern auch noch aus der Plane 😳.
Viel zu spät entscheiden wir uns, die alte Bröselplane einfach wegzuwerfen und eine neue zu kaufen. Doch damit beginnt das nächste Problem. Bei Amazon gibt es zwar passende Planen mit wenigen Klicks zu kaufen, doch wir wollen fertig werden. So klappern wir alle Baumärkte rund um Rendsburg ab. Aber nichts! Es ist schon wieder dunkel, als wir zurückkommen. Der Tag ist vertan. So bestellen wir die passenden Planen doch bei Amazon und spannen noch im Dunkeln die alte Abdeckplane von unserem Gummiboot über das Cockpit. Wenigstens etwas Schutz wollen wir schon haben. Zugegeben, es ist schon blöd für die lokalen Läden, wenn alle nur im Internet bestellen. Aber wenn drei große namhafte Bau- und Gartenmärkte keine auch nur etwas stabileren Planen haben, dann graben die sich auch ihr eigenes Grab. Und eine etwas kräftigere Plane mit 4×5 m ist ja nun auch wirklich nicht so speziell, dass so etwas nicht vielleicht doch auch von Nicht-Seglern im Raum Rendsburg mal gebraucht werden könnte.


Zwischenzeitlich leistet der Adsorptionstrockner ganze Arbeit. Obwohl wir ihn parallel zu den anderen Verbrauchern nicht ständig eingeschaltet haben, hat er an den 4 1/2 Tagen, an denen wir überhaupt da waren, schon fast 10 Liter Wasser eingesammelt. In der PINCOYA ist es merklich trockener geworden, aber es wird noch dauern, bis auch das Holz wieder so trocken ist, dass wir damit beginnen können, die Feuchtigkeitsschäden zu beseitigen. Dennoch bräuchten wir dringend mal einige halbwegs trockene Tage, es ist ja auch keine Lösung, ständig gegen das ewige Nass-in-Nass anzutrocken.


Kälte extrem
Nachts versuchen wir, im Salon die Temperatur auf etwa 10° zu halten. Damit haben wir am Niedergang und im Vorschiff noch gut 5°. Draußen friert es inzwischen Stein und Bein. Der Fliegerhorst Hohn bei Rendsburg meldet am Donnerstag um 8:00 -15°!!! Wir selbst messen etwa 1,5 m oberhalb des »noch warmen« Eiderwassers immer noch -7°. Büdelsdorf selbst meldet -11°. So extrem hatten wir es auch noch nicht. Und das Eiderwasser beginnt an der Oberfläche etwas zu überfrieren.

„Frostig, frostig ...“

„Frostig, frostig …“

Den Niedergang hängen wir zusätzlich mit einer dicke Decke ab. Das bringt noch mal wenigstens etwas Kälteschutz. In der Nacht läuft nur der Radiator, der Heizlüfter mit 2000 W ist uns zu gefährlich, wenn wir schlafen. Zudem ist der Landstrom mit 10A abgesichert, das setzt ziemlich enge Grenzen bei diesem Wetter. Wir schlafen in der Mittelkoje, aber auch dort ist es recht frisch. Unter drei Decken, mit langer Winterlaufhose und Sweatshirt mit Kapuze geht es. Es ist ein riesiger Segen, dass wir vor einem Jahr die Mittelkoje nach unten hin zum Frischwassertank isoliert haben. Eigentlich zur Schalldämmung, damit uns bei Nachtfahrten das Gegluckse aus dem Tank nicht so stört. Nun ist es dadurch von unten auch merklich wärmer. Was für ein Glück!

„Klirrend kalt ...“

„Klirrend kalt …“

Um 6:00 nehmen wir doch noch die Dieselheizung dazu. Im Salon haben wir nur noch 7°. Der Rest ist entsprechend kälter. Diese harten Frostnächte sind ein guter Test, wie wir unseren elektrischen Frostschutz einstellen müssen, damit nichts einfriert. Wir haben zwar den Motor und vieles andere schon eingewintert, aber das Frischwassersystem und der Wassermacher sind noch betriebsbereit. Das Wasser auf dem Steg ist natürlich abgestellt und ohne Wassermacher müssten wir uns Frischwasser mit einem kleinen Kanister aus den Sanitärräumen holen. In der Karibik haben wir dieses Jahr Janice und Andy von der Destiny getroffen, die absoluten Profis der nördlichen Breiten. Und die beiden haben uns zu unserem Erstaunen erzählt, dass ein Wassermacher gerade auch in den hohen Breiten ein absolutes Muss ist. Nun sind wir zwar nicht in den hohen Breiten, aber der Winter hat uns auch hier eingeholt und nun wissen wir, warum ein Wassermacher im Winter so unentbehrlich sein kann.

„Die Eider dampft.“

„Die Eider dampft.“

Die Dieselheizung läuft und läuft. Allein dieses Jahr schon mehr als 400 h. Sie produziert im Heckbereich recht viel »Umgebungswärme« und der Schalldämpfer für die Heizung liegt im Motorraum. Effektiv ist so ein verschwenderisches System nicht, aber so wärmt es das Heck und den Motorraum wenigstens auch noch etwas. Innen kommen wir mit der Dieselheizung nun wieder auf etwas über 10°. Das ist gut, denn den gestrigen Tag haben wir mit der blöden Plane verplempert und die Wärmedrähte liegen noch nicht am Wassermacher.

„Das Wasser geliert aber schon in den geschützten Ecken.“

„Das Wasser geliert aber schon in den geschützten Ecken.“


Bei -7° ist es nun auch dem Butan von den Kanaren zu kalt. Es mag nicht mehr aus der Flasche kommen. Vorsorglich haben wir uns von Zuhause die Propangasflasche von unserem Gasgrill mitgebracht. Das Propan ist bei – 7° noch munter und so gibt es einen heißen Kaffee. Elektrisch könnten wir uns natürlich auch einen Kaffee kochen, aber wer will bei diesem Frost schon die Heizung ausmachen. 10 A Landstrom sind eben nicht wirklich üppig. Die Kälte ist wirklich hart und vieles geht einfach nicht mehr, wenn es richtig friert.

„Winterlandschaften im Hafen I“

„Winterlandschaften im Hafen I“

Mit Sorge sehen wir, dass das Wasser der Eider in der Nacht begonnen hat zu überfrieren. Das ist jetzt zwar noch nicht schlimm, denn das Wasser ist noch zu warm, um wirklich durchzufrieren, aber wenn es jetzt schon überfriert, dann wird es mit der nächsten Dauerfrostperiode durchfrieren. Also müssen wir uns wirklich noch um eine Tauchpumpe kümmern. Der Verein hat zwar auch welche, aber nachdem die Jambo gesunken ist, hatten wir eh schon beschlossen, uns zwei Tauchpumpen zu kaufen. Dann können wir es auch gleich machen und eine gleich mal dazu nutzen, den Rumpf der PINCOYA eisfrei zu halten. Es bleibt noch einiges zu tun, dabei hatten wir auf einen milden Winter gesetzt. Wir sollten über unsere nächste Jahresplanung noch einmal nachdenken …

„Winterlandschaften im Hafen II“

„Winterlandschaften im Hafen II“

„Da liegt sie nun, etwas verfroren, unsere dicke Erna.“

„Da liegt sie nun, etwas verfroren, unsere dicke Erna.“


Am Donnerstag isolieren wir noch das mittlere Warmluftrohr der Heizung. Es ist schon schön, wenn etwas mehr warme Heizungsluft zu uns kommt und nicht ein Großteil der Wärme schon auf halbem Weg am Rumpf verpufft. Auch die Heizdrähte bringen wir am Wassermacher an. So sollte der auch bei strengem Frost nicht einfrieren. Auf dem Steg läuft währenddessen unser Stromzähler munter weiter. Das wird ein teurer Winter.

Nach und nach wird alles so fertig und winterfest, wie es nun sein kann. Am Freitag schneit es schon wieder und wir sind inzwischen durchgefroren genug. Es reicht nun auch erst einmal, wir wollen nur noch zurück in unser warmes Zuhause …